Portrait - Die Kunst des Übergangs

Jan Böttcher ist Sänger, Songwriter, Bandgründer, Veranstalter und Prosa-Autor, ein Grenzgänger und Schriftsteller neuen Typs. Jetzt hat der Wessi einen Wenderoman über zwei DDR-Bürger seiner Generation geschrieben

Vom Podium leuchten drei rot gepolsterte Empire-Sessel mit weißgetünchten Lehnen. Vor jedem ragt ein Mikrofon-Galgen auf, dazwischen ein rundes Tischchen, auf dem in gefährlicher Enge drei Gläser und Mineralwasserfläschchen stehen. Der Raum liegt in schummrigem Halbdunkel, nur zu ahnen ist die Mischung aus stilvoller Verschlamptheit und charmantem Heimwerkertum: Eine hölzerne Wandverkleidung schimmert hellbraun, die niedrige Stuckdecke wurde offenbar nur abgewaschen, Fenster und verglaste Türen, die sich über die gesamte Raumlänge erstrecken, reichen vom Boden bis zur Decke. An einer Flügeltür baumelt ein Spiegel im Sechzigerjahre-Design, und an der Längswand lehnt eine fast mannshohe Fotografie. Ernste Herren in dunklen Anzügen, mit weißem Hemd und Krawatte sind darauf zu sehen. Unter ihnen, ganz vorn, den bohrenden Blick auf den Betrachter gerichtet: Walter Ulbricht.

Wir befinden uns in den Sophiensälen in Berlin-Mitte, Treffpunkt der etablierten Off-Kulturszene. Mit seinen verschiedenen Ablegern aus Musik, Literatur und bildender Kunst gehört auch der Kookbooks-Verlag dazu. Und gleich wird hier der «Kooksalon» Premiere haben, etwa hundert Zuschauer um die dreißig sitzen schon, wohlgekleidet und verhalten plaudernd, auf den Klappstühlen.


Der Stil ist der Stil-Mix

Dafür, dass dies alles hier vor sich geht, ja, dafür, dass es das «Kook-label» mit seinem verzweigten Drumherum überhaupt gibt, ist einer verantwortlich, der alsbald auf dieser Bühne erscheinen wird – ein zierlicher Fünfunddreißigjähriger mit schwarzer Hornbrille, in schwarzem T-Shirt und Jeans: Jan Böttcher, Sänger und Songwriter, Gründer der Band «Herr Nilsson», Mitbegründer des «Kook»-Plattenlabels, überdies Autor von Erzählungen sowie zweier Romane. Und dabei nicht etwa einer, der rasch mal eben was aufs Papier haut und es dann dabei bewen­den lässt: Für einen Auszug aus seinem gerade erschienenen Roman «Nachglühen» erhielt er im vergan­genen Jahr beim Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb den Ernst-Willner-Preis.

An diesem milden April-Abend jedoch steht Jan Böttcher nicht als Sänger, nicht als Lied-Texter oder Prosa-Schriftsteller auf dem Podium: Hier ist er Organisator und Moderator. Zusammen mit einem Lyriker-Kollegen aus dem «Kook»-Imperium wird er Katja Lange-Müller vorstellen, die aus ihrem Roman «Böse Schafe» liest, sowie als zweite Autorin des Abends die Berliner Lesebühnen-Queen Kirsten Fuchs; ein Elektronik-Musiker hat Klanginstallationen zu den Texten vorbereitet, und eine junge Sängerin wird, hochgradig unter Strom und sehr professionell, am Ende jeder Lese-Phase eigene Lieder zu Gehör bringen.

Als das Publikum einige Stunden später den Saal wieder verlässt, hat es sich erkennbar gut unterhalten. Selbst wenn die Moderation sich zwischendurch mal verhedderte und der Bezug zwischen musikalischer Installation und Text sich nicht in jedem Fall erhellte – hier ging es um eine Begegnung von Literatur und Musik, zwischen Arrivierten und solchen, die noch am Anfang einer Karriere stehen, um ernsthaftes Gespräch wie höheren Quatsch. Das war überwiegend sehr amüsant und verhielt sich in seinen unterschiedlichen Teilen insgesamt so, wie das Ambiente selbst es versprochen hatte – auch der Stil des «Kooksalons» ist der Stil-Mix. Alles gehört zueinander und passt irgendwie zusammen, mal ernsthaft, mal krachwitzig, mal (selbst-)ironisch und dabei immer alltäglich, entspannt, eingespielt: Bloß nichts überanstrengen.


