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Die meistgehasste Firma

Katastrophales Teufelszeug mit unkalkulierbaren Risiken oder moderne Wunderwaffe gegen den Welthunger: Gen-Food und grüne Gen-Technik sind heiß umstritten. Ein Besuch bei dem Weltmarktführer Monsanto in St. Louis

Auf den ersten Blick wirkt alles so friedlich: ein baumbestandenes Grundstück am Rande von St. Louis, das eher nach Campus aussieht als nach Konzernzentrale. Ein Chefbüro, geschmückt mit einem Gemälde roter und ultramarinblauer Äcker. Und der Chef selbst, der mich betont locker begrüßt: jacketlos, mit offenem Kragen und immerzu lächelnd. Das weiße Auto, draußen vor der Tür mit der gelb-grünen Schrift "Monsanto Global Security", passt allerdings nicht ganz in diese Idylle. Genauso wenig: die deutsche Ministerin, die aus Sorge um Marienkäfer wenige Wochen später den Anbau der hier gezüchteten Maissorte Mon 810 verbietet. Oder die amerikanischen Bauern, die sich seit Juni per Sammelklage gegen steigende Saatgutpreise wehren und gegen einen Anbieter, der es geschafft hat, den Wettbewerb zu minimieren. Willkommen beim Marktführer der grünen Gentechnik. Willkommen beim Erfinder der Anti-Matsch-Tomaten, der herbizidresistenten Baumwolle und der Maisstauden und Sojabohnen mit eingebautem Insektenvernichtungsmittel. Willkommen bei Monsanto, dem meistgehassten Unternehmen der Welt. Vor rund zehn Jahren gaben sich die Manager aus St.Louis noch wie Missionare. Sie priesen die Gentechnik als ökologische Alternative zu Argrochemikalien, als Waffe gegen den Welthunger. Sie flogen von überallher Journalisten ein, um die Labore am Missouri-River zu besichtigen. Sie bezahlten Wissenschaftler - bis hin ins ferne Kenia. Sie stationierten Lobbyisten in Washington, Brüssel und anderswo. Doch das Bemühen ging nach hinten los. Kurz darauf protestierten Umweltschützer weltweit gegen den Eingriff in den Werkzeugkasten der Natur. Von Tennessee bis Tokio boykottierten die Verbraucher das Designergemüse. Und die Anleger machten einen Bogen um die Monsanto-Aktie, worauf deren Kurs ins Bodenlose stürzte. Ende 1999 war Monsanto ein Sanierungsfall. Wenig später verschwand die Dauer-Tomate aus den Regalen. Ein Monsanto-Chef musste seinen Platz räumen und kurz darauf noch einer. Dann rückte Hugh Grant an die Spitze des Unternehmens und stoppte auch die Forschung an Weizen und fast allen anderen Pflanzen, die direkt auf dem Teller der Verbraucher landen. Grant will das bis heute nicht als politische Weichenstellung verstanden wissen. Das Unternehmen habe sparen müssen, sagt er und dreht die Teetasse mit dem aufgemalten Dudelsackpfeifer in der Hand. Grant stammt aus Schottland. Allerdings will er auch das nicht mit seiner Entscheidung in Verbindung gebracht haben. Der sparsame Schotte, das sei doch ein "Klischee", sagt er, immer noch lächelnd. Fakt ist, dass sich Monsanto seither vorwiegend auf Futter- und Faserpflanzen konzentriert, auf Soja, Mais und Baumwolle mit eingebauten Herbizidtoleranzen und Insektiziden. Und Fakt ist auch, dass das Unternehmen seither weniger Schlagzeilen macht als früher. Ein Besuch der 26 Treibhäuser in St.Louis setzt monatelangen E-Mail-Wechsel voraus. Interviews hat es kaum gegeben, seit Grant antrat. Die Expansion vollzieht sich in aller Stille. In Amerika werden offiziellen Statistiken zufolge inzwischen rund 80 Prozent aller Mais- und 92 Prozent aller Sojaanbauflächen mit genmodifiziertem Saatgut bestellt. Dabei keimt auf immerhin 88 Prozent der Sojaflächen Samen, der entweder direkt aus St.Louis stammt oder mit von Monsanto lizensierten Genen ausgestattet wurde. Diese Entwicklung allerdings rief dann doch den einen oder anderen Journalisten auf den Plan. "Monsanto's Ernte der Angst" titelte vor einiger Zeit etwa das amerikanische Magazin Vanity Fair und beschrieb, wie Monsanto zum Matador der Zuchtbranche wurde: Der Konzern hat so viele Gen-Patente angemeldet, dass die wenigen Wettbewerber fast zwangsläufig zu Lizenznehmern werden. Außerdem sichert sich Monsanto den dauerhaften Absatz auch durch strenge Verträge mit den Farmern. Früher war es üblich, dass Bauern einmal Saatgut kauften und danach so lange einen Teil der Ernte für die nächste Aussaat zurückbehielten, bis eine bessere Sorte auf den Markt kam. Nicht so unter dem Monsanto-Regime: Dabei mieten die Bauern die Technologie aus St. Louis bei jedem Saatgutkauf nur für ein Jahr und müssen sich per Unterschrift verpflichten, die geernteten Körner auf keinen Fall wieder auszusäen. Dass der Konzern Amerikas Äcker minutiös kontrolliert und vermeintliche Missetäter unerbittlich verklagt, hat für viel Unmut gesorgt. "Seed Police" - so heißen die Monsanto-Patrouillen bei den Bauern. Würde er solche Kontrollen auch in Europa einführen, wo die Nachbarfelder nah sind? "Natürlich würden wir das", sagt er. Sein Lächeln verlischt, wenn auch nur für eine Sekunde. Momentan stellt sich die Frage nicht, neben Deutschland boykottieren auch einige andere EU-Länder genmodifiziertes Saatgut. "Europa braucht noch eine Weile", sagt Grant, diesmal ohne die Fassung zu verlieren. Zu seiner Ausgeglichenheit beigetragen haben dürfte die Tatsache, dass die Körner, die man auf dem Kontinent nicht säen will, durchaus ans Vieh verfüttert werden - ganz legal und in wachsenden Mengen. Nur Stunden vor meinem Besuch hatte die EU den Import einer weiteren Sorte Monsanto-Soja freigegeben. Für Grant ein Grund zum Lächeln.

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