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Fraktionsvorsitzender Christian Lindner gibt eine Pressekonferenz Foto: Kay Nietfeld/dpa

Freie Demokraten - Mindestens ein Zwischenhoch

Die FDP steht momentan günstig. Doch ist ihre programmatische Profilierung auf der Wette aufgebaut, dass sich unmittelbar vor der Wahl die Debatten im Land vornehmlich um eine sich verschlechternde wirtschaftliche Situation drehen werden. Ob das allerdings eintreten wird, bleibt abzuwarten.

Autoreninfo

Michael Freckmann studierte Politikwissenschaft in Göttingen und York (UK). Er beschäftigt sich journalistisch und wissenschaftlich mit Parteien im Wandel sowie mit politischen Wahlen.

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Jenseits aktueller Diskussionen um die Frage, wer ins Kanzleramt einziehen wird, steigt die FDP in Umfragen in neue Höhen auf. Doch ihre Erfolgsrezepte sind altbekannt und ihre Aussichten fragiler, als sie auf den ersten Blick erscheinen.

Noch im Herbst vergangenen Jahres bewegten sich die Liberalen in Umfragen bei etwa fünf Prozent. Sie haderten mit ihrer Rolle in der Corona-Krise, mussten polarisieren, um Aufmerksamkeit zu gewinnen. Am Beginn dieses Jahres, pünktlich zur Bundestagswahl, sieht die Lage ganz anders aus. Die Partei steht bei 13 Prozent und hat sogar im für sie unsicheren Sachsen-Anhalt ein gutes Ergebnis errungen.

Im Sinne vieler Wirtschaftsbürger

Die FDP profitiert von einem ganzen Bündel an Faktoren. Im ihr angestammten Klientel der Unternehmer fürchten manche durch die Lockdown-Maßnahmen um ihre Existenz. Die FDP versucht an diese Erwartungen anzuknüpfen. Zusätzlich geriert sie sich, wie auch bei der letzten Bundestagswahl, als Alternative zur ausgelaugt erscheinenden Großen Koalition. Dies ist auch im Sinne vieler Wirtschaftsbürger, die auch ohne Corona kritisch eingestellt sind gegenüber wohlfahrtsstaatlichen Ansätzen der SPD und einem mittlerweile schwachen ökonomischen Flügel der Union.

In der Klimadebatte spielt die FDP eine Rolle, die sie bereits in der Flüchtlingskrise eingenommen hat: bürgerliches Korrektiv zwischen den Polen von AfD und Grünen. Damals forcierte sie eine kritische Haltung zu Merkels Migrationspolitik, ohne jedoch an den Rand des demokratischen Spektrums zu geraten. In aktuellen Auseinandersetzungen um ökologische Fragen ist die FDP offen für neue Technologien, will den Verbrennungsmotor aber vorerst nicht verbieten. Sie verlagert das Lösen von Problemen in Expertenhände und baut auf zukünftige Innovationen. Dies bietet modern-progressiven Liberalen gleicherweise wie besitzstandswahrenden Gruppen die Möglichkeit, sich hinter der FDP zu versammeln. Vor allem ihr Kontrast zu den Grünen bietet der FDP die Möglichkeit, ein Sammelbecken zu sein für enttäuschte, weltoffene, aber nicht allzu veränderungseuphorische, bürgerliche Wähler.

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helmut armbruster | Mi., 9. Juni 2021 - 08:05

positiv ausgedrückt hat er etwas Spitzbübisches an sich.
Negativ ausgedrückt etwas Lauerndes, Berechnendes.
Eine Überzeugung, die von innen kommt scheint nicht vorhanden zu sein.
Im Zweifel wird er nur das tun, was ihm anscheinend zum Vorteil gereicht.

Ich möchte allerdings hinzufügen, daß es ihm nicht nur um sich selbst, sondern auch um die FDP als solche geht, sonst hätte er bei den letzten Koalitionsverhandlungen nicht die Sache platzen lassen. Dies hat der gesamten Partei nämlich langfristig genutzt.
Andererseits: In Lindners FDP sind die allermeisten Protagonisten ähnliche Egozentriker wie er. Prinzipiell geht es ihnen um ihr eigenes, in jeder Hinsicht gutes, einträgliches Abschneiden. Diese Partei hat keine Charakterköpfe mehr, die für irgendeine Kernüberzeugung - im Kontrast etwa zur heutigen CDU - stehen. Nicht einmal Freiheitsrechte u. Gesetzestreue werden von der FDP noch wirklich hochgehalten; denn - im Gegensatz zu ihren vollmundigen Ankündigungen - hat die FDP die meisten Klagen vor dem BGH unterlassen, die gegen Merkels gesetzeswidrige Maßnahmen (z. B. kein Schutz der Außengrenzen) dringend erforderlich waren.
Auch in Untersuchungsausschüssen: Keine klare Kante!
Nein, die FDP ist durch und durch opportunistisch!

