Jan van Aken (l.) und Ines Schwerdtner, neue Parteivorsitzende der Linken / picture alliance

Unaufhaltsamer Niedergang der Linken - Klingelstreiche und Silberlocken statt kohärenter Politik

Vor ihrem Bundesparteitag in Halle stand die Linke vor dem Abgrund. Jetzt ist sie offensichtlich schon einen Schritt weiter. Der inhaltliche und personelle Erosionsprozess hat weiter Fahrt aufgenommen.

Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Eigentlich sollte der Bundesparteitag der Linken, der vom 18.-20. Oktober in Halle stattfand, ein Befreiungsschlag werden. Die 580 Delegierten waren aufgerufen, das „Wagenknecht-Trauma“ und den Schock über die desaströsen Ergebnisse bei den drei Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg sowie bei den Wahlen zum EU-Parlament endgültig zu überwinden, und die Partei mit neuem Führungspersonal und einer modifizierten Ausrichtung und Fokussierung auf soziale Themen auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr einzustimmen. Zumal bei einer neuerlichen Wahlschlappe der Absturz in die bundespolitische Bedeutungslosigkeit drohen würde.

Keine Antworten auf zentrale Fragen

Doch misst man die Ergebnisse des Parteitags an diesen Zielen, dann kann man nur ein umfassendes Scheitern konstatieren. Der nach intensivem Ringen um Kompromissformulierungen im Vorfeld formulierte Leitantrag mit dem blumigen Titel „Gegen den Strom“ wurde zwar mit wenigen Änderungen und einer großen Mehrheit verschiedet, doch er enthält viel zu viele Leerstellen, Zweideutigkeiten und Formelkompromisse, um wirklich als Leitfaden für eine Neuorientierung oder gar einen Aufbruch zu taugen.

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Heidrun Schuppan | So., 27. Oktober 2024 - 14:51

ist es nicht zu übersehen, zu hören bekommen werden wir die Wahlkämpfer etwas später, in den letzten Tagen vor der Wahl wohl. Aktuell jedenfalls wird zu einer Veranstaltung eingeladen, bei der das Wohnungsproblem das Thema sein soll. Allein schon die Ankündigung "Ursachen und Lösungen für die Wohnungsnot" wäre es wert, diese Veranstaltung zu besuchen – nur weiß man jetzt schon, dass millionenfache Zuwanderung plus Ukraine-Zuwanderer obendrauf kein Thema sein wird. "Keine Rendite mit der Miete" ist ein wichtiges Thema, aber nicht alleiniges. Genau wie OB Mike Josef (linker SPD-Flügel), der alle Welt nach Frankfurt einlädt, um damit seine Weltoffenheit zu zeigen, gleichzeitig aber die Wohnungknappheit fördert und ebenso gleichzeitig die Mieten, auch Bestandsmieten, explodieren lässt, sich bei Lösungen aber wegduckt. Tja, die Linke hält sich die Jahre über bedeckt, entdeckt aber im Wahlkampf wieder die Nöte der Bürger, deren Wohnungen für Zugereiste benötigt werden. Ursachen? Lösungen?

Klaus Funke | So., 27. Oktober 2024 - 14:52

Die Linke hat sich abgeschafft. Es ist fast ausschließlich ein Führungsproblem. Die da führten und jetzt führen wollen, können es nicht. Die drei "Alten" retten nichts. Hauptursache: Keine Basis. Wer will sich von Genossen wie Gysi, Ramelow und Bartsch retten lassen? Alle drei sind, wie man früher sagte, Renegaten, keine Kämpfer, hohle Schwätzer. Der schlimmste ist Ramelow, dem es nur um seinen materiellen Hintergrund geht. Die Linke hat fertig. Eine selbstverliebte, unfähige Führung hat sie dahin gebracht. Wagenknecht hat den Todesstoß gegeben, vielleicht war es Oskars Rache. Sie sollten in die außerparlamantarische Opposition wegtreten und versuchen, sich zu erneuern. Indes es wird nicht gelingen. Nicht mit dem derzeitigen Personal. Anarchos und Spinner haben die Macht. Wem es um Gendersprache und Quere-Spielereien geht, hat nichts in der aktuellen Politik zu suchen. Wer sich nur um die Ränder der Gesellschaft kümmert, muss irgendwann abrutschen. Enttäuscht bin ich von Gregor Gysi.

Tomas Poth | So., 27. Oktober 2024 - 15:06

Der letzte Satz dieses Beitrages bringt es auf den Punkt. In dem Zusammenhang wünsche ich mir, daß die nächste Bundestagswahl das SED-Licht, mit 35jähriger Verzögerung zum erlöschen bringt.
Dann werden wir natürlich immer noch ein Nachglimmen durch den BSW erleben.
Sei es drum, ausrotten läßt sich geistige Linxverirrung halt nicht, ist eben ein Teil des Menschseins.