Glückskäfer auf chinesischem Rollbild

Die zwanglose Verbindung auseinanderstrebender Eigenschaften und Ambitionen beschreibt auch den «Kook-Salon»-Erfinder Jan Böttcher selbst ziemlich genau. Er ist einer, der macht, was ihn interessiert und worauf er Lust hat; was davon er noch nicht oder wenigstens noch nicht professionell kann, das lernt er, indem er es macht – schon möglich, dass wir hier in Vielseitigkeit und Herangehensweise einen Autor neuen Typs vor uns haben. Auf jeden Fall aber einen mit beträchtlichem Erfolg. An dessen Anfang stand «Herr Nilsson», Jan Böttchers Band, die mit seinen Texten und ihm selbst als Sänger auftrat.

«Für mich sind ‹Herr Nilsson› eine der besten Bands aus Berlin, sehens- und hörenswert», schrieb ein «Matthias» im Februar 2006 im «Hauptstadtblog». «Sehen Sie sich diese jungen Männer genau an», hatte die Berliner Stadtillustrierte «Zitty» zuvor schon gefordert, «denn das sind die Popstars von morgen.» «Eine lässig verpackte Synfonie aus Alltagspoetik», kommentierte ein anderer Fan das 2003 erschienene Album der Gruppe auf einer Musik-Website, und Musikzeitschriften, aber auch die Pop-Kriti­ker von «FAZ» und «Welt» besprachen es teils enthusias­tisch; «Der Spiegel» rühmte: «ein kleines, aber sehr feines Ereignis deutschsprachiger Popmusik».

Fünf Jahre später sitzen wir an einem sonnigen Vormittag in Jan Böttchers heller Wohnung in Berlin-Pankow. In der Zimmerecke steht der Verstärker für die Gitar­re, auf der er gerade eins der Lieder von seiner neuen Platte vorgespielt hat, auf dem Tisch gruppiert sich eine kuriose Mischung von Sammeltassen, der Tee kommt aus einer ehemaligen Kaffeekanne im kantigen Fünfzigerjahre-Stil, und an der Wand hängt ein zart getupftes Gemälde in der Art eines chinesischen Rollbildes – erst wer näher hinschaut, stellt fest, dass es gemalte Glückskäferchen sind, die da auf einer gedachten Linie balancieren.


Herr Nilsson lebt hier nicht mehr

«Im Jahr 2003, als unsere Platte ‹Einfacher sein› erschien», sagt Jan Böttcher, «war alles auf dem Höhepunkt. Das Release-Konzert fand in der Kulturbrauerei vor 1200 Leuten statt – vorher hatten wir höchstens vor 300 gespielt, unsere erste Platte hatten wir in einer Küche aufgenommen. Aber nun lief plötzlich alles zusammen, und alle erwarteten, dass wir unser kleines Label verlassen würden und alles ganz groß losginge. Aber kurz darauf ging gar nichts mehr. Unser Kontrabassist stieg aus, und danach fuhr der Zug ganz woanders hin.»

Das Jahr 2003 war in künstlerischer Hinsicht Jan Böttchers Wende-Jahr. Die Musik, die der Band nach vier Platten endlich überregionale Aufmerksamkeit sowie – mindestens ebenso wichtig – zwei Drittel des Lebensunterhalts gesichert hatte, nahm musikalisch eine andere Richtung: «Die Rock-Fraktion setzte sich durch, und dann haben wir zwei Jahre lang Rock gemacht – oder das, was wir dafür hielten. Wir haben weniger Konzerte gespielt, dafür mit mehr Schweiß, und alles sah ein bisschen nach einem Austoben auf der Bühne aus, bevor wir zu alt dafür wurden. Musikalisch hatte es jedenfalls keinen größe­ren Input mehr.» Und der Singer-Songwriter verdingte sich für ein Jahr als Texter in einer Werbeagentur.