Dabei fing es doch gut an, wo er den Blockparteien eine Abfuhr erteilte. Aber dann, keine klare Positionierung. Vor allem mehr wie enttäuscht bei der Verteidigung unserer Rechte, der Demokratie überhaupt. Nur laue Lüftchen der Argumente & Stellungnahmen der FDP. Hier könnte & müsste die FDP als sogenannte liberale Partei ganze Bücher füllen. Aber wenn es darum geht, bei bestimmten Inhalten der AFD Recht zu geben - NICHTS - als wenn sie bestochen wären. Dabei könnten Sie einen oben drauf legen & mit Tatendrang & Visionen die Rolle der SDP inklusiv Marktanteil einnehmen. Aber ehe die aus dem Puschen kommen, hat Frau Merkel mit ihren Stellwärtern bereits die FDP-Zentrale unterwandert. Ja, eigentlich war die FDP selbst zu Zeiten des DF hören (DDR-Zeit) immer eine wankelmütige Partei. Für mich einzige Ausnahme als Lichtgestalt Genscher & danach Kinkel. Mein Herz schmerzt, ja früher....
Heutzutage sind die allermeisten nur noch Lobbyisten der Machtkonzentration,egal welche Branche & Etage?

besteht in Deutschland nun wirklich kein Mangel, diesbezüglich besteht vielmehr eine reichhaltige Auswahl und gibt es für ausnahmlos jeden politischen Gusto ein einschlägiges Angebot. Und dass das eigene Hemd nicht nur Berufspolitikern im Zweifelsfall letztlich näher ist als die Kutte Dritter, ist so ungewöhnlich auch wieder nicht, sondern die Regel. Im Übrigen besteht die FDP meines Wissens nicht nur aus Lindner, der anders als Laschet (CDU), Baerbock (Grüne) und Scholz (SPD) meines Wissens auch nicht auf das Kanzleramt aspiriert, sondern auf eine Regierungsbeteiligung der Liberalen hinarbeitet, soweit der FDP dabei nicht bloss die Rolle der Mehrheitsbeschafferin für die offiziell nicht links-grüne politische Konkurrenz zugedacht ist, die unbedingt auch die nächste Koalitionsregierung präsidieren will, beinahe schon egal, was das an politischen Abstrichen an ihrem bis heute nicht existenten offiziellen Wahlprogramm bedingt.

Peter Sommerhalder | Mi., 9. Juni 2021 - 08:43

aber leider nicht mehr.

aber wirklich nur ein Zwischenhoch, weil Lindner, dieser "Vollpfosten" es nicht schafft/den Mut hat, diese momentane Lage auszunutzen...

Eine bessere Gelegenheit gibt es nie mehr, liebe FDP...

Ingofrank | Mi., 9. Juni 2021 - 08:48

Oder anders gefragt, mit wem kann die FDP?
Koalitionen von vorn herein auszuschließen, gilt ja heute als undemokratisch. Die Ausnahme, bezogen auf die AfD, sollen andere beurteilen.
Und das ist der Punkt, dass durch das Erscheinen der AfD ,Koalitionen geschlossen werden, die Lagerübergreifend sind. Das wiederum hat zur Folge, einen schwarz, rot, grünen, dunkelroten, leicht gelb eingefärbten Einheitsbrei den der Wähler bekommt. Anders formuliert, die Parteienlandschaft ist Gesichtslos. Kein Wähler versteht für was, für welche Politik ,die jeweilige Partei steht.
Wen oder was soll ich denn wählen, wenn ich die Grünen mit ihrer Verbotspolitik ablehne? (ich selbst lebe viel grüner als 99% d. Livestyle Grünen)
Die CDU ? ( jahrelang gewählt!) die FDP? Kann ich sicher sein das beide Parteien nicht mit den Grünen koalieren? Nein.
Einen Ochsen kann ich nicht mit einem Esel kreuzen. Bin ich mit dieser Erkenntnis kein Demokrat?

Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Alles was Sie schreiben Herr Ingofrank ist auch meine Sicht der Dinge. Was die FDP wirklich drauf hat werden wir merken, sollte es der CDU gelingen endlich mall ein Wahlprogramm zu machen. Verschiedentlich war zu lesen, es solle bis Ende Juni 21 vorliegen. Die FDP lebt derzeit durch die Schwäche der CDU und aufgrund der Angstmacherei vor der AFD. Außer keine Steuererhöhungen höre ich von denen eigentlich keine konkreten Kernaussagen. Die sind wie ein Forist oben schrieb eben in Lauerstellung. Wie die Wahlen in S-A uns alle gelehrt haben und mich besonders, sind die Umfragewerte nur geeignet, in die Tonne gekloppt zu werden. Nach meiner Überzeugung fehlt es der FDP an Mut, auch Themen durch die AFD besetzt zu übernehmen, man will ja nicht "räächts" sein. Wie bei den GRÜNEN auch, ist der derzeitige Hype nur eine Momentaufnahme, medial gesteuert.

Man erinnere sich: Kemmerich, ein Ministerpräsident von Gnaden des AfD-Rechtsauslegers Hoecke.

Das zeigt uns: Die FDP ist so opportunistisch wie immer. Daran ändert auch der ewige Sonnyboy Lindner nichts, oder ein Kubicki, der wie eine sprechende Bild-Zeitung auftritt.

Verweigerte sie sich noch einer Regierung im Bund - wohl aus Furcht vor der programmatischen Überlegenheit anderer Parteien - war sie sich nicht zu schade, aus Machthunger der Demokratie als Ganzes Schaden zuzufügen.

Sollte die FDP daraus gelernt haben - warum sie wählen? Bei den Corona-Maßnahmen zeigt sie sich halbherzig: Tests, ja, gerne, überall, aber bloß nicht den Unternehmen zumuten!

Selbstverständlich: Steuern nicht erhöhen, nach Möglichkeit senken - ein uralter, abgetragener Hut. Klimaschutz, ja gerne, aber über den Markt!

Überhaupt: Der Markt macht uns alle glücklich!

Den Staat, Sozialleistungen eingeschlossen, beschneiden!

Jeder ist sich selbst der Nächste - Exzessiver Egoismus, Freiheit Marke FDP.

Kemmerich ist von der FDP, der CDU u n d von der AfD als MP Thüringens gewählt.
Das H. Rammelow o h n e eigene Mehrheit sich zur Wahl stellte, steht auf einem weiteren Blatt. Das die BK* in forderte, diese Wahl eines FDP MP rückgängig zu zu machen und dies auch befolgt wurde, ist Demokratie neuer Lesart. Mit Vorsicht formuliert!
Auch sollte man sich an die Liste der Kämmerich -Gratulanten erinnern: H. Hirte CDU dem es das Amt des Ostbeauftragten kostete. Alle weiteren Gratulanten sind alle noch in Amt und Würden: H. Kubicki FDP, Fr. D. Bär CSU, H. T. Kuban CDU u.a.
Ich werte es nicht, aber es gehört einfach dazu!

Und dazu noch die letzten Umfragewerte zu LTW. Th. :
Linke: 29,7; AfD: 23; CDU: 20, SPD: 9,3; Grüne: 7 und FDP: 6% v. 18.03.21
Das sind schlicht und einfach die Fakten und keine verdrehten
„Halbwahrheiten“.

Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Christoph Kuhlmann | Mi., 9. Juni 2021 - 09:00

Jahren Koalition in NRW eigentlich ganz gut sein. Ich würde eine schwarz-gelbe Koalition nicht ganz ausschließen, falls die Bürger auch bei der Bundestagswahl auf Nimmer sicher gehen wollen. Falls im Herbst die Pleitewelle rollt dürften höhere CO2 Preise und ähnliches kein Hit im Wahlkampf sein.

