„Die gute Regierung“ (1337-1339), Fresko von Ambrogio Lorenzetti im großen Ratssaal von Siena / picture alliance / imageBROKER | Martin Jung

Was soll der Sozialstaat leisten? - Gott und das Bürgergeld

Jedem Bürger ein bedingungsloses Grundeinkommen zu geben, ist gerade aus christlicher Sicht unvernünftig, weil es falsche Anreize setzt zur Verweigerung von Arbeit zu Lasten der Mehrheit. Aufgabe des Staates ist die Ermöglichung von Freiheit: zu Unternehmungen und zu Arbeit und Leistung.

Schallenberg

Autoreninfo

Peter Schallenberg ist Professor für Moraltheologie und Ethik an der Theologischen Fakultät Paderborn. Er war Leiter der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle (KSZ) in Mönchengladbach. Von 2018 bis 2023 war er Berater im Vatikan.  

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Um gleich mit der beruhigenden Tür ins Haus zu fallen: Dem lieben Gott soll nicht auch noch Sinn oder Unsinn des zur Debatte stehenden Bürgergeldes (womöglich gleich im günstigen Sammelpack mit milliardenschwerer Neuverschuldung und erweiterter Mütterrente) in die allgewaltigen Schuhe geschoben werden. Schlicht und einfach soll angesichts steigender Staatsquote, steigender Staatsverschuldung und steigender Sozialstaatsausgaben nach der genialen Idee gefragt werden, die bei all unseren politischen Debatten im Hintergrund steht: der Staat. Und wie es unser üppig gemästeter bundesdeutscher Sozialstaat eigentlich noch hält mit der meist nur noch in Sonntagsreden viel beschworenen Freiheit seiner Bürger.

Plato, einer der Urahnen unseres politischen Denkens und Handelns, notiert um 360 v.Chr. in seinem Buch „Nomoi“ (Über die Gesetze) im vierten Kapitel: „Es kommt auf das Grundprinzip eines Staates an, nach dem er dann auch benannt wird. Der neue Staat soll nicht wenige über viele herrschen lassen, sondern alle ordnen unter der Herrschaft eines Gottes, von dem sich alle in Vernunft leiten lassen. Welcher Gott wäre das?“ Dieses „tís ó theós?“ (Welcher Gott?) wurde zum Grundstein politischen Denkens in Europa: Was für ein Gott muss es sein, dem sich der Staat und die Politik verpflichtet? Und die Antwort ist klar und liegt nach Plato auf der Hand: das Gesetz! Was befiehlt das Gesetz? Das Vernünftige! Was ist das? Jeden Menschen nicht bloß als Tier, sondern als Geistwesen mit unsterblicher Seele zu betrachten und zu Wort kommen zu lassen. Daraus entwickelt sich die Demokratie auf der Grundlage der vollkommen gleichen und unveräußerlichen Menschenwürde jedes Individuums.

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Gero v. Lichtenberg | Mi., 2. April 2025 - 13:57

Seit ich auf der Welt bin wurde das "Bürgergeld" mehrmals umbenannt und umgestaltet.

Es soll den Zweck erfüllen, dass Menschen, die ihren Job verlieren - was jeden treffen kann - nicht vor dem Nichts stehen. Insbesondere in Jobs, in denen man leicht ersetzbar ist oder schnell überflüssig wird, verdient man nicht genug, um entsprechende Reserven selbst aufzubauen. Bevor es das gab, war die Antwort darauf die "auffangende Großfamilie", was kein Konzept ist, das ich besonders ansprechend fände, so sehr ich meine erweiterte Familie liebe.

Um diesen Zweck zu erfüllen und Missbrauch vorzubeugen, gäbe es mehrere Lösungen. 1. Sachleistungen. Miete / Hypothek wird eine Weile direkt bezahlt, Lebensmittel und -Haltungskosten ebenso und ein kleines Taschengeld.

Ein 2. Arbeitsmarkt, um Dinge zu machen, die sonst liegenbleiben - Graffiti entfernen, Straßen verschönern, usw. wäre eine Möglichkeit, bei deutlich höherem Taschengeld.

Markus Michaelis | Mi., 2. April 2025 - 14:50

Nach meiner Sicht ist in unserer Gesellschaft da etwas aus dem Lot geraten: Gerechtigkeit, Menschenrechte, EU- und Völkerrecht, GG, sozial und Solidarität ... das alles hat sich zu einem zu simplen Gut gegen Böse verselbstständigt.

Ich kann zB nicht unendlich alles als Menschenrecht einfordern, das führt die Dinge ad absurdum. Breit definierten Menschenrechten stehen Menschenpflichten bei anderen gegenüber und die heutigen Ideale unserer Gesellschaft drücken sich zu sehr davor schwierige Abwägungen in Zielkonflikten vorzunehmen. Es werden zu billig den Einen Rechte und Wahrheiten zugeteilt, den anderen die zugehörigen Pflichten. Diese Auseinandersetzung ist normal und ok - aber politisch. Nicht moralisch.

