Ein Screenshot vom Bekennervideo des mutmaßlichen Attentäters von Würzburg
Das Bild soll laut der IS-Nachrichtenseite Aamaq News Agency den Attentäter zeigen / picture alliance

Attentat in Würzburg - „Der Pop-Dschihad soll Jugendliche ansprechen“

Jugendliche wie der Axt-Attentäter von Würzburg sind besonders empfänglich für die Propaganda des IS, sagt Nils Böckler vom Institut für Psychologie und Bedrohungsmanagement in Darmstadt. Im Interview erklärt er, wie Selbstradikalisierung funktioniert und warum auch die besten Integrationsversuche manchmal vergebens sind

Mareike König

Autoreninfo

Mareike König hat Psychologie und VWL an der Universität Mannheim studiert. Sie ist freie Journalistin und beginnt im Herbst ihren Master in Politischer Psychologie an der Universität Belfast.

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Herr Böckler, der Terroranschlag in Würzburg wurde von einem mutmaßlich 17-jährigen Afghanen ausgeführt. Wie kann es sein, dass so junge Menschen solche Taten begehen? 
Wenn wir uns die IS-Propaganda generell anschauen, können wir feststellen, dass sie Menschen anspricht, die aus ihren Leben gerissen wurden und in ihren Deutungsmustern nicht gefestigt sind. Das ist im islamistischen und im rechtsextremistischen Bereich so. Die meisten Radikalisierungsprozesse finden im Alter zwischen 14 und 35 Jahren statt. Es ist die Zeit vom Eintritt in die Pubertät bis zum Erreichen einer gefestigten gesellschaftlichen Mitgliedsrolle.  

Pädagoge Nils Böckler
Nils Böckler

Warum sind Menschen in diesem Alter so empfänglich für Propaganda?
Jugendliche suchen sich Idole, sie versuchen jemandem nachzueifern. Und Ideologien sind leider sehr einfach aufgebaut: Sie geben ein klares Freund-Feind-Schema vor. Der eigenen Gruppe wird eine moralische Höherwertigkeit zugeschrieben. Das ist besonders reizvoll für Jugendliche, die sich in einer pluralisierten Norm- und Wertegemeinschaft verlieren. Das passiert automatisch, wenn man sich in der Adoleszenz von der Familie löst. Aber eben auch, wenn man sich plötzlich in einer anderen Kultur wiederfindet. Problematisch wird es, wenn man keine personalen oder sozialen Ressourcen hat, diese Konflikte zu bewältigen. Dazu bedient sich der IS bei der Propaganda einem gewissen Hollywood-Chic. Dieser Pop-Dschihad soll die Jugendlichen ansprechen. 

Junge Menschen mit Migrationshintergrund – auch noch in der zweiten und dritten Generation – haben eine zusätzliche Entwicklungsaufgabe: Sie haben einen ungewohnt klingenden Namen, vielleicht eine andere Hautfarbe und das macht sie, zumindest ihrem persönlichen Gefühl folgend, als Außenstehende erkennbar – völlig egal, ob sie in Deutschland geboren sind oder nicht. Sie haben häufig das Gefühl, nicht richtig dazuzugehören. 
    
Was hat dann konkret der Islam mit der Radikalisierung zu tun? 
Die Jugendlichen brauchen einen neuen Islam, der mit der westlichen Lebenswelt kompatibel ist. Und von harmlosen Webseiten über den Islam ist der Weg sehr kurz zu den Propaganda-Plattformen von Islamisten. Das latente Gefühl von „Fremdsein“ wird gezielt in der Propaganda vom IS und von Al Qaida angefacht und ist direkt auf die deutschen Verhältnisse zugeschnitten. Islamophobie, Mohammed-Karikaturen, das Verhalten der Bundesrepublik in internationalen Konflikten: All das wird in das Narrativ von Ausgrenzung und Fremdheit eingeflochten. „Schau, die Menschen in Deutschland wollen dich sowieso nicht haben. Guck dir an, wie sie gegen deine Brüder und Schwestern in Afghanistan vorgehen. Egal, was du tun wirst, sie werden dich nicht dazu gehören lassen. Hier ist unsere Hand: Komm zu uns.“ Emotionen werden gezielt dadurch angesprochen, dass zum Beispiel Bilder von Kindern gezeigt werden, die bei einem Bombenangriff ums Leben kamen.  