«Die frühen Verluste» heißt denn auch eines der selbstironischen Lieder auf Jan Böttchers neuer Platte «Am anderen Ende des Flures», ein anderes «Stillgelegte Gleise», und konsequenterweise finden beide sich auf einem Solo-Album. Denn die Band «Herr Nilsson» – so benannt nicht etwa nach dem Äffchen in Astrid Lindgrens «Pippi Langstrumpf», sondern nach einer vom Skandinavisten Jan Böttcher erfundenen Figur –, existiert schon seit einem guten Jahr nicht mehr. Den Sänger und Songwriter aber gibt es nach wie vor. Und erst recht den Schriftsteller Jan Böttcher.
 

Alle Wege führen nach Lüneburg

Das Jahr 2003 nämlich war für ihn auch ein literarisches Wende-Jahr – seine Erzählung «Lina oder: Das kalte Moor» erschien, als Band 1 bei «Kookbooks», seinem Hausverlag. Die Geschichte spielt im Lüneburg der achtziger Jahre, in einer kleinstädtischen Hochhaus-Tristesse unter Heranwachsenden, und wenn das Buch eine Botschaft hatte, dann diese: Du musst dein Leben ändern! Was ja auch ein Gebot für den Erzähler selbst war, der sich am Schauplatz Lüneburg übrigens bestens auskennt: In dem idyllischen niedersächsischen Städtchen ist er 1973 geboren, er ist dort zur Schule gegangen und hat dort auch seine ersten Verse geschrieben, «so auf der Brecht-Heine-Robert-Gernhardt-Linie, satirisch und unbedingt in ganz penibel hingefummelten Reimen». Mit einem Lüne­burger Schulfreund, den er als Student zufällig wiedertraf, vertonte er in Berlin in einer Art Produktionsrausch innerhalb einer Nacht seine Songtexte – das war die Geburtsstunde von «Herr Nilsson». Und alle Wege in dieser Autoren-Biografie führen immer zurück in die norddeutsche Provinz.

Zwei Erzähl-Pakete, verschnürt und verknotet

Nach einer viermonatigen Wanderung auf dem Pilgerpfad nach Santiago de Compostela («viele Jahre vor Herrn Kerkeling»), nach dem Zivildienst und der in letzter Minute erfolgten Zusage für die Humboldt Universität in Berlin («es hätte auch Kiel sein können») hatte Böttcher 1993 mit dem Studium der Neuen deutschen Literatur und Skandinavistik begonnen, ein Student wie alle anderen. Oder doch nicht ganz: Er arbeitete an einem literaturwissenschaftlichen Projekt mit, das in aufwändigem Aktenstudium tief in die staatlichen Entstehungsbedingungen der DDR-Literatur und damit in die Verquikkungen zwischen Staatssicherheitsdienst und Schriftstellern eindrang – «das zu sehen, hat mich sehr mitgenommen». Wenn die künstlerische DDR-Avantgarde in Gestalt von Bert Papenfuß und Sascha Anderson öffentlich über die «Stasi-Connection» debattierte, war Jan Böttcher dabei. Und wenn seine ostdeutschen Freunde Nostalgie-Abende veranstalteten, auf denen russische Lieder gesungen wurden, saß er «als einziger Wessi da». Seine Magisterarbeit schrieb er über den Ostberliner literarischen Außenseiter Johannes Jansen.

Es brauchte ein paar Jahre – die Band «Herr Nilsson» stand eben am Beginn ihrer finalen Krise – bis sich dies Studien- und Erfahrungsmaterial für Jan Böttcher zu einem kompakten Paket literarischer Stoffe verschnürt hatte. Und sobald es sich dann mit den Grunderfahrungen verknotete, die er aus seinem norddeutschen Zonen­rand-Terrain mitgebracht hatte, entstand sein erster Roman: 2006 erschien «Geld oder Leben».

