Was plant Trump für seine zweite Amtszeit? / laif

Nach Wahlsieg von Donald Trump - „Wir befinden uns jetzt in einer postliberalen Ära“

Patrick J. Deneen gilt als intellektueller Vordenker des künftigen US-Vizepräsidenten JD Vance. Im Interview spricht der amerikanische Politikwissenschaftler über die Selbstgerechtigkeit der liberalen Elite und die zweite Amtszeit Trumps.

Autoreninfo

Clemens Traub ist Buchautor und Cicero-Volontär. Zuletzt erschien sein Buch „Future for Fridays?“ im Quadriga-Verlag.

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Der 1964 geborene Politikwissenschaftler Patrick J. Deneen lehrte an der Princeton University und an der Georgetown University. 2012 wurde er als Professor an die katholische University of Notre Dame berufen. Seine Bücher „Why Liberalism Failed“ (2018) und „Regime Change: Toward a Postliberal Future“ (2023) wurden zu Bestsellern. Seine Bücher sind bereits von Barack Obama empfohlen worden. Deneen tritt für einen katholischen Kommunitarismus ein.

Herr Deneen, schon nach Donald Trumps erstem Wahlsieg 2016 führten Intellektuelle wie Francis Fukuyama oder Mark Lilla den Erfolg der Republikaner auf die kulturelle Abgehobenheit des urbanen Milieus zurück. Nun hat Trump erneut das Rennen um die Präsidentschaft gewonnen. Hat das progressive Milieu daraus nichts gelernt?

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Peter William | Fr., 22. November 2024 - 19:36

Die "Fortschrittskoalition" ist ja nun praktisch Geschichte. Was in den letzten Jahren wohl am meisten fehlte war die Beantwortung der Frage, oder die Frage ansich, was sind denn unsere Werte und welchen Fortschritt wollen wir? Und wer zur Hölle ist eigentlich wir? Technischer Fortschritt ist sicherlich wünschenswert, gerade was Energieeffizienz anbelangt. Ist ein Fortschritt der zu Massenarbeitslosigkeit oder Bullshitjobs führt wünschenswert? Ist ein sozialer Fortschritt der zu "Flat-Earthlern" und 72 behaupteten Geschlechtern führt ersterbenswert?

Den Meinungsliberalismus zu erhalten ist definitv erstrebenswert, denn nur gegen das was wir kennen kann argumentiert werden, Meinungen zu verbieten bringt Nichts.

Stefan Jarzombek | Sa., 23. November 2024 - 05:24

Antwort auf von Peter William

Wenn ein Volk in Dritter Generation noch über eine Bringschuld diskutiert und das auch noch zur Staatsdoktrin macht, dem ist wahrscheinlich nicht mehr zu helfen.
Wer auch immer in der Welt regiert, macht sich diese Bringschuld zu nutze und verhindert dadurch die Auferstehung eines Volkes,das soviel mehr ist als Adolf Hitler und dessen Theorien und Taten.
Ob an Russland oder Amerika gebunden ist Freiheit in meiner Betrachtung nach doch etwas gänzlich anderes.
Entweder nämlich ist man frei oder Lakai.
Das ganze freie Denken und alles was daraus resultiert ist in einem Käfig der Abhängigkeit von den der USA eingesperrt.
Deshalb wäre es wichtig nach mehr als einem halben Jahrhundert der "Befreiung" endlich einmal wieder zurück zu alten/neuen Werten zu finden,die unabhängig und neutral zu jeglichem Weltgeschehen sind.

christoph ernst | Fr., 22. November 2024 - 19:48

Ein Verständnisproblem allerdings entsteht dadurch, dass ein 'Liberaler' in den USA etwas völlig anderes bedeutet als bei uns, und einen Linken oder sogar Linksradiken beschreibt. Wenn da also ständig die Rede von Liberalen ist, sind eher postmoderne, identiitätspolitisch gestählte Linke gemeint. Entsprechend muss man vermutlich den Buchtitel verstehn - wobei ich das Buch nicht kenne.
Im Übrigen teile ich Deneens Einschätzung, dass die Demokratie in Europa deutlich mehr durch Brüssel als ein von Trump geleitetes Washington gefährdet sein dürfte.