Bei der Radikalisierung sind viele kleine Einzelschritte entscheidend: Salafistische Prediger wie Pierre Vogel knüpfen an dieselbe Ideologie wie Dschihadisten an, wenn sie Menschen in Gläubige und Ungläubige, in Gut und Böse einteilen. Diese Differenzierung kann der erste Schritt in eine Richtung sein, in der es möglich wird, die fremde Gruppe, die Ungläubigen auszuschließen. Und dann ist der nächste Schritt – die moralische Rechtfertigung – Gewalt gegen diese Ungläubigen anzuwenden, gar nicht mehr so schwer. Bei vielen Fällen merken die Jugendlichen selbst gar nicht, dass sie langsam in dschihadistische Kreise abdriften. 
 
Momentan gehen die Behörden von einer „Selbstradikalisierung“ bei dem Attentäter von Würzburg aus? Was genau ist darunter zu verstehen? 
Die Selbstradikalisierung ist mit dem „Lone-Wolf“-Phänomen entstanden und ist eine sehr bewusste Strategie extremistischer Gruppen. Nach 9/11 und dem jahrelangen Kampf gegen den Terror war die Erkenntnis von Al Qaida und nahestehenden Verbünden: Wir brauchen Leute, die nicht direkt zu uns gehören, die sich aber mit der Ideologie identifizieren. Die sollen ihre Anschläge in den Ländern begehen, in denen sie aufwachsen, wo sie sich gut auskennen. Und sie sollen nicht auf Instruktionen warten. Sie sollen flexibel reagieren können und dann zuschlagen, wenn sie meinen, es sei der beste Zeitpunkt. Extremistische Gruppen sind nicht mehr Choreografen der Gewalt, sondern sie sind ideologische Zulieferer. 

Sowohl der Attentäter von Nizza als auch der aus Würzburg waren niemandem durch islamistische Verbindungen oder Überzeugungen aufgefallen. Wie schnell können sich Menschen radikalisieren? 
Islamistische Organisationen stellen heute Inhalte ins Netz, die wenige Minuten lang und auf sehr wenige Aussagen reduziert sind. Als Interessierter kann man da ein bisschen Schaufensterbummel betreiben, sich mal hier, mal da bedienen, ohne sich wirklich mit irgendwelchen komplexeren Zusammenhängen auseinandersetzen zu müssen. Als Al Qaida damals für Rekruten warb, waren die Videos gute anderthalb Stunden lang, monoton und ziemlich kompliziert. 

Wenn ohnehin schon suizidale oder narzisstische Tendenzen vorliegen, dann bedeutet Radikalisierung, hier nur noch die Ideologie draufzusetzen und dem Ganzen eine andere Konnotation zu geben. Das ist für extremistische Organisationen dann der einfachste und beste Weg. Das Phänomen des politisch motivierten Attentates, das eigentlich hoch strategisch war, hat sich immer mehr mit dem Phänomen des Amoklaufs vermischt: In Orlando, in San Bernardino, beim Attentat am Frankfurter Flughafen, in Nizza und jetzt in Würzburg. 
 
Kann es sein, dass das Umfeld gar nichts von einer Radikalisierung mitbekommt? 
In der Regel gibt es Hinweise auf eine Radikalisierung, das sieht man, wenn man sich mit Radikalisierungswegen beschäftigt. Meistens beginnt die Radikalisierung mit einem Problem, für das der Mensch keine Lösung findet. Das können politische Konflikte im Heimatland sein, die Angst vor der eigenen Bedeutungslosigkeit oder auch der Tod einer nahestehenden Person. 

