Blick in den leeren Plenarsaal des Deutschen Bundestags / dpa

Wahlrechtsreform der Ampelkoalitionäre - Bundestag mit oder ohne CSU und Linke?

Die Ampelparteien haben eine Wahlrechtsreform auf den Weg gebracht, durch die CSU und Linke bei Bundestagswahlen massiv benachteiligt würden. Nun obliegt es dem Bundesverfassungsgericht, ob die rot-grün-gelben Koalitionäre damit durchkommen.

Hugo Müller-Vogg

Autoreninfo

Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

So erreichen Sie Hugo Müller-Vogg:

Bis zur Bundestagswahl am 28. September 2025 sind es noch 14 Monate. Doch fällt an diesem Dienstag eine wichtige Vorentscheidung. Ob nämlich die CSU bangen muss, im nächsten Bundestag überhaupt noch vertreten zu sein. Und ob die Linkspartei wenigstens eine kleine Chance hat, dank dreier Direktmandate die Fünf-Prozent-Klausel aushebeln zu können. Die Antworten liefert das Bundesverfassungsgericht, wenn es seine Entscheidung verkündet, ob das von den Ampel-Parteien beschlossene neue Wahlrecht vor der Verfassung Bestand hat. 

Einzelne Bestimmungen des Wahlgesetzes waren schon häufiger Gegenstand Karlsruher Verhandlungen. So hat letztlich das Verfassungsgericht entscheidend dazu beigetragen, dass sogenannte Überhangsmandate zu Ausgleichsmandaten führen. Daraus folgte, wie abzusehen war, eine Aufblähung der Zahl der Abgeordneten. Statt 598 Mitglieder des Bundestags (MdB) zogen 2021 gleich 736 in das Hohe Haus ein. Es könnten, wenn sich nichts ändert, bei der nächsten Wahl noch mehr werden.

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Günter Johannsen | Mo., 29. Juli 2024 - 17:49

Das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933
beseitigte den Rechts- und Verfassungsstaat in Deutschland ... hob damit die für eine demokratische Staatsordnung konstituierende Gewaltenteilung auf" (Wikipedia).
Was Braun nicht auf Dauer durchsetzen konnte, versucht Rot-Grün-Gelb nun auf diese merkwürdige Weise einzuschleichen?
Klar: Rote und Grüne hatten (bis auf wenige charismatische Ausnahmen) mit Demokratie noch nie ernsthaft was im Sinn ... ?!
Dass ein selbsternannter (vom Volk nicht gewählter) BP das durchwinkt: auch klar!
Unser Land triftet immer mehr ab in Richtung linXe Diktatur. Wo bleibt der Aufschrei ... ? Wollen wir bis 2089 warten?

Johannes Wohmann | Mo., 29. Juli 2024 - 18:13

Nach W. Ulbricht: "Es muss alles demokratisch aussehen, aber wir (Ampelparteien+ CDU) müssen alle Fäden in der Hand halten!"
Sollte dieser Ampelvorschlag Gesetz werden, würde die Bundesrepublik Deutschland endgültig das politische System der vermeintlich untergegangen DDR übernehmen.
Eine Gruppierung selbsternannter "demokratischer Parteien" bastelt sich nach dem Vorbild der "Nationalen Front der Volkskammer der DDR" ein auf ihren eigenen Machterhalt zugeschnittenes pseudodemokratisches Wahlsystem, um missliebige Mitbewerber, denen sie aus eigener Ermächtigung das Prädikat "undemokratisch" anklebt, von den Parlamentssitzen fernzuhalten und ihre erschlichene Vormachtstellung für alle Ewigkeit zu zementieren
Eine unglaubliche Mißachtung der Wähler, quasi ein Putsch vn oben. Nicht dem Wähler verpflichtete Parlamentarier, gehorsame Parteibonzen sind das Ziel
Angezeigt wären stattdessen: Einführung des Mehrheitswahlrechts und Begrenzung der Wählbarkeit für maximal zwei Wahlperioden!

Ingofrank | Mo., 29. Juli 2024 - 18:18

Ist ja m M nach o.k. Wenn der Wähler das entscheidet. Aber warum diese drei Mandate den letzten Rest der Linken der an 5% Hürde scheitert dann in Fraktionsstärke im Bundestag sitzt, erschließt sich mir nicht
Das sehe ich i.ü.bei anderen Parteien genau so.
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

Thomas Romain | Mo., 29. Juli 2024 - 18:47

Würden die CSU und Linke durch die Reform wirklich benachteiligt?
Oder werden sie durch die aktuell geltende Regelung übervorteilt?
Ein kleiner Unterschied, der nicht ganz unwichtig in der Bewertung ist.

