- Trotzen wir der Krise. Mit prallen Tafeln und vollen Gläsern
Unser Genusskolumnist beginnt allmählich, sein Weihnachtsmenü zu planen. Und plädiert gerade in dieser betrüblichen Vorweihnachtszeit für ein bewusstes Bekenntnis zum Genuss.
Wohl niemand hat sich vor einem Jahr vorstellen können, dass die Vorweihnachtszeit 2021 ähnlich bedrückend verlaufen wird wie 2020. Noch vor wenigen Monaten glaubten die meisten Menschen, dass die Corona-Pandemie weitgehend überwunden ist. Geschlossene Weihnachtsmärkte und strikte Kontaktbeschränkungen verblassten allmählich zu einem bösen Spuk der Vergangenheit. Gastronomen und Veranstalter atmeten auf und gewöhnten sich zusammen mit ihrem Publikum allmählich an die verbliebenen Restriktionen und Sicherheitsvorkehrungen. Rigide Kontaktbeschränkungen oder Schließungen, Geisterspiele in der Bundesliga und Lockdown für den Amateursport – alles schien nunmehr undenkbar.
Doch jetzt hat uns das Virus wieder voll im Griff. Diese Kolumne ist aber nicht der richtige Platz, um über dafür ursächliche Fehler und Versäumnisse zu reden. Es ist, wie es ist, und wir müssen damit umgehen – und dürfen trotz alledem nicht die Freude am Genuss verlieren. Denn dann sind wir verloren.
Ernährungssoziologe mahnt „krisenfeste Genusskultur“ an
Man muss kein Christ sein, um die Adventsbotschaft irgendwie zu verstehen und zu spüren. Etwa beim Anhören der wohl schönsten Adventskantate der Musikgeschichte. Doch auch die schönste mediale Ergänzung – bis hin zu virtuellen Weihnachtsfeiern – kann das mehrdimensionale Erlebnis eines festlichen Beisammenseins nicht ersetzen, meint der Ernährungssoziologe Daniel Kofahl. „Es erfordert ein körperliches Zusammenkommen, eine körperlich-sinnliche Stimmung, sei es der Menschen, die man liebt, oder der Plätzchen, die auf dem Tisch liegen und einen speziellen Duft ausströmen“. Feiern und Festlichkeiten seien eben „kein Businessmeeting und kein Wissenschaftsseminar, bei denen es in der Tat gut verkraftbar ist, wenn man dafür nicht aus dem Haus muss und sich vorwiegend intellektuell austauscht“. Klar müsse man „die Genusskultur weiterentwickeln, auch krisenfest machen. Genuss ist eben Notwehr, gerade auch in schweren Zeiten. Nur ist eben die schönste Krise weiterhin stets die, die man überwunden hat. Das sollte Ziel bleiben“, so Kofahls Adventsbotschaft.
Sich was gönnen – gerade jetzt
Wir wissen noch nicht, welche weiteren Restriktionen in den kommenden Wochen noch verordnet werden. Aber irgendwelche Formen von Festlichkeit wird es geben, möglicherweise als kleine, limitierte Momente. Und es gibt auch gute Nachrichten. Denn zumindest bei Lebensmitteln sind – anders als bei bestimmten Geschenken – keinerlei Versorgungsengpässe zu befürchten. Das haben wir gelernt, und die als „Hamsterkäufe“ bezeichneten Bevorratungsexzesse der ersten Corona-Welle wird es wohl nicht mehr geben.
Man kann und sollte jetzt über ein festliches Weihnachtsessen nachdenken. Und sich dabei Zeit und Muße gönnen. Wer eine frische Gans oder einen Rehrücken möchte, sollte das jetzt bestellen und sich ansonsten bei kleinen Streifzügen über Märkte und durch gut sortierte Feinkostabteilungen und -geschäfte inspirieren lassen. Wer‘s mag, sollte sich ein paar Flaschen angemessen guten Wein besorgen, für sich und seine Gäste. Es sollen besondere Momente werden, in einer besonderen Zeit. Auch für Agnostiker im übertragenen Sinne der frohen Adventsbotschaft.
Ein Rezept gibt es heute nicht. Ich beginne erst, ein Weihnachtsmenü zu planen, mit Vorspeise, Suppe, Hauptgericht und Nachspeise und passenden Weinen. Das wird dann in den kommenden Kolumnen skizziert. In diesem Sinne: Eine frohe und genussvolle Adventszeit!
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