Die Ideologie lenkt den Fokus auf das soziale Leid der Muslime. Und bietet dafür direkt eine Lösung an: den Dschihad. Tatsächlich ist ein Anzeichen für Radikalisierung auch die Abkehr von den „Ungläubigen“. Und eine sehr rigide, abwehrende Haltung gegen jeden verbalen Angriff auf die eigene Gruppe, also auf die eigene Identität. Wichtig ist aber auch hier, dass terroristischer Einzeltäter nicht gleich terroristischer Einzeltäter ist! Das hat man in Nizza und in Würzburg gesehen: In Nizza gab es ausführliche Vorbereitungen, Waffen wurden gekauft, Geld überwiesen. Es gab eine kriminelle und gewalttätige Vorgeschichte. In Würzburg kamen Gelegenheitswaffen zu Einsatz, es gab einen Abschiedsbrief und ein Bekennervideo. Und bei beiden wurde die Radikalisierung nicht bemerkt. 
 
Wenn Sie beide Fälle vergleichen – erst Nizza, dann Würzburg: Welche Rolle spielen Nachahmungseffekte bei der Radikalisierung?  
Untersuchungen zum Nachahmungseffekt gibt es bislang nur bei Amokläufern: Sie kommen zeitlich gehäuft vor und interessanterweise gleichen sich auch die Berufsgruppen der Amokläufer. Gerade bei Schulamokläufen kommt es sehr oft vor, dass sich die Jugendlichen intensiv mit ihren Vorgängern auseinandersetzen. Sie registrieren, wie die Medien und die Gesellschaft auf die Tat reagiert haben. Und sehr häufig versuchen sie, mit ihrer Tat noch eins draufzusetzen. Oder sie sehen den Amoklauf als eine Art Initiationsritus, um genau so zu werden wie das Vorbild.

Der Vorgänger liefert ein „kulturelles Skript“, an das sich der Nachahmer hält oder das er zu übertrumpfen versucht. Das Nachahmungsphänomen ist im Kalkül der terroristischen Gruppen angelegt: In Magazinen von Al Qaida zum Beispiel werden unter der Rubrik „Inspired by Inspire“ Anzeigen geschaltet, die Taten von Einzeltätern rühmen und zur Nachahmung aufrufen. 
 
Wie gefährlich sind junge männliche Flüchtlinge? Müssen wir jetzt Angst haben vor weiteren Attentätern? 
Es macht sicherlich keinen Sinn, darauf eine pauschale Antwort zu geben. Wir haben nach wie vor eine abstrakte Terrorgefahr. Es gibt Menschen, egal ob Flüchtling oder in Deutschland aufgewachsen, die sich entwurzelt fühlen, die bei den Sicherheitsbehörden noch nicht auffällig geworden sind und sich trotzdem selbst radikalisieren. Deshalb müssen wir präventiv ansetzen, bevor die Radikalisierung überhaupt startet. Wir müssen aufpassen, dass junge Menschen in Entwicklungskrisen nicht allein gelassen werden, dass sie gut begleitet und integriert werden. Und dieses Präventionsnetz müssen wir gerade auch für junge Flüchtlinge, die oftmals Traumatisierungen erlitten haben und zum Teil besonders schwere Krisen neben den ganz normalen Aufgaben eines Jugendlichen oder jungen Erwachsenen zu bewältigen haben, eng spannen. Da darf niemand durchfallen. 

