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Pensionen - Warum Beamte ihre Privilegien verteidigen

Der Aufstand der Beamten gegen Peer Steinbrück ist unberechtigt - Pensionen sind deutlich privilegiert. Und das wird auch so bleiben. Warum eigentlich?

Autoreninfo

Wolfgang Bok war Chefredakteur und Ressortleiter in Stuttgart und Heilbronn sowie Direktor bei der Berliner Agentur Scholz & Friends. Der promovierte Politologe lehrt an der Hochschule Heilbronn Strategische Kommunikation.

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Vater Staat ist ein fürsorglicher Dienstherr. Aber ein lausiger Vermarkter seiner selbst. Jede kleine Klitsche stilisiert den kostenlosen Kaffee zum Motivationsprogramm. Doch Bund, Länder und Gemeinden jammern nur über die Kosten ihres Personals. Dies führt bei nicht wenigen der knapp 1,7 Millionen aktiven Beamten und 1,1 Millionen Pensionären zu einer Verzerrung der Wirklichkeit: Sie idealisieren die Arbeits- und Einkommensverhältnisse „draußen“ in der freien Wirtschaft – und  schätzen die Vorzüge des Staatsdienstes gering.

Deutlich wird dies bei der Krankenversorgung: Während gesetzlich Versicherte erst wochenlang auf einen Termin beim Arzt warten, dann um jede Verordnung betteln und schließlich immer mehr davon auch noch selbst bezahlen müssen, werden Beamte und Pensionäre von Medizinern gehätschelt. Für einen relativ geringen Eigenbeitrag genießen sie alle Privilegien des Privatpatienten: Sofortige Chefarztbehandlung mit allem Schnickschnack.

Doch anstatt dankbar dafür zu sein, lamentieren Beamte darüber, dass sie mitunter „wochenlang“ auf die Erstattung ihrer hohen Privatrechnungen warten müssen. Soldaten und aktive Polizisten bekommen den vollen Krankenversicherungsschutz ganz ohne Eigenbeitrag.

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Wenn es um ihre Vorteile geht, machen sich die unkündbaren Staatsbediensteten gerne ganz klein. Dann sind sie plötzlich alle nur noch „kleine Beamte“. Doch das ist längst Vergangenheit. Heute (Stand 2010) gehören nur noch 3,1 Prozent von ihnen dem einfachen Dienst an. 69,2 Prozent werden nach den Stufen des gehobenen oder gar höheren Dienstes besoldet.

Standard ist nicht der darbende Bürobote, sondern die nach A 13 bezahlte Lehrerin mit knapp 4000 Euro Gehalt und einem Pensionsanspruch von rund 3000 Euro. Das ist einer der Gründe, warum die Schere zwischen Sozialrentnern und Pensionären immer weiter auseinander driftet – was SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück jetzt zu Recht als „sozial ungerecht“ beklagt hat.

 

Auch Angela Merkel sollte den Alterssicherungsbericht ihrer Bundesregierung kennen. Der kommt für das Jahr 2012 zu dem Ergebnis: Pensionäre sind im Schnitt dreimal so gut versorgt wie Rentner. Denn ihre Bezüge richten sich nach dem letzten, und damit höchsten Einkommen. Die Renten werden hingegen nach einem fiktiven Durchschnittseinkommen aller Beschäftigten bemessen.

Die wachsende Zahl der Niedriglöhner drückt dieses Niveau zusätzlich, das durch mehrere „Rentenreformen“ ohnehin Richtung Einheitsrente gedrückt wird. Selbst Besserverdiener kommen nach 45 Arbeitsjahren, in denen sie Höchstbeiträge bezahlt haben, netto nur selten über 2000 Euro. Das ist beim Staat bereits die Mindestpension. Nur jeder dritte Sozialrentner darf auf eine ergänzende Betriebsrente hoffen, die übrigens ebenso mit Abgaben belastet werden wie die schwindsüchtigen Ausschüttungen aus Versorgungswerken.

Beamte profitiert hingegen zusätzlich vom System der Beihilfe: Diese übernimmt auch die Kosten im Pflegefall, wofür beim gewöhnlichen Rest schnell Haus und Ersparnisse aufgezehrt werden.

Das alles summiert sich zu einer gewaltigen Kostenlawine, die langfristig in Billionen zu rechnen ist und jeden Haushalt sprengt. Jeder verantwortungsvolle Politiker weiß das. Auch die Kanzlerin. Und doch werden die Pensionen nicht einmal von den Lohnsteigerungen der aktiven Staatsbediensteten entkoppelt, wie das vielfach gefordert wird und mit dem „Alimentationsprinzip“ durchaus vereinbar wäre. Warum eigentlich?

