- Der Taktiker Gabriel und die Absage an Rot-Rot-Grün
Gabriel schließt eine von der Linkspartei tolerierte rot-grüne Bundesregierung kategorisch aus. Damit hat er die Wahrscheinlichkeit weiter minimiert, dass Peer Steinbrück Kanzler wird. Das hat er bewusst getan
Sigmar Gabriel will keine rot-grüne Bundesregierung, die von der Linken toleriert würde. Er hat sich keineswegs schwer getan mit dieser Absage, nicht laviert und geschwallt, sondern klipp und klar gemacht: „absolut ausgeschlossen“. Das klingt leicht dahin gesagt. Doch es ist ein Gebot in Stein. Mit Gabriel als SPD-Vorsitzendem wird es diese Konstellation nicht geben können. Gabriel hat damit die Wahrscheinlichkeit weiter minimiert, dass Peer Steinbrück Kanzler wird. Das hat er bewusst getan.
Nun könnte man meinen, dass der rechte SPD-Mann Steinbrück noch weniger mit der Linken am Hut habe als Gabriel. Dass doch ausgerechnet er, der als Finanzfachmann weiß, wie unbezahlbar spinnerte Linken-Ideen sind, niemals zur gemeinsamen Sache mit denen bereit wäre. Aber als Trittleiter ins Kanzleramt hätte er sie dennoch fast ungeniert benutzen können. Nun hat Gabriel sie ihm außer Reichweite geschoben, schön weit weg.
Besonders kühn ist Gabriels Verhalten, weil er sich derzeit selbst auf die Linke stützt. Denn er braucht sie zum Machtbeweis der SPD im Bundesrat – damit er sichtbar ist als wahrer Opponent von Kanzlerin Merkel. Denn Rot-Grün allein hat keine Gestaltungsmehrheit im Bundesrat. Nur mit der Linken kann Gabriel dort gestalten lassen – und zwar nur dort. Erstmals wird er das nun Anfang März ausprobieren beim Mindestlohn.
Die rot-grün regierten Bundesländer und das rot-rote Brandenburg werden als Gesetz einbringen, dass flächendeckend in Deutschland niemand weniger als 8,50 Euro die Stunde verdient. Diese Initiative wird nur bis zum Bundestag reichen, wo sie dann an der schwarz-gelben Mehrheit scheitert. Aber immerhin kann Gabriel zeigen: Wir tun was. Und dafür taugt doch die Hilfe der Linken allemal.
So jedenfalls argumentiert Gabriel. Die Linke im Osten, das seien „pragmatische Kräfte“, mit denen die SPD durchaus zusammenarbeiten könne. Die Linke im Westen hingegen, das seien weitgehend „Sektierer und SPD-Hasser“, falsche Genossen also, auf die kein Verlass sei. Weil nun die Partei „Die Linke“ faktisch aus diesen zwei Parteien bestehe, dürfe die SPD sich nicht von einem zur Hälfte unberechenbaren Verein unterstützen lassen.
Das klingt stringent; ist es aber keineswegs. Denn von wem ließ sich die SPD in Nordrhein-Westfalen tolerieren? Von Linken, und zwar jenen ganz tief im Westen, also Gabriels Synonym nach von Sektierern und SPD-Hassern. Hannelore Kraft hat das nicht gestört. Sie wurde mit Hilfe dieser Linken Ministerpräsidentin. Zwei Jahre ließ sie sich wie Rot-Grün im Düsseldorfer Landtag tolerieren, um dann – inzwischen bekannt und geschätzt – bei einer Neuwahl endlich eine reine rot-grüne Mehrheit zu erlangen.
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Gabriel sagt, er wolle „keine Experimente“. Aber war das keines im bevölkerungsreichsten Bundesland? Und ging es nicht bestens aus für Frau Kraft und die SPD? Warum also schließt Gabriel dieses Modell dann für den Bund so kategorisch aus? Weil er eben nicht einen Wackelkanzler Steinbrück will, der dann wie Kraft nach Neuwahlen noch fester im Sattel säße und so wohlmöglich mehr als vier Jahre das Land regiert?
Wahrscheinlich denkt Gabriel gar nicht so kompliziert strategisch. Zwar ist er kein Steinbrück-Fan, hält diesen für aufbrausend und nur sehr bedingt beratbar. Aber seine Linke-Absage hat vor allem taktische Gründe. Gabriel ahnt natürlich, dass die Union längst eine Kampagne erwägt, in der sie vor Rot-Rot-Grün warnt. Rote Socken 3.0 sozusagen. Das wird nun nicht mehr leicht zu stemmen sein.
Gabriel wittert zudem eine zusätzliche Kampagne der FDP. Die nämlich will vor allem vor einer großen Koalition warnen. Vor einem Bündnis, das Köpfe kosten würde: den Steinbrücks und – so planen es Liberale zu sagen – den Merkels. Niemals werde sich die SPD von dieser Frau abermals klein machen lassen. Soll also heißen: Nur wer FDP wählt, wird Merkel weiter als Kanzlerin haben.
Gabriel baut auch dem vor: Auf die Frage, warum Steinbrück in Umfragen zunehmend unbeliebt abschneidet im Vergleich zu Merkel antwortet Gabriel kess: Weil Merkel zu Recht beliebt sei. Auch er finde sie sympathisch – ungelogen. Soll heißen: Mit der könnten wir abermals zusammen arbeiten. Steinbrück hat das bereits ausgeschlossen für sich. Wer bliebe dann als wichtigster Mann der SPD an ihrer Seite? Richtig, der Vorsitzende.
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