Seltene Erden
Verschiffung Seltener Erden im Hafen der chinesischen Küstenstadt Lianyungang / dpa

Rohstoffe aus Zentralasien - Der globale Kampf um die Seltenen Erden

Die Länder Zentralasiens verfügen über enorme Vorräte an Seltenen Erden, die für die Umstellung auf erneuerbare Energien und generell für Elektronik benötigt werden. Das Problem für den Westen: Ohne China und Russland ist in der Gegend nichts zu holen.

Autoreninfo

Ekaterina Zolotova ist Analystin für Russland und Zentralasien beim amerikanischen Thinktank Geopolitical Futures.

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Zentralasien hat in letzter Zeit geopolitisch an Bedeutung gewonnen – nicht nur als Schattenseite seines wirtschaftlich herausgeforderten und politisch isolierten Nachbarn Russland, sondern auch als Transit-Knotenpunkt, der China mit Europa verbindet, und als Lieferant von Rohstoffen, die in Zukunft strategisch wichtige Industrien antreiben werden. Aufgrund der geopolitischen Gegebenheiten und Probleme der Region ist es jedoch unwahrscheinlich, dass Zentralasien sein volles Potenzial in naher Zukunft ausschöpfen wird.

Das Interesse des Auslands an Zentralasien ist vor allem auf seine natürlichen Ressourcen zurückzuführen. Die Region ist reich an Erdöl und Erdgas sowie an Mineralien der Seltenen Erden wie Monazit, Zirkon, Apatit, Xenotim, Pyrochlor, Allanit und Kolumbit, die in der Hightech-Industrie unverzichtbar sind. Außerdem verfügt es über eine Fülle knapper strategischer Ressourcen: etwa 40 Prozent der weltweiten Manganerz-Reserven, 30 Prozent des Chroms, etwa 13 Prozent des Zinks und 9 Prozent des Titans. Etwa ein Fünftel aller bekannten Uranvorkommen befindet sich in Zentralasien, ganz zu schweigen von einer Unmenge potenzieller Vorkommen, die noch erschlossen werden müssen.

Investitionen blieben aus

Es überrascht nicht, dass in Zentralasien seit Jahrzehnten abgebaut wird – von innen und außen. Die Fergana-Gesellschaft für den Abbau seltener Metalle grub in den frühen 1900er Jahren das erste Uranerz aus, und die Sowjetunion beschleunigte die Materialentwicklung, nachdem sie zur Atommacht geworden war. Der Zusammenbruch der Sowjetunion sollte später die regionale Bergbauindustrie in den Ruin treiben, da die Investitionen ausblieben und Fachleute massenhaft aus der Region abwanderten. Dies erklärt zumindest teilweise, warum viele ehemalige Satellitenstaaten in der Region nach ihrer Unabhängigkeit eine Neutralitätspolitik verfolgten: Sie brauchten so viele Finanzmittel aus so vielen Ländern wie möglich, um ihre einzige verlässliche Einnahmequelle zu stützen. Bis zu einem gewissen Grad funktionierte diese Politik. Ende der 1990er Jahre führten australische, chinesische und kanadische Unternehmen Erkundungsarbeiten in Zentralasien durch, aber unzureichende Nachfrage und politische Instabilität hielten die Investitionen in Grenzen.

Das weltweite Streben nach grüner Energie und die nahezu exponentielle Nachfrage nach Elektronik (sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich) haben das Interesse der Investoren erneut geweckt. Uran war der größte Nutznießer. Kasachstan und Usbekistan sind die größten Produzenten und Exporteure in der Region, und ihre größten Abnehmer sind China, Russland, Frankreich und die Vereinigten Staaten. Mehrere ausländische Unternehmen – die kanadische Cameco, die russische Rosatom, Energy Asia Holdings, die französische Orano und die China General Nuclear Power Group – sind in Kasachstan zu Bergbauunternehmen und Investoren geworden, die nach Ansicht mancher mit dem derzeitigen Weltmarktführer bei Seltenen Erden und knappen Materialien konkurrieren könnten: China. Dies wäre natürlich eine gute Nachricht für Kasachstan, aber auch für Europa und die Vereinigten Staaten, die bei Seltenen Erden stark von China abhängig sind und daher nach Alternativen suchen, wäre dies eine willkommene Entwicklung.