Wilfried Düring | Mo., 29. Juli 2024 - 19:06

'Es muß demokratisch aussehen - aber WIR müssen ALLES in der Hand haben!' (Genosse Walter Ulbricht noch vor Gründung der 'DDR' über die 'antifaschistisch-demokratische Umgestaltung' in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ).
Das neue sogenannte Wahl-Recht (eigentlich müßte man von einem unrechtsmäßigen Wahlsystem sprechen) soll die im weitesten Sinne bürgerlichen Kräfte durch Ausschaltung der CSU massiv schwächen und allgemein die Opposition (Linke, Kleinparteien) dauerhaft niederhalten.
Die Rechnung geht so:
Die Links-Partei und die kompromittierte FDP scheitern an der undemokratischen 5%-Hürde. Falls die CSU schwächelt, die die 5% gesamtdeutscher Stimmen allein in Bayern holen müßte, entledigt man sich zusätzlich etwa 35% der bayerischen Stimmen und kastriert (dauerhaft) die Union. Das die AfD in einem Jahr längst verboten ist (unter Verlust aller gerade errungenen kommunalen Mandate) gilt als ausgemacht.
ROT-GRUEN marschiert - und hat ohne AfD, CSU, FDP 'ALLES in der Hand'!

Jens Böhme | Mo., 29. Juli 2024 - 19:18

Würde das BVG dem zustimmen, vergrößern sich AFD- und BSW-Fraktionen bei kommenden Wahlen. Ob die Ampelkoalition das sich richtig durchgerechnet hat, bezweifle ich bei deren minimalen mathematischen Kenntnissen. Denn solch Wahlrechtsreform generiert nicht automatisch mehr Wähler für die eigenen Parteien.

Wilfried Düring | Mo., 29. Juli 2024 - 20:43

Antwort auf von Jens Böhme

Wenn diese Wahlrechtsreform durchkommt, braucht man keine eigenen Wählerstimmen mehr. Es reicht, daß die Wählerstimmen der Anderen durch Gaunertricks quasi verfallen und die CSU ohne Mandate bleibt. CSU deutschlandweit < %5 = 0 Mandate (auch ALLE Direkt-Mandate verfallen dann, wenn nicht genug Zweit-Stimmen geholt werden !); Freie Wähler < %5 = 0 Mandate; FDP < %5 = 0 Mandate; Die Linke < %5 = 0 Mandate; AfD verboten, Mandate suspendiert und verfallen = 0 Mandate.
So wird rot-gruen im Bundestag stärker als die kastrierte Union und regiert dann ohne die Liberalalas - und zwar allein und auf Dauer! Der einzige Rechenfehler: Inzwischen gibt es Sahra und ihre Truppe und die realistische Chance, daß das BSW die 5%-Hürde knackt. Und das BSW auch zu verbieten, dazu wird die Zeit bis zur Bundestagswahl wohl nicht mehr reichen. Aber vielleicht enttarnen die rot-gruenen Klima-Retter und Friedens-Aktivisten ja rechtzeitig einen rossischen Spion!

Volker Naumann | Mo., 29. Juli 2024 - 19:27

Was soll die Klage, wenn ein CSU-Kandidat den Wahlkreis gewinnt und nicht in den BT einzieht?
Das betrifft ausschließlich Bayern.

In den drei nächsten LT-Wahlen wird der voraussichtliche Wahlsieger in allen drei Ländern ausgeschlossen und eine "Regierung der Verlierer" gebildet werden.

Wir reden hier von einem Anteil ca. 25 bis 30%, das sind viel mehr Bürger als eine oder zwei Handvoll CSU-Kandidaten.

Was erlauben sich die Blockparteien eigentlich,
etwa ein Viertel bis ein Drittel der Menschen auszugrenzen?

MfG

Sie haben die Konsequenzen der sogenannte Wahlrechtsreform in ihren manipulativen Auswirkungen nicht verstanden. In normalen Wahljahren holte die CSU DEUTLICH über 40% der Stimmen Bayern; das waren gesamtdeutsch dann zwischen 6 und 7 Prozent der Stimmen. Wenn die CSU durch das Schwächeln der Union allgemein und das Erstarken von AfD und Freien Wählern (in Bayern) auf etwa 33%-34% fallen sollte, sind das gesamtdeutsch UNTER 5% der Wählerstimmen. Und dann entfallen ALLE CSU Mandate in Bayern - auch die gewonnenen Wahlkreis-Mandate. Man will durch die Anwendung der 5%-Klausel auf die CSU, die CSU insgesamt ausschalten und die Union dauerhaft kastrieren. DAS ist die Gefahr; nicht 3 oder 4 Wahlkreismandate mehr oder weniger.
Durch diesen trick gewinnen rot und gruen Mandate; auch wenn die Wähler (insbesondere9 in bayern gegen rot-gruen gestimmt haben,.