... unterschiedlich gedeutet und verwendet werden, dann entstehen nur Missverständnisse.
Wenn man die Freiheit des Wortes als Hassrede definiert und die eigene Hassrede nicht erkennt oder wahrnimmt, dann kann es keine Verständigung mehr geben.
Der rotgrüne Komplex der sprachlichen Vergewaltigung muß erst vollständig abgerissen werden, bevor die Menschen wieder frei und unmissverständlich kommunizieren können.

für die Erleuterung. War nämlich etwas überrascht. Jetzt ist alles klar 😀

A Otto | Fr., 22. November 2024 - 19:51

und zutreffende Diskussion des linken Liberalismus, der im Grunde aber das Gegenteil von Liberalismus ist weil er den Menschen vorschreibt was sie zu denken, wie sie zu sprechen und wie sie zu leben haben. Also quasi eine Ersatzreligion, ,die es in einer aufgeklärten kritischen Gesellschaft nicht geben sollte. Ob aber ein katholizistisches zurück an den Herd darauf die Antwort ist darf bezweifelt werden. Die Orientierungslosigkeit heute zeigt sich auch daran, daß in den vergangenen Jahrzehnten in den USA oft nicht der stärkere Kandidat sondern der weniger gehasste zum Präsidenten gewählt wurde. Auch eine Lehre daraus: Niemand sollte glauben, daß es mit einem Kanzler Merz deutlich besser wird denn für notwendige Änderungen fehlt ihm der Wille und die Mehrheit.

Wolfgang Z. Keller | Fr., 22. November 2024 - 20:23

Antwort auf von A Otto

Und was das Katholischwerden angeht, hab´ auch ich große Zweifel.
Sehr nachdenklich macht aber mich der Abschnitt: "Ab den späten 1960er Jahren begann die Demokratische Partei einen Wandel von ihren Wurzeln als „Jeffersonianische“ Arbeiterpartei hin zu einer Partei einer hochgebildeten Berufsklasse, die versuchte, unterdrückte Minderheitengruppen zu vertreten und zu fördern. Anfänglich (beginnend mit der Präsidentschaft Kennedys und Johnsons) waren dies vor allem Afroamerikaner, doch mit der Zeit kamen auch Feministen, Homosexuelle, eine wachsende Zahl ethnischer und religiöser Minderheiten (z.B. Hispanics und Muslime) und in jüngster Zeit auch Menschen mit Transgender- und „nicht-binären“ sexuellen Identitäten hinzu. Man braucht sich nur die jüngste bunte „Regenbogenflagge“ anzusehen, um eine Vorstellung von all den „Identitäten“ zu bekommen, die zu dieser Koalition gehören."
Wird da nicht genau die eitle Hybris Intellektueller bei SPD, Grünen und Linken in D ab den 80ern beschrieben?

A Otto | Fr., 22. November 2024 - 22:42

daß diese Entwicklung sich schleichend seit den 80er Jahren immer weiter in den westlichen Ländern verstärkt hat. Zunächst mit einfachen, durchaus verständlichen und mehrheitsfähigen Themen wie Rauchverboten und Gleichstellung von Frauen. Ich lebe seit den 90er Jahren in den USA und hier wurden diese Themen nach den Reagan Jahren schon mit einer religiösen Hybris verfolgt als wenn es keine anderen Probleme gäbe. Dann kamen Klimawandel und identitäre Themen dazu. Generell ist wohl jeder für Fairness und sieht Klimawandel kritisch. Aber wenn dies ausschließlich und mit einer religiösen Irrationalität zum Zentrum des Weltbilds erhoben wird macht der größte Teil der Menschen mit ganz anderen Problemen nicht mehr mit. Wir werden sehen wieviel Einfluß Trump darauf hat aber es ist schwer zu sehen wie Deutschland und Europa zu einer neuen Rationalität findet.