Westliche Unternehmen sind besonders aktiv bei Investitionen in knappe Materialien. Die britischen Unternehmen UKTMP International Limited und Ferro-Alloy Resources Limited sind seit Jahren in Kasachstan tätig, und jedes Jahr werden neue Verträge geschlossen. Im Jahr 2023 unterzeichnete das britische Maritime House eine Vereinbarung mit dem kasachischen Produzenten Zhezkazganredmet, und Anfang 2024 unterzeichneten Kasachstan und Großbritannien einen Fahrplan für die Zusammenarbeit bei seltenen Mineralien, der die Gründung von Joint Ventures vorsieht. Ebenfalls im Jahr 2023 bereiste der französische Präsident Emmanuel Macron die gesamte Region, um ein Abkommen zur Erhöhung der Uranlieferungen für die Kernenergie zu schließen.

Unterentwickelte Industrie

Dennoch besteht die Aussicht, dass die bisherige Entwicklung nicht ausreicht, um Zentralasien zum weltweiten Zentrum der Produktion Seltener Erden zu machen. Das liegt vor allem daran, dass ein Großteil der Industrie aus verschiedenen Gründen unterentwickelt ist.

Einer davon ist geopolitischer Natur. Die Politik der Neutralität ist für die zentralasiatischen Staaten von entscheidender Bedeutung, da sie nicht wieder in die politische Abhängigkeit von einer größeren Macht geraten wollen. Durch die Diversifizierung von Waren und Geschäftsbeziehungen werden diese Länder mit praktisch jedem zusammenarbeiten, um niemanden zu verprellen und zu verhindern, dass ein einzelnes Land ihre Märkte monopolisiert. Für Volkswirtschaften wie die zentralasiatischen, die zwar reifen, aber eben immer noch in der Entwicklung begriffen sind und Konflikte um jeden Preis vermeiden müssen, ist es wichtig, ein gutes Klima zu schaffen.

Natürlich ist dies leichter gesagt als getan. So liegt es beispielsweise im Interesse Chinas, westliche Länder aus Zentralasien herauszuhalten, um seine Position als weltweit größter Lieferant von Seltenen Erden zu behaupten. Peking schließt sogar bilaterale Abkommen zur Erschließung zentralasiatischer Vorkommen ab, um seinen Marktanteil zu erhöhen. Russland, das mitunter ein Verbündeter Chinas ist, handelt ähnlich und verstärkt die Zusammenarbeit bei der Erschließung knapper Ressourcen, um seine Präsenz in einer äußerst wichtigen Region auszubauen.

Ein weiterer Grund ist wirtschaftlicher Natur. Überraschenderweise ist die Gewinnung von Seltenen Erden nicht immer sehr lukrativ, sodass die Investoren nicht immer so begeistert sind, wie Zentralasien es gerne hätte. Und der Aufbau von Produktionskapazitäten für Seltene Erden ist äußerst kostspielig (vor allem in Ländern wie Tadschikistan und Kirgisistan, die über schwieriges Gelände verfügen). Kasachstan muss zum Beispiel noch entscheiden, ob es Lithium selbst oder mit ausländischen Partnern fördern und verarbeiten will – und ob es dies überhaupt versuchen möchte. Die Regierung geht nicht davon aus, dass mit Lithium so viel Geld zu verdienen ist wie mit Erdöl, und erwägt daher, Lithium von China zu kaufen, um es für die Herstellung von Waren mit hohem Mehrwert zu verwenden.