Aber der Zugattentäter von Würzburg scheint sehr gut integriert gewesen zu sein: Er kam schnell in ein Wohnheim für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, zog zu einer Pflegefamilie, machte ein Praktikum und hatte sogar eine Bäckerlehre in Aussicht. Was soll man da noch tun?
Einige Schüler, die auf das Gymnasium oder die Realschule gegangen sind, sind an ihren Schulen Amok gelaufen. Arztsöhne haben islamistische Attentate in Deutschland geplant und Menschen mit einem Jurastudium sind aus der Bundesrepublik in den Dschihad gereist. Ihnen ist gemein, dass sie sich langsam von der Gesellschaft entfremdet haben. Bei einem Menschen, der seit relativ kurzer Zeit in einer neuen Kultur lebt, sind die sozialen Bindungsmuster noch sehr fragil. Wenn dann akute Krisen hinzukommen – wie offenbar der Tod des Freundes – und durch Sprachbarrieren der Rückgriff auf soziale Ressourcen zur Bewältigung erschwert wird, können Ideologie, sozialer Rückzug und Gewaltfantasien eine gefährliche Mischung ergeben. Radikalisierungsprozesse gehen jedoch zumeist mit Warnverhaltensweisen einher, die erkannt werden können, wenn das Umfeld sensibilisiert wird. Gerade in der Arbeit und Begleitung von Jugendlichen mit einem Flüchtlingshintergrund werden wir die Konzepte von Integration, Begleitung und auch psychologischer Versorgung noch weiter verbessern müssen.


Dipl. Päd. Nils Böckler ist Erziehungswissenschaftler und arbeitet am Institut für Psychologie und Bedrohungsmanagement (IPBm) in Darmstadt, wo er für Schulungen, Beratungen und Risikoanalyse im Bereich Extremismus zuständig ist. Zuvor war er an der Universität Bielefeld als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Seine Forschungsschwerpunkte sind terroristische Einzeltäter und autonome Zellen.

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Stefan Zweig | Mi., 20. Juli 2016 - 14:12

"Salafistische Prediger wie Pierre Vogel knüpfen an dieselbe Ideologie wie Dschihadisten an, wenn sie Menschen in Gläubige und Ungläubige, in Gut und Böse einteilen."

Es gibt kluge Menschen, die diese Ideologie Islam nennen und diese im Koran verankert sehen. Stattdessen spielt man wieder der Gesellschaft die Schuld zu. Wenn sich der Muslim in der westlichen Welt "nicht zurecht findet" und sich nicht wohl fühlt, warum wollen denn Millionen genau dorthin? Wieso wollen sie nicht in der Türkei bleiben? Warum will Saudi-Arabien sie nicht?

Petra Schaefer | Mi., 20. Juli 2016 - 15:49

...sollte verstärkt werden. Diesem Kommentar möchte ich widersprechen. Traumatisierungen gab es nach dem 2. Weltkrieg genug: Flüchtlinge - Frauen - Männer - Jugendliche - Kinder. Wer hat eigentlich da psychol. "versorgt"? Da war wohl Arbeit und Aufbau die "Therapie".
Der Rest ist "Geschichte"............

Hallo, liebe Frau Schaefer. Arbeit und Aufbau haben die Traumata damals verdrängt. Trotzdem wirken sie bis heute. So begeben sich jetzt vermehrt die Enkel und Enkelinnen in Therapie. Sie wollen wissen, was mit ihnen los ist. Warum die Eltern so waren wie sie waren und Oma und Opa. Tansgenerationale Übertragung wird das genannt und immer mehr Therapeuten spezialisieren sich auf diesen Teil unserer Geschichte und des Lebens der Nachkommen.

Das ist alles richtig, Frau Schramm. Die Menschen nach dem 2.WK waren in der Tat mit dem Überleben beschäftigt. Sie hatten keine Zeit, sich mit ihren traumatischen Erlebnissen zu beschäftigen. Das war natürlich Verdrängung, aber es hat erst einmal geholfen.
Die traumatisierten jungen Menschen, die heute nicht nur aus Kriegsgebieten, sondern oft aus rückständigen Gebieten kommen, erhalten hier bei uns alles, was sie wollen gratis. Sie müssen sich nichts erarbeiten. Das stärkt nicht gerade ihr Selbstwertgefühl. Das Gegenteil ist der Fall!

Naja, nicht jeder Therapiebedarf ist transgenerational dem Krieg anzulasten.
Und was ich in den letzten Jahrzehnten in meinem Umfeld als Therspiebedarf mitbekommen habe, waren zum Teil reine Befindlichkeitsstörungen.