Zwar wohne ich in NRW, aber was politisch läuft hat mich weniger interessiert. Also habe ich jetzt versucht zu erfahren was von CDU und FDP gemacht wurde. Sehr schwer! Bsw gibt es den Kohleausstieg. Doch was ist damit gemeint? Im Grunde gibt es nur einige Pflöcke, die auch überall genannt werden: 14 Mrd, Abschalttermine für Braunkohlekraftwerke, Hambacher Forst bleibt und letztes Kraftwerk wird im Jahr X abgeschaltet. Das wars. Mehr scheint da nicht zu sein. Vielleicht verstehe ich das nicht, aber das Abschalten von Kraftwerken ist doch keine Lösung. Woher kommt dann der Strom? Wer kümmert sich um diese Frage? Die Stromanbieter? Funktioniert so Politik, oder ist das nur bei CDU und FDP so? Oder bei der Modernisierung der Wirtschaft, wird hier und da mit einigen Millionen gefördert. Schätze wo das Geld hingeht unterscheidet CDU und FDP von SPD und Grünen. Aber das ist doch keine Wirtschaftspolitik. Was erklärt warum auch nichts dabei rum kommt. Bsw bei der Digitalisierung, Null Effekt.

Urban Will | Mi., 9. Juni 2021 - 09:14

Aber wenn die Union nicht vom Merkel – Irrsinn ablässt und Grün weiter Volk und Wirtschaft mit dem immer mehr ins Hysterische abdriftenden Klima – Wahn zu traktieren gedenkt, dann kann dieses Feuer noch lange brennen.
Zumal man davon ausgehen kann, dass der Mainstream den Blauen auf absehbare Zeit nicht den Hauch einer Chance lässt, mitzuspielen. Und genau dies hilft den Gelben.
Das ist aber das Dilemma. Blau wird bleiben, so lange die Normalität in der deutschen Politik eine Nebenrolle spielt. Das war bei d Themen Migration, Corona, EU der Fall und nun schwebt mit dem Klima eine Keule über uns, deren Schlagkraft noch gar nicht einschätzbar ist.
Nur Blau lehnt es ab, von D aus die Welt retten zu wollen und sie haben Recht. Was immer D macht, das Weltklima – und um nichts anderes geht es – wird hierdurch nicht beeinflusst. Ebenso ist auszuschließen, dass wir eine „Vorreiterrolle“ annehmen. Ich denke eher, die Welt lacht schon längst über uns.
Die Gelben müssen weiterh. gut taktieren...

Stefan Forbrig | Mi., 9. Juni 2021 - 23:41

..das ist Unsinn. Die FDP steht nur deshalb so gut da, weil sehr viele Leute sich nicht trauen AfD zu wählen und die FDP für konservativ halten und damit RRG verhindern wollen. Aber die FDP beweist nun seit Jahrzehnten, daß sie oft nur das Zünglein an der Waage bzw. Mehrheitsbeschaffer sind.
Und statt eine gute Opposition zu machen, machen sie hauptsächlich Opposition gegen die Opposition.

Norbert Heyer | Do., 10. Juni 2021 - 07:03

Wer konservativ ist, die abgedriftete CDU nicht mehr wählen will und sich auch nicht „traut“ AfD zu wählen, greift zum Strohhalm FDP. Die FDP hat mit ihrer Absage an die letzte Regierungskoalition auf Bundesebene große Zustimmung gewonnen, dass Herr Lindner mit seinem total devoten Verhalten, eine demokratische Wahl auf höhere Weisung „rückgängig“ zu machen, wieder zerstörte. Man kann dieses Wahl sehen, wie man will - das sie demokratisch war, kann und wird keiner leugnen können. Ansonsten wird die Regierung alle unangenehmen Themen (Renteneintrittsalter) bis zur Bundestagswahl wegbügeln und die tatsächlichen Auswirkungen der Ausbremsungen werden wir erst nach der Wahl -dann allerdings in voller Wucht- erfahren. Bis dahin tut die FDP gut daran, ihr bürgerliches Profil zu schärfen und auch -als vermeintlich liberale Partei- ihr Verhältnis zur AfD zu überdenken. Die Stigmatisierung der AfD war der größtmögliche Fehler der Konservativen und Bürgerlichen, sie haben sich selbst geschwächt.

Nicola Chauvin | Do., 16. September 2021 - 15:52

Wie man auf die Idee kommt Genscher als Lichtgestalt der Liberalen zu bezeichnen scheint mir völlig daneben. Genscher war Machtpolitiker, der zu Zeiten alles weggebissen hat, der ihm auch annähernd nahe kam. Der Spiegel hat in den 80iger Jahren ein entsprechenden Artikel publiziert. Die Einführung des Euros war in der Partei-Basis nicht mehrheitsfähig. Genscher hat das geregelt. Egal, wie sich FDP nach der Wahl entscheidet, man wird es ihr beim nächsten Mal heimzahlen. Der echte Liberale Gedanke nach Walter Röpke hat in Deutschland keine Chance.