Christoph Kuhlmann | Sa., 23. November 2024 - 07:06

Auf dem Weg zu einem autonomen Europa, welches sich sowohl konventionell als nuklear selbst verteidigen kann. Wenn in russischen Medien permanent darüber Diskutiert wird mit welchen Atomwaffen man England, Deutschland oder Frankreich am besten auslöscht wird es Zeit konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Er hat als erster Präsident seit Jahrzehnte etwas gegen das chronische Handelsdefizit der USA getan. Biden hat diese Politik fortgesetzt. Wir werden sehen welche Politik er gegen Russland betreibt. Ich glaube Merz ist kein rotes Tuch für Alt- und Neokonservative wie Merkel. Wenn man vernünftig miteinander spricht und beide Seiten wissen, dass ohne florierende Wirtschaft alles andere nichts ist, wird man sich einigen können. Die USA sind in den neuen Technologien breit aufgestellt und Deutschland in den alten. Beides braucht man für Vollbeschäftigung und Einkommen von denen eine Familie leben kann.

Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 23. November 2024 - 09:30

dass sich die USA freiwillig aus der ihnen durch den 2. Weltkrieg zukommenden weltweiten politischen Bedeutung und militärischen Macht zurückziehen werden.
Dabei hat der US-amerikanische "Unilateralismus" eine wirklich gute und friedliche weltumfassende Basis geschaffen, the american way of life, dessen unglaublicher Vielfalt und Produktivität sich auch Europa nicht entziehen konnte.
Wie sagte der Kabarettist Wolfgang Neuss so richtig, die USA hatten den Krieg gewonnen, als man ihre Musik hörte.
Ich kann wohl sagen, dass ich sehr stark mit US-amerikanischer Kultur aufgewachsen bin, vor allem der Filmkultur.
Das Interview ist sehr informativ, inhaltlich aber evtl. selbst den Mächtigen/Konservativen in den USA zu einengend?
Ich empfehle dringend, in der Zeit mitzuwachsen, als zu stark zu kanalisieren.
Es scheint mir, dass ein "Rückzug" Gottes aus der Geschichte, den evtl. die Apotheose Washingtons darstellt, nicht unproblematisch ist und kommuniziert werden, besser ERHELLT werden muss.

mache ich ihn gerne aufmerksam auf Filmproduktionen, auf die kommende Regierende, ob Demokraten oder Republikaner, wenn schon keine Antworten, aber wenigstens Augen und Ohren haben sollten.
Folge gerade der Serie "Grotesquerie" auf Disney+ und erinnere z.B. die Serie "American Gods" .
Sicher, es ist wichtig, ein guter Analyst auf den Finanzmärkten zu sein, kann Herr Deneen in diesen Produktionen etwas erkennen?
Sie sind erschreckend gut gemacht, vielleicht passt auch die Serie "Hellbounds", Netflix, dazu und viele mehr.
In der 4. Folge von "Grotesquerie" hat mich eine musikalische Szene heile durch die Situation gebracht, die beiden Protagonistinnen singen laut das Lied der Maria Magdalena aus dem Musical "Jesus Christ. Superstar", "I don´t know how to love him".
Ich habe es sofort erkannt, obwohl ich es zuerst und zuletzt vor über 50 Jahren in einem Londoner Theater sah.
Das Musical scheint noch relevant, damit (die Katholische und andere) Kirche/n aus ihren Dystopien findet/n?

Erich Becker | Sa., 23. November 2024 - 09:57

Ja, erstmal herzlichen Dank für dieses großartige Interview. Es hat mich persönlich bereichert - und meinen Horizont erweitert! Mir ist klarer geworden, „Warum der Liberalismus gescheitert ist“ :
- weil Menschen soziale Wesen sind und neben der Freiheit auch Werte und Gemeinschaft brauchen;
- weil eine elitäre Ideologie die überwiegende Mehrheit der Menschen in ihren sozialen Nöten und ihrer Friedenssehnsucht ignoriert;
- weil diese elitäre Ideologie als das einzige Wahre und moralisch überlegene zu verkauft und keinen Raum lässt für Widerspruch;
der dann als "rechtsradikal" oder "Verschwörungstheorie" gelabelt wird!
Summa summarum: Auch verstehe ich den Wahlsieg Trumps jetzt besser: seine offensichtlichen charakterlichen Schwächen wurden durch die Ignoranz der woken Liberalen mehr als kompensiert.

