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Für die Muslime - gegen den Islam

Sind 57,5 Prozent der Schweizer Stimmbürger zu nationalistischen oder gar rassistischen Untaten fähig? Hassen 57,5 Prozent der Schweizer Stimmbürger Ausländer und Fremde, also auch die vielen Deutschen in ihrem Land? Fest steht: 57,5 Prozent haben am 29. November 2009 für ein Minarettverbot votiert. Die Schweiz hat einen Ausländeranteil von 22 Prozent, in Deutschland sind es neun Prozent. Noch nie gewann ein fremdenfeindliches Volksbegehren die Mehrheit der Schweizer Stimmbürger, auch nicht eine Initiative im Jahr 2000, die den Ausländeranteil auf 18 Prozent begrenzen wollte, immerhin das Doppelte der heutigen Quote in Deutschland. Sie wurde von 63,7 Prozent der Abstimmenden verworfen. Die Ausweitung des ungehinderten Zuzugs von EU-Arbeitnehmern aus Rumänien und Bulgarien fand im Februar 2009 eine Zustimmung von 60 Prozent. Nein, die Schweizer sind in ihrer Mehrheit nicht fremdenfeindlich! Warum dann das Minarettverbot? Sind die Schweizer muslimfeindlich? Sind auch all jene Europäer muslimfeindlich, die jetzt mit Verve das Schweizer Abstimmungsergebnis begrüßen? Sind womöglich sogar die Deutschen muslimfeindlich, deren Zustimmung zur Demoskopenfrage nach einem Minarettverbot bis zu 44 Prozent beträgt? In der Zeit vom 3. Dezember erklärte der neue Innenminister Thomas de Maizière: „Der Islam ist uns willkommen.“ Der Islam? Warum heißt de Maizière nicht die Muslime willkommen – die Menschen? Warum den Islam – die Religion? Gegen die Menschen, gegen die muslimischen Automechaniker, Ärzte, Ingenieure, Krankenschwestern, Lehrerinnen, Techniker, Gemüsehändler, Kioskbesitzer, Gastwirte und Schneidermeister – gegen Arbeitskollegen und Nachbarn lassen sich keine Mehrheiten mobilisieren. Gegen den Islam dagegen schon. Zu Recht. In der Neuen Zürcher Zeitung, ebenfalls am 3. Dezember, versuchte Hamed Abdel-Samad, Historiker und Politikwissenschafter an der Universität München, sogar seine eigenen Glaubensbrüder und -schwestern gegen den Islam zu mobilisieren: „Es ist Zeit für Häretiker, die Allmacht des Korans zu bestreiten und eine neue Geisteshaltung einzuführen. Diesen Prozess nenne ich nicht ‚Reform‘, sondern ‚geregelte Insolvenz‘. Erst wenn sich muslimische Kultur innerlich von diesem Buch löst, kann sie einen Neuanfang wagen.“ „Geregelte Insolvenz“ – kann man den Islam radikaler kritisieren als der Muslim Hamed Abdel-Samad? Mein kurdischer Kioskbesitzer gratulierte mir zum Minarettverbot, mein anatolischer Gastwirt umarmte mich dafür auf offener Straße. Ich musste beide enttäuschen: Ich war ein Gegner dieses Volksbegehrens. Was aber ist das Verhältnis dieser Muslime zum Islam, also zu Koran und Scharia? Sie haben – so sagten sie mir – ihren ganz persönlichen Gott, der keine Moschee braucht und kein Minarett, mit dem sie die Gesellschaft nicht behelligen wollen. Sie wollen jedoch auch ihrerseits nicht behelligt werden durch Mullahs und Imame. Ja, Millionen europäischer Muslime wollen sich nicht verordnen lassen, was gottgefällig ist. Millionen europäischer Muslime sind auch nur Protestanten! Ermuntert unsere politische Elite diese Menschen in ihrer Abkehr vom Islam – einer mittelalterlichen, männlich bestimmten Herrschaftsideologie? Kaum. Die Politik von links bis rechts sucht