Lustig ist einfach nur noch, wie diese Gesellschaft dem Autor zufolge jetzt offenbar die Therapienemühung verdoppeln soll um vielleicht ein paar Selbstmordattentäter abzuhalten.

Während diejenigen, die mangels gesellschaftlicher Besserstellung (geschlecht, Status in der Familie) oder körperlicher Fitness es eben nicht hierher geschafft haben, nicht mal in Summe auf 1% deutscher Solidarität hoffen können, die hier einer kleinen Gruppe zukommt.
Sozialdarwinistische Ethik zum Zwecke der moralischen Selbstbefriedigung.
Bei dem Kollateralschaden gesellschaftlicher Polarisation, Verunsicherung und Terrorgefährdung.
Eine unfassbare Dummheit geschichtlichen Ausmasses.

Sehr geehrte Frau Schramm, welch ein wunderschöner Begriff aus der Psychoanalyse (wobei das Wort Analyse - Zergliederung eines Ganzen in seine Teile, genaue Untersuchung der Einzelheiten, griechisch analysys Auflösung - eher durch Interpretation ersetzt werden sollte, denn die menschliche Psyche ist zu komplex um zergliedert zu werden)

Schauen wir auf die vielen, durch Gewalt seit Generationen traumatisierten Völker unserer Erde, welche dennoch keine Gewaltbereitschaft aufzeigen, geschweige Gewalt anwenden, verherrlichen und propagieren.

Eberhard Mälzer | Mi., 20. Juli 2016 - 15:56

Die Art der Interpretation dieses Terroranschlags, wie sie in dem Interview zum Ausdruck kommt, ist äußerst unbefriedigend. Gleich im zweiten Satz wird wieder einmal als Whataboutism der Rechtsextremismus ins Spiel gebracht, ohne den kommt man als politisch Korrekter scheinbar nicht aus.

Weiter geht's mit Schuldzuweisungen an uns, die ausländerfeindliche deutsche Gesellschaft: "Islamophobie, Mohammed-Karikaturen, das Verhalten der Bundesrepublik in internationalen Konflikten".

Die Schulamokläufe dürfen natürlich auch nicht fehlen.

Und als Krönung noch schnell die Verweise auf die 'hausgemachten' Problemfälle : "...egal ob Flüchtling oder in Deutschland aufgewachsen ...".

Fertig ist die ideologische Laube, in der sich alle nicht ins Multikulti-über-alles-Schema passenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge im milden Licht gutmenschlicher Verständnissinnigkeit in Nichts auflösen.

(Teil II folgt.)

Eberhard Mälzer | Mi., 20. Juli 2016 - 16:05

Man könnte es auch anders sehen. Man könnte diese Verständnisheischerei auch als handfestes Stockholm-Syndrom unserer resistenzschwachen Gesellschaft sehen.

Die Interviewerin verweist zwar auf die eigentlich optimalen Umstände für den Attentäter: "Er kam schnell in ein Wohnheim für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, zog zu einer Pflegefamilie, machte ein Praktikum und hatte sogar eine Bäckerlehre in Aussicht. Was soll man da noch tun?"

Und als frustrierende Antwort kommt nur die Forderung nach mehr Aufwand:

"Gerade in der Arbeit und Begleitung von Jugendlichen mit einem Flüchtlingshintergrund werden wir die Konzepte von Integration, Begleitung und auch psychologischer Versorgung noch weiter verbessern müssen."

Dazu zwei Fragen:

1. Wer soll das bezahlen? (Die Krankenkassenbeiträge z. B. beginnen schon zu steigen).

2. Wie wäre es denn mit so altmodischen Dingen wie Grenzsicherung, Eingrenzung des Asylrechts auf "echte" Fälle, konsequente Abschiebung etc.?