Claudia Martin | Sa., 23. November 2024 - 10:29

das politische Gegengewicht. Durch die negativen Veränderungen der Partei hat der linke Populismus obsiegt. Den antifaschistischen Schutzwall bzw. Brandmauer hat man auch schon errichtet. Eine positive Entwicklung wie in den USA sehe ich für Deutschland nicht. Der nächste Mauerfall wird zu spät kommen.

Walter Bühler | Sa., 23. November 2024 - 10:37

Eine neue Sichtweise, formuliert mit alten Begriffen. Das ist für mich etwas verwirrend, aber ich habe aus dem (wirklich gut geführten Interview!) den Eindruck gewonnen, dass Herr Deneen ein kluger Kopf sein könnte.

Vielen Dank, Herr Traub.
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"Linksgrüne" , "queer-woke" Ideologie als "Liberalismus" zu bezeichnen, das fällt mir einfach schwer.
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Herr Otto hat absolut Recht: "Es ist schwer zu sehen wie Deutschland und Europa zu einer neuen Rationalität findet."

Denn anders als in den USA haben sich die Funktionäre der ehemals großen politischen Parteien sich trotz theatralischer Unterschiede in Wahrheit miteinander ununterscheidbar verklumpt, und zwar mit Hilfe der Brandmauer, die formal durch Antifaschismus legitimiert wird.

Karl-Heinz Weiß | Sa., 23. November 2024 - 12:57

Da J.D.Vance erst vor einigen Jahren zum Katholizismus konvertierte, bleibt die weitere Entwicklung bei diesem Thema spannend. Bei den einzigen katholischen US-Präsidenten (Kennedy, Biden) kann ich als Außenstehender keine Spuren religiöser Grundüberzeugungen (zB Katholische Soziallehre) erkennen. Auch das Weltbild von JDV ist nicht unbedingt mit dem des aktuellen Papstes kompatibel.
Wesentlich bedeutsamer für die US-Gesellschaft ist der Umstand, dass sowohl die Familie Obama als auch Kamala Harris mit ihrer abgehobenen Attitüde ihren "einfachen" Landsleuten einen Bärendienst erwiesen haben. Die deutschen GRÜNEN mit ihrem KKK (Küchentisch-Kanzler-Kandidaten) befinden sich auf dem identischen Holzweg.

Heidrun Schuppan | Sa., 23. November 2024 - 13:09

wenn es eine Mietpreisbremse gibt. Kommunismus, Danke auch an M. Josef (OB, SPD Frankfurt) für den neuen Mietspiegel. Während Trump einen Minister ernennt, der sich um bezahlbare Wohnungen kümmern soll. Wenn das die Einschränkung von Liberalismus sein soll, dann mögen diese Einschränungen auch hier Fuß fassen – stattdessen werden Mieterhöhungen bis an die obere Grenze ausgereizt, um die Rendite zu erhöhen. Für die Finanzierung des Hochkarätigen für die Gattin zu Weihnachten ist das natürlich verständlich.

Markus Michaelis | So., 24. November 2024 - 01:03

Auch Deneen kann natürlich nicht in die Zukunft blicken und selbstverständlich gibt es einige mehr Aspekte. Aber seine Standpunkte scheinen mir es Wert, dazu Stellung zu beziehen. Lange waren glaube ich die Konservativen/Rechten zu satt und kritische, interessante Gedanken kamen eher von links. Seit einiger Zeit kommt es mir eher anders herum vor: von Links hört man irgendwas mit "Demokratie, Menschenrechte und für alle Menschen", was aber offensichtlich entweder schön und gut ist, nur weit weg von den realen Problemen, weil es "Trivialitäten" berschreibt, über die sich ohnehin alle einig sind. Oder es scheint weltfremdes Wunschdenken, sobald es auf reale Probleme angewendet wird. Aber mehr kommt oft nicht - mehr Tiefe ist da oft nicht. Das scheint mir für die Welt, wie sie heute ist, zu wenig.

Deneen mag nicht in allem recht haben, aber es sind interessante Gedanken, über die man offen diskutieren sollte.