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Christian Wulff in Saudi-Arabien - Der falsche Aushilfs-Trauergast

Welcher Islam gehört zu Deutschland? Christian Wulff hätte es wissen müssen. Stattdessen absolvierte er einen peinlichen Auftritt ausgerechnet in Saudi-Arabien

Alexander Marguier

Autoreninfo

Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Vielleicht sollten die Unionsparteien erst einmal eine Islamkonferenz in eigener Sache einberufen. Dort könnten sie dann ganz unter sich nicht einfach nur klären, ob der Islam zu Deutschland gehört (Merkel, Wulff) oder vielleicht doch nicht so richtig zu Deutschland gehört (Kauder, Bosbach und viele andere) und was es für Sachsen im Speziellen bedeutet, wenn der Islam nach Meinung des örtlichen Ministerpräsidenten nicht zum Freistaat gehört, Sachsen aber wiederum mindestens so sehr zu Deutschland gehört wie der Islam (also aus Sicht der Bundeskanzlerin).

Sondern die Damen und Herren von CDU und CSU könnten bei dieser Gelegenheit endlich auch einmal ein bisschen näher definieren, was unter dem ominösen „Gehört zu“ im Hinblick auf den Islam eigentlich zu verstehen ist. Das wäre schon mal ein echter Fortschritt, weil dann anstatt des situativen Hinausblökens populistischer Parolen zumindest so etwas wie eine Diskussionsgrundlage geschaffen wäre. Wobei ich inzwischen nicht mehr ausschließen möchte, dass die Union eine solche Debatte überhaupt nicht will, weil sie sich ihr nicht gewachsen fühlt.

Grassierende „Gehört-zu“-Huberei

 

Dabei ist es ganz so schwierig eigentlich nicht. In Deutschland leben heute nicht nur viele Muslime, viele von ihnen sind auch Deutsche. Schon diese einfache Tatsache stellt unmissverständlich klar, dass der Islam zu Deutschland „gehört“. Wer sie in Zweifel zieht, müsste konsequenterweise alle nichtdeutschen Muslime unverzüglich außer Landes weisen und alle anderen einer Zwangskonversion unterziehen. Die Absurdität dieser Vorstellung spricht für sich. Übrigens „gehört“ nach dieser rein deskriptiven Lesart natürlich auch der Salafismus zu Deutschland – zumindest, solange es hierzulande Salafisten gibt. Es gehört eben so einiges zur Bundesrepublik, was vielen nicht passt. Das haben große und moderne Gemeinwesen aber so an sich.

Den Ausgangspunkt für die inzwischen grassierende „Gehört-zu“-Huberei markierte ja bekanntlich der frühere Bundespräsident Christian Wulff, als er seinen berühmten Satz bei einer Rede zur Deutschen Einheit im Oktober 2010 erstmals aussprach. Darauf ist er heute noch mächtig stolz, obwohl die Terminologie schon damals ziemlich in die Irre führte. Er hätte ja auch einfach sagen können, dass alle Muslime, die im Einklang mit unserer Rechtsordnung bei uns leben, unsere gerngesehenen Mitbürger sind. Aber das hätte wahrscheinlich nicht staatstragend genug geklungen. Stattdessen also das apodiktische „der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland“ – eine Sentenz, die viel zu große Interpretationsspielräume lässt, um auf Dauer befriedend zu wirken. Denn tatsächlich enthält sie nicht nur eine deskriptive, sondern auch eine konstitutive Ebene.

Christian Wulff adelte den Mittelalter-Islam


Christian Wulff aber hat seither keine allzu großen Anstrengungen unternommen, einen Erläuterungskatalog hinterherzuschicken. Und nicht nur das: Die Union ist auch noch so dumm, diesen Satz jetzt entweder wortgleich wieder hervorzukehren oder aber ausdrücklich zu negieren. Manchmal muss man sich wirklich fragen, ob eigentlich der Verstand zur CDU gehört.

[[{"fid":"64669","view_mode":"copyright","type":"media","attributes":{"height":253,"width":345,"style":"margin: 7px 3px; float: left; width: 280px; height: 205px;","class":"media-element file-copyright"}}]]Die eigentliche Pointe allerdings ereignete sich dieser Tage in Saudi-Arabien – jenem Königreich also, das wie kein anderes für die menschenrechtsverachtende, intolerante, brutale, zynische, terrorexportierende Form einer islamischen Staatsreligion steht. Kein anderer als Christian Wulff höchstpersönlich war es, der dort den kondolierenden Grüßaugust aus Deutschland gab, weil Angela Merkel und Joachim Gauck sich aus naheliegenden Gründen unpässlich fühlten. Nein, niemand hatte Wulff dazu gezwungen, der Trauerfeier für den saudischen König Abdullah beizuwohnen. Dass er sich dennoch nicht lange von der Kanzlerin bitten ließ und dort aufkreuzte – und damit einem Islam seine Reverenz erwies, wie er Deutschland wirklich erspart bleiben möge –, zeigt nicht nur den Geltungsdrang dieses ehemaligen Staatsoberhaupts.

Christian Wulffs peinliche Mission als Aushilfstrauergast macht vor allem deutlich, wie wenig ihm offenbar seine eigene Ansprache wert ist. Anstatt sich dem rückständigen Mittelalter-Islam saudischer Prägung anheischig zu machen, hätte er ja auch ein Zeichen setzen können, welcher Islam seiner Ansicht nach zu Deutschland gehört. Und welcher eben nicht. Diese Chance hat er ohne Not vertan. Gut, dass Christian Wulff nicht mehr Bundespräsident ist. Er war diesem Amt offenbar wirklich nicht gewachsen.

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