Walter Wust | Mi., 20. Juli 2016 - 17:04

Da kommen ein paar tausende junger unreifer Männer aus einer vom Krieg zerstörten Umwelt in ein für sie völlig fremdes, missverständliches Milieu und sie zeigen uns, was sie gelernt haben. Der Frust, den sie schon vor ihrer Flucht ins "gelobte" Land in sich trugen und der ob der täglichen Wahrnehmung des für sie Unverständlichen und Unfassbaren mehr und mehr zunimmt, nicht zuletzt wegen ihrer geistigen Nähe zu dem Glauben, der hier so ganz und garnicht verstanden und hinterfragt werden kann, lässt dann letztendlich nur diesen einen, radikalen Schluss zu: Allah ist mächtiger. Es ist Trotz und Ohnmacht und zugleich Rechtfertigung in ihrem falsch verstandenen Stolz, diesem unverstandenen Ausgeliefertseins ein eigenes, persönliches Rezept entgegenzusetzen. Es ist das Resultat babylonischer Migrationspolitik, die das sprachenwirrwarr entlarvt und den Gutmenschen zum Mittäter macht. Wir schaffen das.

Helmut Rottler | Mi., 20. Juli 2016 - 17:06

Radikalisierung: Ich werde in kürzester Bälde 72 und radikalisiere mich seit Beginn ihrer katastrophalen "Kanzlerschaft" gegen die bei mir wenig liebevoll benamste Erkela Mangel. Ich hatte, um kräftig draufhalten zu können, sogar die Sauermilchstrasse mit dem Planeten MERDE und TÜTland kreiert-
Eingestellt wegen Desinteresse und gravierendem Humormangels der geehrten Leserschaft.

Zum Thema: Ein Trottel, gleich welcher Herkunft, bleibt ein Trottel, da sind alle Bemühungen vergeblich.
Die Mutter der DUMMHEIT ist immer schwanger, leider scheint sich der Anteil mit rapide wachsender Bevölkerung unverhältnismässig zu steigern. Wobei ich weder "Glaubens"richtungen noch reGIERungen ausklammern möchte-
denn: GLAUBEN heisst NICHTS WISSEN, das aber bis zur letzten Konsequenz.

Karola Schramm | Mi., 20. Juli 2016 - 17:15

Sehr gutes Interview, das deutlich macht, wie schwierig es ist, Terrorakten oder Amok-Verbrechen vorzubeugen.

Wenn Menschen sich gesellschaftlich bedroht fühlen, dann so las ich bei Götz Eisenberg, ein Sozialpsychologe, neigen sie zur Regression. D.h. sie brauchen die starke Führernatur, die sagt wo es langgeht.
Bei einem jungen Menschen, wie dem Attentäter aus Würzburg, ist die Identität noch sehr fragil - wer bin ich ? wo will ich hin ? wer darf ich sein ? wie wurde sein Gewissen gebildet ? welche Werte und Normen haben Bestand ? wieweit kann er sich lösen von alten Mustern ?

In der Tat, wir brauchen für die Personengruppen extra ausgebildete und/oder zumindest gut informierte Menschen, die lernen, wie man - was erkennt, um so prophylaktisch tätig werden zu können.

Gleichzeitig muss aber auch dafür gesorgt werden, dass weltweit die Rohstoff-Kriege und die kalten Finanzkriege beendet werden. Da liegen die Ursachen für Flucht und Vertreibung.

1. In Afghanistan, woher der Terrorist angeblich kommt, wird kein Rohstoff- oder kalter Finanzkrieg geführt. In Pakistan, woher er vielleicht eher kommt, auch nicht.

2. Die Verve, mit der jetzt versucht wird, aus diesem terroristischen Anschlag einen "herkömmlichen" Amoklauf (quasi der labile Jugendliche, dessen Vater im Schützenverein ist und vergessen hat, die Waffe wegzuschließen) zu machen, zeigt, wie groß die Angst ist, dass die weitgehend medial befeuerte Willkommenskultur bei uns kippt. Das Ganze erinnert an die ersten Tage nach Silvester.

4. Wäre der Täter nicht letztes Jahr eingereist, hätte er jetzt seine Tat nicht begehen können. Banal, aber trotzdem wahr.

