Gedenkfeier für die Opfer des Atombombenabwurfs vor 78 Jahren im Hiroshima-Friedensgedenkpark / picture alliance

Atomare Bewaffnung - Comeback der Höllenmaschine

Eine Folge eines erodierenden Glaubens an die Verlässlichkeit amerikanischer Schutzgarantien wird die zunehmende Aufrüstung vieler Länder mit Kernwaffen sein. Dass die Welt dadurch ein besserer Ort würde, darf bezweifelt werden.

Markus Karp

Autoreninfo

Markus Karp ist an der Technischen Hochschule Wildau Professor für Public Management und Staatssekretär a.D.

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Seit Atomwaffen existieren, träumen Menschen von ihrer Ächtung und ihrem letztlichen Verschwinden. Das beschränkt sich nicht auf machtferne Idealisten oder Kommunalpolitiker, die in einem alljährlichen Ritual als „Mayors for peace“ die Fahne für eine atomwaffenfreie Welt hissen. Der Wunsch wird sogar von jenen formuliert, deren militärisches Rückgrat die atomare Bewaffnung ist. Barack Obama, welcher als US-Präsident über das zweitgrößte und modernste Kernwaffenarsenal der Welt gebieten konnte, strebte zumindest rhetorisch das Ziel von „Global Zero“, einem Planeten ganz ohne diese schrecklichste aller Waffen, an. 

So befinden wir uns in einer paradoxen Situation: Eine Höllenmaschine, von welcher fast jeder politische Akteur beteuert, es solle sie am besten gar nicht geben, findet sich in immer mehr Arsenalen. In den letzten Jahrzehnten waren es vor allem die internationalen Parias, die nach Atomwaffen gestrebt haben: Irak, Iran, Libyen, Nordkorea, Syrien sind dafür Beispiele. 

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Urban Will | Mi., 14. August 2024 - 08:23

Glaube an oder die Hoffnung auf eine atomwaffenfreie Welt naiv sind. Die Büchse der Pandora wurde 1942 in Los Alamos geöffnet und sie wird nie wieder zu schließen sein.
Die Aussage, Demokratien würde nicht gegeneinander Krieg führen, ist unsinnig und lässt dezent hinten runter fallen, dass die älteste Demokratie der Welt, die USA, überall und gegen jeden einen Krieg beginnen, wenn ihre Interessen das fordern. Und in vielen Kriegen seit '45 beteiligt war.
Man muss angesichts der Realitäten feststellen: selbst wenn es so kommt und sich die halbe Welt atomar bewaffnet: über allem steht, was hier auch geschrieben wurde, selbst wer verliert, kann den anderen mit in den Untergang ziehen. Und so ist es wohl wahrscheinlicher, dass es zum ganz großen Patt kommen wird, dass auch atomare „Schurkenstaaten“ sich überlegen, ob sie den eigenen Untergang in Kauf nehmen.
Auch Diktatoren scheinen ihr Land zu lieben.

„Was ist mit Deutschland?“ Dieser kindsköpfige Laden muss erst mal laufen lernen.

Wieder ein absolut zutreffender und gradliniger Artikel. Danke Herr Will. Und die Frage, mit der Herr Karp seinen Artikel endet, was mit Deutschland wäre, möchte ich wie folgt beantworten. Deutschland wäre in der Hauptsache Kriegsgebiet. Wenn es heute wirklich zum Krieg käme und dann auch noch nukleare Waffen hier lagern und somit andere, vornehmlich Russland bedrohen, gegen welches Land würde man denn vorgehen? Natürlich gegen Deutschland. Und ja Herr Will, es ist naiv zu denken, nur weil sich ein Staat Demokratie nennt und zunächst scheinbar gemeinsame Interessen hat, das da der eine nicht den anderen angreifen würde. Wie heißt es immer so schön. Staaten haben keine Freunde, sondern nur Interessen. Und wenn sich den USA jemand in den Weg stellt, so wird er bestenfalls nur vom Schutzschirm verstoßen, im schlimmsten Fall zum Kriegsgebiet. Außer Bürgerkrieg und dem fragwürden 9/11 hat die USA noch nie einen Krieg fremder Staaten im eigenen Land erlebt. Das regeln die gerne woanders.