vielmehr Vertreter dieses Glaubens als Gesprächspartner. Sie hofiert die Glaubensfunktionäre. Sie verleiht Allahs religiös-politischen Predigern gesellschaftlichen Rang, zum Beispiel in der vom heutigen Finanzminister Wolfgang Schäuble einberufenen Islamkonferenz. Thomas de Maizière, Wolfgang Schäuble: Die politische Elite der Bundesrepublik heißt den Islam willkommen! Sie tut es in der Annahme, diese verspätete Religion werde ihren Platz schon finden im demokratischen Rechtsstaat. Doch sie irrt. Der Islam ist nicht integrierbar in die offene Gesellschaft, es sei denn, er gibt sich selbst auf. Heinz ­Theisen, Politikwissenschafter an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen, formuliert es in der Dezemberausgabe der Monatsschrift Merkur so: „Für Demokraten sind individuelle Menschenrechte nicht verhandelbar. An dieser Stelle wird die Inkompatibilität mit der islamischen Kultur unübersehbar. Die Scharia ist ein göttliches Recht, das jedem von Menschen gemachten Recht überlegen ist. Die Ausstattung des Menschen mit Würde und Rechten im Islam bedeutet nicht zugleich die Zuerkennung einer echten Freiheit des Menschen, die Freiheit wird vielmehr in der ‚Ergebenheit zum Willen Gottes‘ verortet ( …) Die Idee eines vom göttlichen Gesetz losgelösten, sittlich autonomen Individuums, das sich frei entfalten kann, ist dieser Vorstellung fremd.“ Ist uns der Islam willkommen? Oder vielleicht doch eher die Muslime, die sich als Bürgerinnen und Bürger mit den Freiheiten, Rechten und Pflichten unserer westlichen Grundgesetze identifizieren, sich auf sie einlassen? In der Schweiz hat eine Gruppe Intellektueller das Minarettverbot als Ausdruck „einer latenten Infektion“ bezeichnet. Sie zitierte dabei ostentativ aus dem Vorwort des Schriftstellers und Auschwitzüberlebenden Primo Levi zu „Ist das ein Mensch?“ – und rückte die Minarettgegner damit in die Nähe von Nazis und Holocaust. Auch die militanten deutschen Islamfunktionäre missbrauchen die deutsche Geschichte: In perfider Gleichsetzung mit dem „Zentralrat der Juden in Deutschland“ nennen sie ihren Zusammenschluss „Zentralrat der Muslime in Deutschland“. Antiislamismus gleich Antisemitismus – eine wahrhaft ­demagogische Gleichung! Der Antisemitismus grenzt die Juden aus; er zielt auf die Verweigerung ihrer Rechte, auf ihre Diskriminierung und Stigmatisierung bis hin zu Verfolgung und physischer Vernichtung. Der Antiislamismus dagegen grenzt die Muslime ein; er zielt auf ihre Integration in die offene Gesellschaft, auf ihre Akzeptanz von Freiheit und Gleichheit, auf ihre Emanzipation von religiöser Bevormundung – insbesondere, was die Frauen betrifft: Hier zielt der Antiislamismus sogar ganz unmittelbar auf Befreiung. Zur westlichen Kritik am Islam schreibt Hamed Abdel-Samad in der NZZ: „Islamkritik sollte von den Europäern ohne Rücksicht auf fundamentalistische Bedrohungen und ohne politisch korrekte Denkfaulheit vorangetrieben werden. Diese Kritik darf hart sein, sollte jedoch ohne Polemik und Ressentiment daherkommen. Und wenn den Muslimen diese Kritik von außen unerträglich erscheint, sollten sie das Heft in die Hand nehmen und diese Kritik selbst üben.“ Es ist also an der Zeit, die Muslime willkommen zu heißen. Und mit dem Kotau vor dem Islam Schluss zu machen.

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