5. Die Betreuungssituation des Täters (Pflegefamilie, Lehrstelle zugesagt etc.) war optimal. Was wird noch alles von uns erwartet und wer redet über die Kosten?

Weil hier so viel psychologisiert wird: Es ist verständlich, dass man den Elefanten im Wohnzimmer nicht sehen will. Aber es löst keine Probleme.

Hallo, Herr Mälzer, Sie irren sich leider.
SPON: USA finden riesige Rohstofflager in Afgh.

Kalter Finanzkrieg beherrscht die EU und die Länder, die in Abhängigkeit sind bei IWF, Weltbank und EZB.

Pakistan wird von Drohnen beherrscht.

Ansonsten wird von mir nichts verniedlicht, sondern ich überlege wie Sie, wie man die Situation, die jetzt da ist, verbessern kann.
Nach dem heutigen Anschlag in München sehe ich, dass das Kind längst in den Brunnen gefallen und tot ist.
Merkel müsste, nach diesem Fiasko, was sie DE angetan hat, zurücktreten müssen. Auch die Flüchtigen selbst sind ja per Vidiobotschaft getäuscht worden, nach DE zu kommen und haben gute Gründe zur Rache. So etwas muss man aber, als politisch Verantwortlicher wissen.

Krieg und Politk, Herr Mälzer, ist heutzutage übermäßig von Psychologie beherrscht, danach kommt der öffentliche oder private Zwang, was früher umgekehrt war.

Liebe Frau Schramm,
genau das ist in D. doch absolut unmöglich! "Führer", und sei es ein Kolonnenführer beim Deichbau, Flusssanierung, Straßenbau usw. ist bei uns seit "Reichsarbeitsdienst" tabu - und Frau Künast denkt wohl auch eher an Sonnenblumen, die man verteiken sollte. Ein kleines Beispiel von heute: Zeugnisse!
Wer da darauf hingewiesen wird, daß er/sie nicht genug aufgepaßt, mitgewirkt hat - oder auch schlicht zu dumm ist, wird von einem "Interventionsteam" aus Psycholgen, Soziologen und anderen -logen "aufgefangen", "betreut" usw.. Wie irre will diese "Gesellschaft" denn noch werden????
Wenn ein Mitarbeiter laufend "Murks" macht, zu wenig leistet, da kommt am Ende auch die Kündigung - und keine "-logen"!
Aber dieses Land ist ja der Hort der Allesversteher, Allesverzeiher! Also doch am besten Sonnenblumen?

Lieber Herr Bruhn,
warum dann kann Merkel sich mit ihrer ausgesprochen autoritären Art im Sinne von "Ich weiß was für euch gut ist und setze es auch gegen euren Willen durch" ungestraft so lange halten ?
Was ist dagegen einzuwenden, wenn die Leistungen eines Kindes/Jugendlichen plötzlich abfallen, zu fragen was los ist und evtl. ein Psychologe oder Sozialarbeiter eingeschaltet wird ? Am Ende ist es immer auch Hilfe zur Selbsthilfe.
Wenn ein Mitarbeiter laufend Murks macht etc., ist er vielleicht im falschen Beruf -nett wäre es, wenn auch da der Chef sich mal kümmern würde, was mit diesem los ist. So etwas gehört zur Unternehmenskultur.

Es ist gut, wenn ein Land, bzw. die Chefs, Lehrer, Leitungen, Vorgesetzte sich um die Probleme der MA kümmerten. So etwas ist für ein Land gut, für die Unternehmen. Verstehen und Verzeihen sind Tugenden, Werte. Man muss reden miteinander um verstehen und verzeihen zu können. Warum sollen die nicht mehr gelten ?

Uwe Dippel | Mi., 20. Juli 2016 - 17:31

Der Autor hat in vielem Recht, er hat seine Studien schon - so scheint es - intensiv betrieben.