Politik und Geschichte spielen hier eine ebenso große Rolle wie die Entwicklung des jungen Ich-Erzählers und dessen neue Liebe, die er (wo sonst?) im Osten findet – bei der Beerdigung seines Großvaters, der aus undurchsichtigen politischen Gründen vor der Wende aus dem Westen in die DDR gegangen war. Auch in diesem Roman, der zeitweilig in einer norddeutschen Kleinstadt spielt, lässt sich das lüneburgische Ambiente unschwer wiedererkennen. Und näher in die Biografie des Autors Eingeweihte verweisen auf den familiären Zusammenhang mit dem Sparkassenwesen, das im Buch eine Rolle spielt: Auch Jan Böttchers Eltern sind «Sparkassler».


Die Vergänglichkeit von Erinnerungen

Doch geht «Geld oder Leben» über das biografische Ursprungsmaterial weit hinaus. Das in den Berliner Studienjahren neu in Erfahrung Gebrachte tritt hinzu, und alles zusammen ergibt sozusagen einen Wende-Roman nach rückwärts: Was ist, wenn einer aus dem Kapitalismus in den Sozialismus geht? Und warum um alles in der Welt könnte er so etwas tun?

«Noch bin ich ja ein regionaler Schriftsteller», sagt Jan Böttcher und lacht. «Aber dass man über das schreibt, woher man kommt und wo man sich auskennt, finde ich nicht ungewöhnlich. Alle erwarteten in den Neunzigern den großen Berlin-Roman, das war ein schweres Handicap für junge Autoren – für mich war Berlin nur ein düsteres Gewebe. Und heute ist dies Sujet für mich verbrannt. Genauso wie der Erinnerungsgestus, mit dem hierzulande in den letzten Jahren literarisch hantiert wird. Fast sieht es so aus, als habe die jüngere Literatur sich an der Entwicklung in den Kulturwissenschaften orientiert: Das kulturelle Gedächtnis! Was ist Erinnerung, was kann sie?! Und das alles am besten noch gepaart mit dem Neuesten aus der Hirnforschung. Dabei kann man die Vergänglichkeit der Erinnerung im Roman ebenso gut implizit zum Thema machen: Man kann sie erzählen.»


Darunter war alles kaputt

Genau dies geschieht nun in seinem jüngsten Roman. Wieder gibt es hier eine Verbindung zwischen der Heimatregion und der früheren DDR – «Nachglühen» spielt in der ehemaligen Grenzregion an der Elbe. «Mich hat diese Gegend immer extrem angesprochen, mit ihrem Blick ins Leere und Weite, eine Landschaft, in der nichts Neues hatte gebaut werden dürfen. Im November 1989/90 war ich das erste Mal dort», erzählt der Autor und erinnert sich, dass man zuvor von der Westseite immer die geranien­geschmückten, proper gestrichenen Giebel der alten Bauernhäuser gesehen hatte – «und als wir rüberkamen, sahen wir: darunter war alles grau und kaputt.»

Drei Jahre hat er an «Nachglühen» gearbeitet, zwei davon waren allein der Recherche gewidmet, und in einer Kneipe hinter dem Deich nahm alles seinen Ausgang: Hier lernte Jan Böttcher die Leute kennen, die ihm von Zwangsumsiedlungen ins Hinterland erzählten, «freundwärts», wie es in der DDR hieß und nun auch, sarkastisch, in sei­nem Roman steht. Von den Kneipengästen kam auch der Anstoß, sich erneut ins Aktenmaterial zu vergraben und auf Grundlage der Recher­chen schließlich die Geschichte zweier DDR-Jugendlicher zu erzählen, die nach der Wende als junge Erwachsene wieder aufeinandertreffen. Der eine, Sohn eines Kneipier-Ehepaars, ist ein Träumer und kreativer Kopf, der sich mit dem Außenseiter des Dorfes befreundet hat, einem am Existenzminimum vegetierenden Fotografen und «Asi». Ein eher unbedacht politischen Anstoß erregendes Puppenspiel anlässlich des Jahrestags der Republik bringt Jens Lewin als Halbwüchsigen ins Erziehungsheim. Und schon bald, nachdem er von dort geschädigt zurückgekehrt ist, verhilft ihm der Nachbarssohn Jo – nach der Wende ein wegen aggressiven Verhaltens strafversetzter Polizei-Kommissar in Hamburg – zu einer Haftzeit im DDR-Knast, die erst mit dem letzten Tag des Arbeiter- und Bauernstaates enden wird.


