- Die Rache der Babyelefanten
Sie streiten nun ganz offen: CDU und CSU sind uneins in der Mautfrage. Die größte CDU-Landesgruppe im Bundestag attackiert das Maut-Konzept von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Ein Stellvertreterkrieg, der Bundeskanzlerin Angela Merkel gerade recht kommt
Freundlich hat er gelächelt. Als Armin Laschet sich im WDR-Fernsehen gegen die Pkw-Maut aussprach, wirkte er, als führe da jemand liebe, alte Freunde aus Bayern durch die Aachener Innenstadt. Aber während die Mine des Chefs der nordrhein-westfälischen CDU dieser Tage liebenswürdig aussieht, sind seine Vokabeln kalt und hart. „Eintrittsgeld für Deutschland“, „neue Grenzen“, „Total-Maut“.
Mutprobe Maut
Laschet fährt einen Angriff gegen die CSU. Es geht nicht nur gegen die unsinnige Mautidee, an der Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt so eifrig bastelt. Es geht um die Hackordnung in der Union. Die Maut ist zur Machtfrage geworden.
Bisher ist es mit Armin Laschet so: Als Chef des größten Landesverbandes der CDU unterschätzt ihn niemand. Es wurde registriert, dass sein Kollege Karl-Josef Laumann von Düsseldorf nach Berlin gegangen ist, wo er sich seither als Staatssekretär um die Pflegeversicherung kümmert. So wurde der Posten des Düsseldorfer Landtagsfraktionschefs für Laschet frei. Landesparteichef, Landtagsfraktionschef, einer der CDU-Bundesvizes ist er ja auch noch. Aber zur Parteimacht fehlt ihm die Regierungsmacht. Ihm fehlt das Gewicht, über das gestandene Ministerpräsidenten wie Volker Bouffier aus Hessen oder gar Horst Seehofer aus Bayern verfügen. Verglichen mit ihnen wirkte Laschet bisher eher wie ein Babyelefant.
Dass Horst Seehofer das so sieht, konnte man beobachten, als er Thomas Strobl einmal als „Loser“ verspottete, von dem er sich nichts hat sagen lassen. Strobl ist ebenfalls Bundesvize und führt mit Baden-Württemberg ebenfalls einen zahlenmäßig starken Landesverband. Wie Laschet: Ein Babyelefant.
Maut als Profilierungschance
Abseits der großen Bühne durften sich die Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberger darüber ärgern, dass die CSU als Koalitionspartnerin in Berlin agiert. Dass Seehofer bei Sechs-Augen-Gesprächen mit Angela Merkel und Sigmar Gabriel reden darf. Dass sie in den Ministerpräsidentenrunden nicht dabei sein dürfen. Zum Vergleich: Während die CSU-Landesgruppe 56 Abgeordnete im Bundestag hat, kommen die Nordrhein-Westfalen auf 63 Parlamentarier, die Baden-Württemberger immerhin noch auf 43. Aber die CSU wird stets besser bedient.
Die Maut bietet für Laschet wie auch für Strobl eine gute Gelegenheit, sich gegen Seehofer zu profilieren. Zu Hause haben sie aufgebrachte Bürger hinter sich, die um das Geschäft im Grenzland fürchten, denn nicht nur die Autobahnen sollen mautpflichtig sein, sondern auch die anderen Straßen. Davon war aber bei den Koalitionsverhandlungen nicht die Rede – worauf sich Laschet nun berufen kann.
Merkels Stellvertreterkrieg
Die Position verbessert sich noch dadurch, dass Angela Merkel die Maut eigentlich gar nicht haben wollte. Sie ist ein reines Zugeständnis an die CSU. Wäre Merkel der Angriff auf Seehofer nicht recht, hätte sie die Aktion spätestens über ihren Vertrauten Peter Hintze, Chef der NRW-Landesgruppe, unterbunden. Am Mittwoch hat sie die Parlamentarier aus dem Westen zwar um Mäßigung gebeten. Aber ein Verbot war das auch nicht.
Beim Cicero-Foyergespräch am Mittwochabend sagte sie auf die Maut angesprochen trocken: „Sie ist Teil des Koalitionsvertrags.“ Dort ist festgehalten, dass sie die deutschen Autofahrer nicht mehr kosten darf und dass sie sich mit EU-Recht vertragen muss. Von einer Maut auf Landstraßen, wie die CSU das nun möchte, ist dort nicht die Rede. Darauf berufen sich Laschet und Strobl. Aber wenn die Landstraßen mautfrei bleiben, dann wird es deutsche Autofahrer geben, die die Vignette gar nicht kaufen. Trotzdem würden sie aber bei der Kfz-Steuer entlastet. Oder doch nicht? Was wird dann aus dem Plan, mehr Geld für die Straßen einzunehmen? Werden dann alle noch gleich behandelt?
Seehofer in der Mautfalle
Die Pkw-Mautpläne werden mehr und mehr zu einem Gestrüpp, aus dem die CSU nicht mehr herausfindet. Der Fall zeigt Seehofer, dass ein guter Wahlkampfkracher nicht zwingend zum schlüssigen Projekt werden muss. Und schon gar nicht zu einem Gesetz. Aber auch, wenn der CSU-Chef jetzt angekündigt hat, die Kritik prüfen zu wollen, wird er kämpfen. Er hat viel zu verlieren, machtpolitisch.
Wenn Laschet und Strobl klein beigeben müssen, bleiben sie Babyelefanten. Setzen sie sich durch, dürfen sie künftig bei den Erwachsenen mitstampfen. Horst Seehofer dagegen würde es schwer haben. Seine Feinde in der CSU werden lauter aufmucken als bisher. Sie werden fragen, wann er sich denn auf den Weg macht. Zum Elefantenfriedhof.
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