Deshalb mal ein kurzer Rückblick grüner Geschichte.
"Zu bundesweit organisierten Demonstrationen wie auf der Bonner Hofgartenwiese im Oktober 1981 kamen bis zu 400.000 Menschen. Getragen wurde der Protest vor allem von den Grünen sowie kirchlichen und gewerkschaftlichen Gruppen. Aber auch Teile der SPD unterstützten die Forderung der Demonstranten, den Nato-Doppelbeschluss zurückzunehmen und Mitteleuropa zu einer „atomwaffenfreien Zone“ zu machen."
Es ging damals für Grün sogar soweit aus der NATO auszutreten.
Heute haben sie die Meinung eines Franz Josef Strauß und der sagte rechts neben der CDU darf es keine rechtere Partei geben. 😉

Ingbert Jüdt | Mi., 14. August 2024 - 08:38

... zur Ukraine runterbetet. Die Ukraine wurde nicht »überfallen«, weil sie auf Nuklearwaffen verzichtet hat. Im Gegenteil: in der langen, west-getriebenen Eskalationsgeschichte seit 2014 dürfte Selenskyis Drohung mit der nuklearen Wiederbewaffnung auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2022 der letzte Tropfen gewesen sein, der das russische Fass zum Überlaufen brachte. Aber was soll Herr Karp tun, er will ja nicht gecancelt werden.

Man kann auch nicht vom »demokratischen Frieden« reden, ohne die Qualität westlicher Demokratien zu evaluieren, die seit spätestens 2020 im Begriff sind, in eine Oligarchenherrschaft umzukippen. Zudem ist die globale Hegemonie der USA tot, folglich kann es keine globalen amerikanischen Schutzversprechen mehr geben. Ganz abgesehen davon, dass sich die USA seit den außenpolitischen Doktrinen der Neocons in den 1990ern zu einem Teil des Problems entwickelt haben. Aber der Westen erträgt den Blick in die eigene Fratze nicht, die sich ihm hier im Spiegel zeigt.

Gerhard Lenz | Mi., 14. August 2024 - 08:50

Von der hat vielleicht mal ein Obama geträumt, als er naiv - so muss man es wohl nennen - von einer Welt ohne Atomwaffen sprach. Tatsächlich wird eine solche Welt immer unwahrscheinlicher. Selbst politsch instabile Staaten, wie Pakistan, oder unberechenbare Diktaturen, wie Nordkorea, verfügen mittlerweile über Atomsprengkörper; der Iran könnte trotz aller Verhandlungen demnächst gleichfalls atomar bewaffnet sein. Paradoxerweise galten Atomwaffen lange als Garant für den Frieden: Wer die Atombombe einsetzt, muss zwangsläufig mit einem atomaren Gegenschlag rechnen. Was wohl erklärt, dass ein Putin zwar ständig über den Einsatz der Bombe fabuliert, aber genau weiß, das dies im Gegenzug das Ende seines Russlands bedeuten würde.
Hinzu kommt der nationalistisch begründete Wahn, als Atommacht könne man im Kreis der Großen mitmischen. Das heruntergewirtschaftete GB, heute höchstens noch ein relativ bedeutungsloser Mittelstaat, geriert sich gerne -unberechtigt - als militärische Großmacht.

Reinhold Schramm | Mi., 14. August 2024 - 09:04

So hätten es die USA und seine Vasallen in der NATO, EU und Japan bis Korea gerne:
Russland verzichtet auf seine Rohstoffe und Bodenschätze und China auf seine ökonomische Expansion.

Und auch hier wie stets mit dabei, seit 1949 und 1989/90 seine deutschen Vasallen und Hilfswilligen in allen bürgerlichen Parteien und Gewerkschaften; vor allem in Wirtschafts- und Monopolverbänden, führenden Medienkonzernen und staatlichen GEZ-Massenmedien und Bildungseinrichtungen: Schulen, Hochschulen und Universitäten.

Gegebenenfalls kommen auch mit massiver Unterstützung der NATO-Hilfswilligen die Nuklearwaffen, biologischen chemischen Waffenarsenale zum Einsatz in Europa und Eurasien.
Noch bemühen sich die militärischen und ideologischen Wissenschaften um eine Begrenzung der Auswirkungen der Vernichtung auf Europa in der (vergeblichen) Hoffnung es kommt nicht doch noch zum alles vernichtenden Gegenschlag auf Westeuropa und Nordamerika.
{...}

Nachtrag, Teil II.

Reinhold Schramm | Mi., 14. August 2024 - 09:07

{...} Begrenzung der Auswirkungen der Vernichtung auf Europa in der (vergeblichen) Hoffnung es kommt nicht doch noch zum alles vernichtenden Gegenschlag auf Westeuropa und Nordamerika.