Hier ist längst noch nicht alles gesagt!

«Wie geht man mit Verrat um? Und was bedeutet es, wenn einem die Jugendjahre weggenommen werden? Das», sagt Jan Böttcher in seiner Pankower Wohnung und schenkt nochmal Tee nach, «waren meine zentralen Fragen bei diesem Buch.» Es beginnt mit einer grandiosen Szene, in der Jugendliche im Wende-Taumel wie entfesselt mit ihren Mopeds über den Elbdeich knattern, die Staatsfahne mit der herausgetrennten Mitte weht über ihrem Kopf, Michael Jackson und Madonna dröhnen aus dem Kassettenrekorder, und einer stürmt wie von Sinnen direkt übers Minenfeld in die Elbe hinein. Erst eine Ohrfeige seines Ordnungshüter-Vaters kann Jo Brüggemann wieder zur Besinnung bringen.

Hat sich dann allerdings nach gut 200 Seiten die DDR-Geschichte als Beziehungsdrama und literarische Dorfchronik in all ihren Facetten aufgefaltet – eine Enteignungs-Geschichte in jedem Sinne –, ist das Ende zwangsläufig alles andere als triumphal. Das frühere Opfer verliert durch einen erneuten Verrat des alten Feindes seine Ehefrau, der Anstifter und Verräter kommt wiederum davon. «Die Fallhöhe wird von Kapitel zu Kapitel immer höher», erklärt Böttcher. «Drei Jahre Knast für einen Dumme-Jungen-Streich, da müssen die Grundzüge der Diktatur deutlich werden!»

Eine Absicht, die er mit nicht wenigen Bewohnern des früheren Grenzgebiets teilt. «Hier ist längst noch nicht alles gesagt!», rief kürzlich ein Zuhörer nach Böttchers Lesung am Ort des Roman-Geschehens. «Für die, die damals dort gelebt haben, liegt in dem Buch eine Aufforderung», fügt der Autor hinzu. «Wer das Schweigen über die eigene Geschichte thematisiert, meldet immer auch Gesprächsbedarf an: Wer hat sich damals wie arrangiert? Und wem kann man nach dieser Erfahrung noch vertrauen?»


Alles ist nebeneinander da

Ein erstaunliches Literatur-Projekt für einen «Wessi», zumal für einen mit dem popkulturellen Hintergrund von Jan Böttcher. Aber möglicherweise behauptet er die Gleichberechtigung aller künstlerischen Anschauungen und Ausdrucksformen auch nur besonders konsequent. Nichts schließt etwas anderes aus, alles kann und soll nebeneinander bestehen: der Organisator und Moderator neben dem ironischen Sänger und Song-Schreiber, dieser neben dem aufklärerisch arbeitenden Schriftsteller. Der übrigens keine Lesung vergehen lässt, ohne seine eigenen Lieder vorzutragen. Bei «Nachglühen» macht er jetzt freilich zum ersten Mal die Erfahrung, dass die Konzentration der Zuhörer derart intensiv auf die Geschichte gerichtet ist, dass es schwerfällt, vom Roman auf die Songs umzuschalten.

«Vielleicht», sagt Jan Böttcher, «muss ich einfach noch an der Kunst des Übergangs arbeiten.» Das Talent dazu hat er ja schon häufiger unter Beweis gestellt. Auch das Intermezzo als Werbetexter für Mineralwasser und Bier konnte ihn schließlich nicht davon abhalten, erfolgreich mit einem Roman zu debütieren.

 

Jan Böttcher
Lina oder: Das kalte Moor. Erzählung
Kookbooks, Berlin 2003. 104 S., 14,40 €
Geld oder Leben. Roman
Rowohlt Berlin, Berlin 2006. 320 S., 19,90 €
Nachglühen. Roman
Rowohlt Berlin, Berlin 2008. 256 S., 19,90 €

Das Solo-Album «Am anderen Ende des Flures» ist erschienen bei Kook-Label, Berlin.

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