Skeptische Investoren

Dies erklärt, warum einige chinesische Unternehmen mit dem Bau eines Werks für Elektro- und Hybridautos in Usbekistan begonnen haben und warum das südkoreanische Unternehmen Global Solar Wafer plant, in der tadschikischen Region Chatlon eine Produktionsstätte für Solarzellen zu errichten. Außerdem ist die Bergbauindustrie von Natur aus zyklisch, sodass es keinen Grund gibt, zu erwarten, dass der Preis für Seltene Erden ewig hoch bleibt. Die Investoren sind also immer noch skeptisch, was Zentralasien angeht, und ihre Unsicherheit hat die Regierungen der Region daran gehindert, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, die erforderlich sind, um Investitionen zu gewährleisten und Risiken zu versichern.

Es gibt einfach nicht viele Anhaltspunkte dafür, dass Seltene Erden eine sichere Sache sind. In den vergangenen Jahren haben sie Kasachstan zu höheren Staatseinnahmen verholfen, aber der Anstieg war auf höhere Preise zurückzuführen, nicht auf eine höhere Produktion oder einen höheren Anteil. Kasachstan musste sogar seine Prognosen für die Uranproduktion im Jahr 2024 aufgrund von Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Schwefelsäure, einem wichtigen Material für den Uranabbau, anpassen. Ganz zu schweigen davon, wie eine erhöhte Inlandsnachfrage die Produktionskapazitäten untergraben könnte. Heute verbrauchen Länder wie Kasachstan nicht viele Seltene Erden für sich selbst. Aber auch in diesen Ländern herrscht chronischer Strommangel, sodass sie gezwungen sind, nach anderen Energiequellen wie erneuerbaren Energien und Kernenergie zu suchen – Quellen, die den Einsatz von Seltenen Erden erfordern.

Problematische Logistik

Der letzte Grund, warum Zentralasien sein Potenzial möglicherweise nicht ausschöpfen kann, ist die Logistik. Die Region ist fast vollständig von Festland umgeben. Sie befindet sich eingezwängt zwischen Russland und China, sodass sie keinen direkten Zugang zu logistischen Knotenpunkten und Häfen hat. Wenn die USA und Europa sich also von russischen und chinesischen Exporten befreien wollen, müssen sie immer noch mit Russland und China als Transitländern verhandeln. Die transkaspische internationale Transportroute, die nach Europa führt, ist zwar technisch machbar, hat aber nur eine extrem geringe Kapazität, die bereits mit dem Containertransport von Petrochemikalien, Eisen- und Nichteisenmetallen, Kohle, Eisenlegierungen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen ausgelastet ist. Ihr Ausbau erfordert beträchtliche Finanzmittel und wahrscheinlich die Beteiligung Chinas, das seinen eigenen Einfluss auf dem Markt für Seltene Erden wohl kaum untergraben wird.

Das Potenzial Zentralasiens auf dem Markt für Seltene Erden ist groß. Die Hindernisse, die der Verwirklichung dieses Potenzials entgegenstehen, sind nicht unüberwindlich, aber sie werden die Entwicklung dieser Industrie langwierig und schwierig machen. Geopolitisch gesehen ist es deshalb immer noch am besten, Zentralasien als eine Quelle der Diversifizierung für die großen Akteure und nicht als eigenen Akteur zu betrachten.

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Tomas Poth | Mi., 30. Oktober 2024 - 10:16

Anhand dieses Beitrages läßt sich auch erkennen warum es den Krieg in der Ukraine gibt.
Auch dort geht es um den Zugriff auf und die Kontrolle über Rohstoffquellen.
Wie will Kasachstan seine Rohstoffe exportieren, über den Landweg durch Russland ist die eine Möglichkeit. Die andere Variante wäre das Kaspische Meer und dann über die Landbrücke Aserbaidschan-Georgien ins Schwarze Meer oder die Landbrücke über den Iran in den Persischen Golf.
Nicht ohne Grund operiert der "Westen", vornehmlich die USA, an/in den Grenzstaaten zu Russland, um letztendlich Einfluß und Kontrolle im Zugriff auf die Ressourcen der Asiatischen Regionen zu gewinnen.
Wie sagte Nuland, nicht nur FCK the EU, nein auch wie kann ein einziges Land (Russland) über so viel Rohstoffe verfügen.
Die USA als Noch-Hegemon wollen nicht für den Handel mit den Rohstoffen anstehen, wie jede andere Nation, sondern sie beanspruchen die Lenkungs- Führungsrolle in diesem Geschäft.
Vergleichbar seit Jahrzehnten im Öl-Geschäft.