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Ganz einfach: Es sind Ministerialbeamte, die politische Absichtserklärungen durch das Mahlwerk der Gesetzgebung drehen. Sie achten darauf, dass Einsparungen bei den Alterssicherungssystemen letztlich doch nicht „wirkungsgleich übertragen“ werden, wie aktuell an der (Nicht-)Erhöhung des Renteneintrittsalters zu sehen ist. Politiker wiederum wollen es mit ihren Zuarbeitern nicht verderben. Schließlich orientieren sie sich selbst am System der Beamtenversorgung. Abgeordnete möchten gerne wie Richter am Bundesgerichtshof dotiert werden, die wiederum zu den bestbezahlten Beamten gehören.

Bundes- und Landesminister sowie Bürgermeister entscheiden über die jährliche Anpassung der Dienstbezüge, von denen sie selbst profitieren. Jedes zusätzliche Lohnprozent steigert lebenslang auch ihr Einkommen. Der Bund der Steuerzahler sitzt nicht mit am Verhandlungstisch.

Auch sind die Nutznießer des „Versorgungssystems Staat“ weit größer, als die nackten Zahlen glauben machen: Neben den Arbeitern und Angestellten bei Bund, Ländern und Gemeinden orientieren sich alle halbstaatlichen Organisationen an diesem Vergütungssystem. Das reicht von den  Krankenkassen bis zu den Wirtschaftsverbänden wie IHK oder Handwerkskammern.

Auch ARD und ZDF richten sich am Beamtensystem aus, weshalb die von Zwangsgebühren gemästeten Sender selten Kritisches über den öffentlichen Dienst berichten. Der mächtige Rundfunkrat des SWR wird beispielsweise vom Vorsitzenden des baden-württembergischen Beamtenbundes geleitet.

Entscheidend ist aber, dass sich durch das System der lebenslangen Alimentation die wahren Kosten verschleiern lassen. Für die Pensionsansprüche des heute eingestellten Lehrers müssen weder Beiträge bezahlt noch Rückstellungen gebildet werden. Die Rechnung wird an die Steuerzahler von morgen weitergereicht.

Je nach Verzinsung und Inflationsrate müssten die Lehrerin und das jeweilige Bundesland beinahe das gesamte Gehalt zusätzlich aufwenden, um später viele Jahre lang 3000 Euro Monatspension zu beziehen. Oder anders ausgedrückt: Um eine Sofortrente von 3000 Euro zu erhalten, müsste die Beamtin bei der Bank heute nahezu 900 000 Euro einbezahlen. Das bedeutet: Viele Beamte sind Versorgungsmillionäre. Das persönliche Vermögen, das sie laut Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zu den „wahren Reichen“ in Deutschland macht, ist hier nicht einmal mitgerechnet.

Doch diese Leistungen nehmen die meisten Beamten nicht wahr. Wohl aber sehen sie sich durch vage Kürzungsabsichten wie die des SPD-Kanzlerkandidaten in ihrem Urteil bestätigt, vom Dienstherrn schlecht behandelt zu werden. Dabei sind viele „Opfer“, über die sie klagen, nur eingebildet, weil nie umgesetzt. Es ist ein Phantomschmerz der die Unkündbaren quält. Daran wird sich auch nach der Wahl nichts ändern. Als unlängst entsprechende Überlegungen in Baden-Württemberg kurz diskutiert wurden, war SPD-Finanzminister Nils Schmid der Erste, der die Beamtenbezüge für unantastbar erklärte.

Auch jetzt sind namhafte Sozialdemokraten sehr bemüht, die Worte ihres Kandidaten zu relativieren. Sie wissen nur zu gut: Es lohnt sich nicht, sich mit der deutschen Kaste der lebenslang Abgesicherten anzulegen. Auch deshalb, weil damit bei den 95 Prozent, die das alles bezahlen müssen, keine Stimme zu holen ist.

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Brigitte Jägers | Sa., 24. März 2018 - 10:49

In der Tat hört und sieht man nie etwas über diese Missstände! Es wäre doch an der Zeit, dass sozial eingestellte Politiker/innen dieses heiße Eisen beherzt anpacken. Ich werde mal an meine Lieblingspolitikern Frau Sarah Wagenknecht schreiben. Es gibt ansonstenleider wenige Politiker, die hier etwas ändern wollen. Ansonsten würde man dies ja in den Medien hören und sehen. Hinzu kommt noch, dass Politiker und andere höhere Beamte selbst bei groben Fehlern, die sie machen, keinerlei finanzielle Einbußen befürchten müssen. In der freien Wirtschaft würden Manager der gehobenen Führungsebene entlassen. (Ich meine hier nicht die unantastbaren Entscheider auf der Spitze der Hierarchien). Dies ist ein sehr guter Beitrag. Ich wünschte mir, dieses Thema würde immer wieder an die Öffentlichkeit geholt, damit auch die sog. kleine Leute informiert werden.