Wenn man Bürgergeld für gut hält und Milliardäre für schlecht: liebe Parteien, Kirchen und Gewerkschaften - dann macht die guten Firmen, bei denen die Leute arbeiten wollen und deren Produkte alle wollen, doch selber, wenn dem so ist. Es hat doch einen Grund, dass es immer scheitert.

Stefan | Mi., 2. April 2025 - 14:50

Durch die allgemeine deutsche Ab-Wirtschaftspolitik werden viele Menschen ins Bürgergeld getrieben.
Das beste Beispiel dazu ist der Niedergang der Automobilindustrie,gefolgt von der nicht mehr Wettbewerbsfähigkeit in allen Sparten des produzierenden Gewerbes.
Das Alter spielt dann auch noch eine große Rolle und daß mancher, wenn er denn eine Stelle angeboten bekommt lediglich geringfügig mehr in der Tasche hat als ein Bürgergeldempfänger.
Die hohe Zahl an unqualifizierten Ausländern die ständig in unserer Land kommen besorgen dann den Rest um diesem Sozialstaat endgültig den Todesstoß zu versetzen.
Deutschland schafft sich ab.
So nannte Thilo Sarrazin ein Buch bezüglich der Defizite und deren Definition in diesem Land.
Umfangreiche notwendige Maßnahmen zur Beseitigung der politischen Schwachstellen werden vom Parteienkartell bis zur Unkenntlichkeit ausdiskutiert und faule Kompromisse verhindern dann die notwendigen Schritte.
Bürgergeld ist somit bedingungsloses Grundeinkommen geworden.

Karl-Heinz Weiß | Mi., 2. April 2025 - 16:11

Den neuen Bundesländern wurden "blühende Landschaften" versprochen mit dem Resultat zigtausender "abgewickelter" Betriebe. "Bürgergeld" als Überbrückung ? Seinerzeit Fehlanzeige.
Seit 2015 wird Recht auf Asyl in Recht auf Migration umgedeutet. Erst auf den letzten Metern des Wahlkampfs bemerkte Friedrich Merz die Brisanz der "Politik der offenen Grenzen" und der Einwanderung in die Sozialsysteme. Dies ist in etwa so glaubwürdig wie sein Gasgeben bei der Schuldenbremse. Und dann verwundern die Werte für die AfD ? Nicht nur die SPD hat Schwierigkeiten bei der Interpretation der Wahlergebnisse, sondern auch die Merkel-Fraktion in der CDU.

Theodor Lanck | Mi., 2. April 2025 - 16:29

Herr Schallenberg schreibt Unsinn und widerspricht sich laufend!

Das sogenannte Bürgergeld ist eben KEIN Grundeinkommen, da es nicht für ALLE Bürger gleichermaßen ausgezahlt wird. Genau die Schwelle zwischen noch-bedürftig und schon-selbstverdienend ist ja genau das Problem!

Ein Grundeinkommen muss auch nicht zwangsläufig "bedingungslos" sein, sondern vor allem "allgemein", eben ein Grund-Einkommen aller Bürger (aber nicht zwangsläufig der Nicht-Bürger).

Und wenn schon von Freiheit und Motivation die Rede ist: Was motiviert im Kapitalismus zur Arbeit? Mehr Geld! Und was bietet ein allg. Grundeinkommen? UNgeschmälerten Zuverdienst ab dem 1. Euro - mehr Arbeitsmotivation geht gar nicht.

Ein Grundeinkommen sorgt auch nicht für "vollkommene Gleichheit", sondern für eine gleiche BASIS, nämlich dem nach Menschenrecht notwendigen sozialen Existenzminimum (aber eben nicht mehr). Alles darüber steht für Bereicherung offen.

Ein Gründeinkommen würde Freiheit ERMÖGLICHEN, nicht einschränken.

Jens Böhme | Mi., 2. April 2025 - 19:45

Ohne Leistung keine Wertschöpfung, kein Verdienst, keine ausreichende Nahrung, keine Sklaverei, keine Verteidigung, keine langlebige Gesundheit, kein Sinn... Der Sozialismus des Ostblocks zerbrach u.a. an seiner Ideologie der Leistungslosigkeit. Die Mauer fiel nicht wegen der fehlenden Reisefreiheit, sondern wegen der Sehnsucht nach einer starken Währung, die auf Leistung aufbaute. Wenn eine Gesellschaft seine Nachkommen nicht auf das Leben vorbereitet und Grundsätze der nationalen und (Welt-)Wirtschaft lehrt, dann zerfällt diese Gesellschaft.

Brigitte Miller | Do., 3. April 2025 - 09:46

Leider scheinen die Kirchen nicht Ihrer Ansicht zu sein, Herr Schallenberg.
Diese reisen im Zug der wokeness
und. zeigen damit, w i e weit sie sich entfernt haben von Gott und ihrem Auftrag .