PS: Bei allem mit dabei, die bürgerlichen Parlamentsparteien, die vorgeblich regierende Politik und die manipulierte Mehrheit der deutschen Gesellschaft; einschließlich Finanz- und Monopolbourgeoisie, die Groß- und Hauptaktionäre wie Eigentümer der gesellschaftlichen Produktionsmittel.

Jochen Rollwagen | Mi., 14. August 2024 - 10:28

Während die russische Föderation mittlerweile offensichtlich und immer schneller kollabiert, nachdem die Ukraine im russischen Oblast Kursk den Bluff Putin's zerstört hat wird im Westen immer noch über "atomare Wiederbewaffnung" diskutiert.

Diese Leute sind nicht nur "behind the curve", diese Leute leben in irgendeinem seltsamen Parallel-Universum.

Deshalb werden sie auch von allem was jetzt kommt komplett überrascht sein.

Ingbert Jüdt | Mi., 14. August 2024 - 12:49

Antwort auf von Jochen Rollwagen

... klappern ein paar ukrainische Fernspähtrupps ein Rathaus nach dem anderen ab, um sich mit Flagge davor fotografieren zu lassen. Nicht schwer, wenn man nur ein paar russische Territorialmilizen gegen sich hat. Das verkaufen sie dann dem nach Selbstbetrug gierenden West-Publikum als »kontrolliertes Territorium«. Das ganze ist eine Propaganda-Show, der russische Reserven demnächst den Stecker ziehen werden.

Mit den »Parallelwelten« haben Sie ja recht. Aber Schrödingers Putin wird Ihnen nicht den Gefallen tun, nach »tot« zu kollabieren.

Gerhard Hellriegel | Mi., 14. August 2024 - 11:07

Dass die Sicherheit und Nicht-Erpressbarkeit Europas vom Stimmverhalten einiger zehntausend Amerikanern in den Swing-States abhängig sein soll, kann doch im Ernst niemand wollen. Also bleibt doch nur eine europäische Atommacht.
Die weltgrößten Terroristen heißen Russland und USA. Was kann schon eine Hamas im Vergleich mit denen?
Und Schutzgelderpressungen gehören dazu. Das kennen wir doch schon seit Ritterszeiten.
Dass Atommächte auch Habenichtse skrupellos atomar bedrohen, erleben wir doch gerade.

Jens Böhme | Mi., 14. August 2024 - 11:30

Europa war, ist und bleibt ein globales Pulverfass. Russland, als Atommacht, hat die Büchse der Pandora im Februar 2022 geöffnet, als es offiziell einen unabhängigen Staat annektieren wollte. Der Rattenschwanz wird folgen. Die Begehrlichkeiten anderer Staaten werden steigen und die eigenen sicherheitspolitischen Hemmnisse abnehmen. Die Sanktionen gegen Russland sind Firlefanz, zumal die meisten Staaten durch die Sanktionen weniger in Handel und Wirtschaft mit Russland sich eine goldene Nase verdienen.

Brigitte Simon | Mi., 14. August 2024 - 12:37

Wir führen bereits mit Rußland Krieg warnt uns und Rußland Deutschlands Außenministerin Baerbock bei ihrem Amtsantritt.

Das kriecherische und bald kriegerische Europa bleibt ein globales Pulverfaß. LeiderBöhme.liegen Sie richtig lieber Herr Böhme.

Walter Bühler | Mi., 14. August 2024 - 14:16

Einerseits ist zivile Nutzung der Nuklearenergie eine schröckliche, ja teuflische Angelegenheit, ABER andererseits sollen reale, zum Töten geschaffene Nuklearwaffen ins Land gehlt werden, um unser Kinder und Enkel vor dem Krieg zu sichern!

Ist das nicht in exemplarischer Weise eine dissoziative Identitätsstörung bei all diesen raktenbegeisterten queer-schwarz-rot-grün-gelben Parteifunktionären und Medienfritzen??

Ich jedenfalls kann eine solche Haltung einfach nicht begreifen!

Christoph Kuhlmann | Mi., 14. August 2024 - 14:25

Länder, die wöchentlich mit Nuklearschlägen bedroht werden, müssen irgendwann regieren. Schon Henry Kissinger sagte, ihr Europäer müsst verstehen, dass wir Amerikaner nicht für euch sterben wollen. Irgendeine glaubwürdige Zweitschlagskapazität braucht Europa, wenn es einen eigenen Kurs fahren will. Es muss nicht den ganze Planeten dutzendfach vernichten können, doch es muss den Raum, in dem 90% aller ethischen Russen leben glaubhaft bedrohen können. Schie0t due zuerst, stirbst du als zweiter, Das ist das Prinzip der Abschreckung. Es wirkt besser als Sky Shield.