Die Ukrainer sterben für die US Interessen und wir helfen fleißig mit um nachher evtl. noch ein paar Krümel abzubekommen. Und dem tumben Michel erzählt man wieder was von Freiheit, Demokratie und Gedöns.

Deutschland ist seit 1949 der verlängerte Arm der USA und seiner ökonomischen wie geopolitischen Interessen. Deswegen wird D von Russen als Feind betrachtet, von der Putin-Clique, sowie von weiten Teilen des russischen Volkes.

Tomas Poth | Mi., 30. Oktober 2024 - 16:29

Antwort auf von Henri Lassalle

Das erscheint mir mehr als eine einseitig verkürzte Sichtweise.
Das mag derzeit vielleicht wegen der ukrainischen Unterstützung mit Waffen mit Leopards, Panzerhaubitzen usw. so sein, aber es war Kanzlerin Merkel die Russland offiziell als Feind bezeichnet hat!

Wie werden die Historiker, Politologen in einhundert Jahren über diese Periode schreiben und Urteilen?

Vielleicht so:
Das politisch rotgrüne Deutschland hat aus innerer Überzeugung aktiv an dem US/EU-Hegemonsystem mitgewirkt. Es hat sich nicht gegen dieses Regime gestellt und es hat auch nicht versucht, sich dem zu entziehen. Ohne sein Mitwirken wäre dieses System nicht handlungsfähig gewesen.

So könnte später mal ein schmerzhaftes Urteil lauten.

Christoph Kuhlmann | Mi., 30. Oktober 2024 - 11:15

In den USA sind vorkommen entdeckt worden, die allerdings schwer zu fördern sind, welche die Weltbedarf bis 2030 decken können, In Schweden sind ebenfalls vorkommen entdeckt worden. In den von Norwegen kontrollierten Gebieten werden auch entsprechende Vorkommen vermutet. Man wird die Exploration von Rohstoffen in Zukunft unter geopolitischen Gesichtspunkten betreiben müssen. Allerdings ist es durchaus möglich, dass Russland auf eine Wirtschaftskrise zusteuert und dadurch an Einfluss in Zentralasien verlieren wird. Der russische Staat verschuldet sich zurzeit zu horrenden Zinsen, die Inflation liegt nahe 10% und der Leitzins liegt bei 21%.

Ronald Lehmann | Mi., 30. Oktober 2024 - 21:12

& da können alte Weise Männer
aber auch RUSS Raumfahrt-Piloten ganze Bücher füllen

& vielleicht erzwingt die Not bei Energie-Bereitstellung in DE
das Wissenschaftler wieder mal anfangen zu forschen
denn von Nichts wird Nichts
& erst Recht NICHT, wenn Pläne was vorschreiben

Michael Kaufmann | Do., 31. Oktober 2024 - 06:39

Tja , Europa hätte ja schon die Möglichkeit das von China angefachte Belt & Road Projekt AKTIV mit zu gestalten.
Da wäre man mit all den bösen Ländern in Kontakt und könnte mitbestimmen und mit wachsen.
Leider scheint Konsequente Nibelungentreue für einige Akteure attraktiver.

Hans Süßenguth-Großmann | Do., 31. Oktober 2024 - 11:13

das am Beginn des Krieges in der UA unsere Annalena in der kasachischen Steppe stand (Fernsehen) und vor ihren inneren Auge sah sie Millionen von Windrädern Wasserstoff für D produzieren. Und da dachte ich mir, wie soll der nach D kommen, wenn die ruinierten Russen nicht mitspielen?. Das Kaspische Meer dürften die beiden Bösewichter RUS und Iran als eigenen Spielplatz betrachten. Die Dinge sind eben komplexer als sie den Grünen erscheinen. In der Filmbranche kann man vor einem grünen Vorhang alles sichtbar machen.