Er hat allerdings auch etwas übersehen: den politischen Islam. Wenn man sich mit dem Islam beschäftigt, kommt man nicht umhin, festzustellen, dass es an verschiedenen Quellen die Aufforderungen gibt, die Gesellschaft zu einer islamischen Gesellschaft umzubauen. Das bestreitet ja nicht einmal irgendein Moslem, den ich je getroffen hätte. Natürlich ist die Mehrheit der Überzeugung, das müsse durch friedliche Mittel geschehen. Aber dennoch: stellen Sie sich die Konsequenzen vor, meinetwegen auch erst in der Generation ihrer Kinder oder Enkel.

Und hier ist der Knackpunkt: Eine Religion, die eine klare politische Aussage trifft, fällt dann immer leicht in die Richtung Jugendlicher, weil Jugendliche eben aus der Pubertät auch einen Idealismus mitbringen.
Und dann ist es eben kein 'Versäumnis der Gesellschaft' oder 'mangelnde Integration', diese Handlungsanweisungen umzusetzen.

Heinz Meier | Do., 21. Juli 2016 - 10:21

Eine wichtige Seite der Traumatisierung wird vergessen. Aggression, Wut und Gewaltfantasien, Rache.
Der arme Traumatisierte ist zugleich eine (Zeit) Bombe. Die traumatisierten deutschen Soldaten nach dem 2.WK haben diese Seite zum Teil an ihren Familien ausgelassen und zum Teil durch harte Arbeit
quasi 'abgearbeitet' oder in sich 'hineingefressen'.
Eine Ideologie, die sie aus dieser misslichen Lage erhoben hätte, stand nicht zur Verfügung.
Sie standen auch noch unter dem Druck schuldig zu sein und unter westlichem Kuratell zu stehen.
Für die jetzt gerufenen sieht die Sache anders aus.
Als traumatisierte werden sie ins Land der Verheißung gerufen, wo ihnen der Himmel versprochen ist. Die Traumata benötigen immerwährende Heilung entweder durch unbegrenzte Teilhabe an der Konsumgesellschaft oder durch den Dschihad.
Da müssen sich die Gutmenschen anstrengen.

Karola Schramm | Sa., 23. Juli 2016 - 02:12

Antwort auf von Heinz Meier

Hallo, Herr Meier,
da haben Sie recht. Die Traumata der Kriegesgeneration sehen anders aus.

Ich bin auch nicht sicher, ob alle jungen Flüchtigen, die nun hier sind, echte traumatische Erfahrungen gemacht haben. Auf einigen you tube Videos wurden diese von einem Reporter gefilmt, was eher so aussah wie Wanderungen nach dem Motto: Ein freies Leben führen wir....als nach Trauma.

Sie schreiben: "Die Traumata benötigen immerwährende Heilung entweder durch unbegrenzte Teilhabe an der Konsumgesellschaft oder durch den Dschihad." Das ist nicht richtig. Es gibt sehr viele, unterschiedliche Techniken, die dem ganzen Menschen helfen. Da wir diese heute kennen, ist es unsere Pflicht, diese wenigstens anzubieten, damit nicht andere darunter leiden müssen. Auch dem Hass, den viele haben, KANN so entgegengewirkt werden.

Auch die Soldaten in Kriegsgebieten kommen traumatisiert zurück. Sie bekommen spärliche Hilfe.

Aber das, wie Sie schreiben

Bernhard Jasper | Do., 21. Juli 2016 - 10:32

Was immer auch an Ethnien, soziologischen oder ökonomischen Gruppierungen und Klassen, psychologischen Typen, pädagogischen Begabungs- oder Milieutypisierungen bzw. „Lebensformen“ in den relevanten Einzelwissenschaften unterschieden worden ist, die alltägliche Selbsteinschätzung der Menschen steht jedoch bei weitem im Vordergrund. Und zwar offensichtlich in solchem Maße, dass sie gewöhnlich auch der ganz individuellen Selbstcharakteristik der Einzelnen zugrundegelegt werden.

Diese Selbstfindungstrips führen gewöhnlich nicht zum eigensten Selbst, sondern eben zur mystischen Identifizierung mit einem Gruppentypus (ob in Religion, Sekte oder im Fußballklub).