- Die Opfer werden zu Zeugen der Öko-Ideologen
Das Wasser der zweiten Jahrtausendflut dieses Jahrhunderts steht noch in den Häusern und jenseits der Deiche und Dämme, da werden die Flutopfer schon vor den Karren der Öko-Ideologie gespannt
Sie kommt so sicher wie das Amen in der Kirche, die Moral von der Geschicht‘: „Der Mensch ist so unschuldig nicht!“ Und ebenso, wie jedes christliche Gebet mit der Akklamationsformel endet, wird fast automatisch, ganz gleich, welche Katastrophe wo und warum geschieht, die Frage nach der Schuld und der Lehre, die wir daraus ziehen sollen, gestellt. Und diese Frage ist weiß Gott keine ergebnisoffene: Man hilft zwar den Betroffenen, je näher sie uns sind desto mehr, aber maximal mit neun Fingern. Der erhobene Zeigefinger, der darauf hinweist, dass wir eigentlich selbst schuld sind an dem, was uns widerfährt, wird geschont. [gallery:20 Gründe, warum Ökobürger nerven!]
Während die Menschen in den betroffenen Regionen die Ärmel hochkrempeln, bleiben die öffentlichen Reaktionen stereotyp: Politiker führen ihre Gummistiefel aus und versprechen vor Ort schnelle und unbürokratische Hilfe, um sich möglichst am eigenen Schopf aus dem Sumpf schwankender Umfragewerte herauszuziehen. Währenddessen überfluten „Experten“ die Talkshows und Sondersendungen, um uns zu erklären, dass wir das alles hätten kommen sehen müssen und uns daher eigentlich weder wundern noch beschweren dürften.
So bitter es angesichts der Zerstörungen und der damit verbundenen menschlichen Schicksalsschläge auch ist: Die mediale Aufbereitung der Hochwasserkatastrophe hat etwas Abstumpfendes. Abstumpfend, weil diejenigen, die Emotionen zeigen, sich zumeist nur über die angebliche Lernunfähig- oder -unwilligkeit der Menschen ereifern. Wer hier einfach nur mitfühlt, macht sich der Verdrängung der eigenen Mitschuld schuldig. Und was für Hochwasser richtig ist, gilt auch für andere Katastrophen: Sie werden „vermenschlicht“, denn, so die bestechende Logik, der kontrollwütige und nach Allmacht strebende Homo Sapiens habe seinen Einfluss über den Globus so weit ausgedehnt, dass von „Naturkatastrophen“ eigentlich nicht mehr die Rede sein könne. Das trifft für Fluten ebenso zu wie für Dürren, Erdrutsche, Lawinenabgänge, Wirbelstürme, Waldbrände und Epidemien.
Und sogar für Fälle, in denen es selbst für die perfidesten Menschheitsankläger schwierig wird, menschliches Versagen und Fehlverhalten als unmittelbar ursächlich anzuprangern, gibt es Ausweichargumentationen: Entweder ist es das menschliche Verhalten, das einen natürlichen Vorgang erst zur Katastrophe macht – wie beispielsweise das Siedeln in den Bergen, an Küsten und Flüssen, oder aber die weltweite Vernetzung von Mensch und Produktion, die zu einer Krisenglobalisierung führt. Oder aber es ist schlicht die in die Enge getriebene „Mutter Natur“ – die in unserer modernen Vorstellung das Erbe des strafenden Gottes angetreten hat –, die sich mittels Erdbeben oder Vulkanausbrüchen gegen die Arroganz der menschlichen Kultur zur Wehr setzt.[gallery:20 Gründe, warum Ökobürger nerven!]
Die Vermenschlichung von Naturkatastrophen hat zur Folge, dass es keine wirklichen menschlichen „Opfer“ mehr gibt. Wir alle sind Teil der Täter-Spezies, manche vielleicht unbewusst und ungewollt, aber deswegen noch lange nicht unbeteiligt oder unschuldig. Daher ist es auch nicht mehr wirklich wichtig, die tatsächlichen Ereignisse und Ursachen von Katastrophen wirklich präzise darzustellen oder diese gar zu diskutieren, weiß man doch eigentlich, wo alles herrührt. Da kann es dann auch schon einmal passieren, dass man „schludrig“ formuliert. So „passierte“ es auch der Grünen-Politikerin Claudia Roth, die anlässlich des zweiten Jahrestages des Tsunamis vom 11. März 2011 in ihrem inzwischen legendären Facebook-Eintrag den 16.000 Toten der Atom-Katastrophe von Fukushima gedachte und kurzerhand außer Acht ließ, dass die Menschen eben nicht einem menschgemachten Unfall, sondern den Flutwellen zum Opfer fielen. Wäre man gehässig, könnte man dies als erfolgreiche Integration von Toten in die eigene Ideologie bezeichnen.
Eine weitere Konsequenz der Aufsummierung von Naturkatastrophen, Unfällen und gesellschaftlich-politischen Extremereignissen unter dem Überbegriff der menschlichen Katastrophe ist, dass sich im Denken der Eindruck festsetzt, die selbst verursachte Krise unseres Planeten verschärfe sich beinahe stündlich, ohne dass sich diese Entwicklung aufhalten ließe. Für Hoffnung ist kein Platz, denn im Gegensatz zur christlichen Religion verfügt die moderne misanthropische Untergangsreligion über keine Instanz, die dazu bereit ist, Sünden zu verzeihen. Hier wird wissenschaftlich, unbestechlich und bis auf die dritte Stelle hinter dem Komma abgerechnet. Und wer diese Rechnung oder gar ihre wissenschaftlichen Grundannahmen in Zweifel zieht, gilt bestenfalls als naiv, schlimmstenfalls als Ketzer.
Wenn die Abkehr von der ökologisch verpackten Kollektivschuldthese als Ketzerei gilt, bekenne ich mich schuldig im Sinne der Anklage. Und das mit Stolz. Wehrt Euch gegen die doppelte Flut! Macht mit – den Menschen zuliebe!
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