Romuald Veselic | So., 27. Oktober 2024 - 15:15

Die Linke hat nichts zu bieten, außer Blackouts im Stromnetz, wie bei den Companeros auf Kuba.

Herr Balcerowiak, es ist so, mit den Akteuren in dieser Partei u derer Duplikaten: Mit gewissen Menschen lohnt sich nicht mehr zu diskutieren oder sich mit ihnen zu befassen. Bienen verschwenden ihre Zeit auch nicht damit, Fliegen zu erklären, warum Honig besser schmeckt als Scheiße.

Es sind hoffnungslose Fälle, die ihren Marx-Leninsche-Syndrom zur Ideologie verformten und mit Eifer der Religionsfanatiker daran glauben, dass dies ihr Klimarettungsbeitrag ist, indem die Klassengesellschaft geschreddert wird. Nach dem Prinzip; wo gehobelt wird, fallen die Späne. Sowie noch mehr - viele Köpfe. Wo Mörder über Moral predigen und mit Gott die Lage konsultieren.

Die Lügner erkennt man daran, dass sie das Paradies auf Erden versprechen, das bislang nie funktionierte resp. existierte. Mit der klassischen Ausrede, da es noch zu viele Teufel unter uns gibt. 😈✔

Markus Michaelis | So., 27. Oktober 2024 - 15:19

Es gibt sicher verschiedene linke Ausrichtungen. Die heutige Linke steht glaube ich für den verbreiteten Typ der "universellen Linken", die explizit für die Menschheit und alle Menschen antritt - für eine umfassende Gerechtigkeit und andere höchste und universelle Werte.

Das ist ein prinzipielles Problem, weil es real keine globale Einigkeit über höchste Werte und Gerechtigkeit gibt. Das Kämpfen für höchste Werte und alle Menschen erlaubt einerseits kaum Kompromisse, bei so einem hohen Ziel. Andererseits scheitert es in der Praxis daran, dass die Werte eben nicht so klar sind - die Menschen haben sehr verschiedene Vorstellungen. Alle solchen Gegensätze als ein Problem mit Rechts und dem Kapital aufzulösen, scheitert an der Realität. Jenseits dessen gehen dann schnell die Konzepte aus.

Reale Politik ist nie nur *für* die Menschen - sie ist immer auch *gegen* andere Menschen. Unsere Politik ist ohnehin nicht gut, damit offen umzugehen, aber das Probem der Linken ist nochmal größer.

Karl-Heinz Weiß | So., 27. Oktober 2024 - 15:41

Die Geschichte der LINKEN ist eng verknüpft mit den politischen Ambitionen Oskar Lafontains. Erst kaperte er im Handstreich die SPD, dann die LINKE. Und die Krönungsmesse inszeniert er nach dem Trennungstheater mit seiner Gattin Sahra Wagenknecht: die CDU wird zur Audienz zitiert. Chapeau, der politisch agierende Napoleon hätte das Handwerk nicht besser verstanden.

Ingofrank | So., 27. Oktober 2024 - 16:18

zur Rettung der Linken ….
Die Linke war immer eine Ostalgie - Partei der Alt- SED Kader.
Mit dem Zusammenschluss der gescheiterten SPD Abspaltungspartei unter
Lafontaine, kam dann der Einfluss der Hardliner der Alt SPDler und derer kommunistischen Brüdern & Schwestern als Sammelbecken für die Linke, die dann die letzten Millionen aus dem SED Erbe verprassten.
Außerdem ist eine Konkurrenzpartei lange vor den Linken in der Bonner Republik entstanden die neben Anti Atomkraft eben auch ihre feuchten Träume von Verstaatlichung und Staats(Plan-) Wirtschaft = Sozialismus in ihre Parteiprogramme meißelten und die bis heute,
leider, immer noch zur Buntländischen Parteienlandschaft gehören. Was diese Sekte, beim zweiten Mal an der Macht, aus diesem Land gemacht hat, kann man täglich beim Einkauf od. beim bezahlen von Energie erleben.
Die linke Ideologie wird nicht aussterben aber zur Bedeutungslosigkeit schrumpfen. Da hilft auch keine Aktion Silberlocke ….
Mit freundl. Gruß aus der Erf. Rep.

Rainer Dellinger | So., 27. Oktober 2024 - 16:33

Tja, wen wundert's, wenn die Linke an Bedeutung verliert. Ich habe den Eindruck, das die üppige ideologische und materielle Unterstützung der DDR fehlt. Schließlich war ja reichlich Personal aus dem Westen in der DDR zu Gast, um die Marschrichtungszahl für die Zukunft zu bekommen. Ein Beispiel der ideologischen Unterstützung der Linken aus der DDR war ja der Verlag Pahl-Rugenstein (im Volksmund Pahl-Rubelschein), der dann 1989 in Konkurs ging.

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