Ihre Rechenbeispiele haben mich doch durchaus überzeugt, kein
Widerspruch. Aber bei jeder Reform wird es Gewinner und
Verlierer geben, da beisst die Maus keinen Faden ab.

Die CDU (einschließlich CSU) kann sich doch wirksam gegen
rot-grün wehren, wie Sie es erhoffen.

Dann schleift doch endlich die sinnlose Brandmauer!!!

Bei einem Aspekt der Reform stimmen wir eventuell überein,
der Reduzierung des aufgeblähten Bundestages.

MfG

Hans Jürgen Wienroth | Mo., 29. Juli 2024 - 20:09

Den wichtigsten Punkt haben Sie, Herr Dr. Müller-Vogg, einmal kurz angeschnitten, dann jedoch wieder außer Acht gelassen: Die Landeslisten! Das Wahlrecht kann nicht auf der einen Seite die Besetzung des Bundestags über Listen eines Bundeslandes abhängig machen und auf der anderen Seite für den Einzug einer Partei in den Bundestag den Stimmenanteil auf Bundesebene heranziehen. Das ist ein Widerspruch im Wahlrecht.

Bereits die Aufblähung des Bundestages durch ein Urteil des BVerfG. ist auf genau diese Landeslisten zurückzuführen. Das Gericht entschied damals, dass die Mandate auf Landeebene auszugleichen waren und daher der (Länder-)Überhang auf Bundesebene sicherzustellen ist.

Ich bin gespannt, ob diese Argumente vom Kläger angeführt wurden und das Gericht sich an frühere Urteile erinnert. Aber vielleicht passt man das Wahlrecht ja dem Zeitgeist an und der ist rot-grün.

Tomas Poth | Mo., 29. Juli 2024 - 21:11

Die ganze Republik in 450, von der Kopfzahl her, gleich große Wahlkreise aufteilen.
Mehr Abgeordnete brauchen wir nicht.
Der Kandidat, der 50% der Stimmen auf sich vereinigt gewinnt. Parteien können Kandidaten aufstellen, aber jeder selbst kann sich ebenfalls aufstellen und bewerben.
Die Wahlkampf-Pauschale die die Parteien bisher erhalten gehen pro Kopf auf die Wahlkreise und stehen den Kandidaten zur Verfügung.

Achim Koester | Mo., 29. Juli 2024 - 22:47

haben zwar dafür gesorgt, dass Änderungen am GG nur mit Zweidrittelmehrheit möglich sind, aber das ebenso wichtige Wahlrecht mit einfacher Mehrheit in ein Unrecht verwandelt werden kann, wie jetzt geschehen. Auf das BVG setze ich keine Hoffnung, , es ist durchsetzt von 68er Epigonen.

Markus Michaelis | Di., 30. Juli 2024 - 00:44

und kein perfektes Wahlsystem. Mehrheit gegen Minderheiten, repräsentative gegen direkte Demokratie, Verhältniswahlrecht gegen Mehrheitswahrlecht und viele andere innere Konflikte sind grundsätzlicher Natur, ohne ein letztes Richtig oder Falsch. Man sollte auch nicht den gerade gültigen Kompromiss als alleinig richtig erklären.

Konkreter: was mir schon einleuchten würde ist in der neuen Situation mit vielen Parteien und Wahlkreisgewinnern mit vielleicht nur 20%, dass eine Regelung gilt, dass nur Wahlkreisgewinner mit mehr als 50% oder vielleicht 40% auf jeden Fall ins Paralement einziehen. Der Rest geht über Partei und Liste. Manchmal wird wirklich ein bestimmer Kandidat gewählt, aber viele Wähler wählen mehr die Partei. Ich finde so eine Regelung kann da ein guter Kompromiss sein. Ja, das könnte dann zur Konsequenz haben, dass eine Partei nicht mehr reinkommt. Kann auch ok sein, vielleicht aber auch 3%-Hürde, statt 5%, weil bei Zersplitterung sonst auch zuviele % rausfallen würden?

Gerhard Lenz | Di., 30. Juli 2024 - 08:52

Die CSU wird mit einem blauen Auge davonkommen. Ob das geltende Wahlrecht verfassungskonform ist, oder eben nicht und den Wählerwillen verzerrt, ist reine Interpretation. Und die scheint im vorliegenden Fall CSU und Linke zu begünstigen. Wobei es unwahrscheinlich ist, dass Linke nochmals drei Direktmandate erringen. Eher wird die AfD darauf hoffen, dank Oststärke von der Regel zu profitieren.
Und die CSU? Stellt seit der letzten BT-Wahl mit 5,2% Stimmen 6,1% der Abgeordneten. Die irrlichternde Politik des Herrn Söder dürfte maßgeblich zum Aufstieg der rechten Konkurrenz beigetragen haben. Wer einen Aiwanger schützt und das Feindbild der AfD (Grüne!) teilt, hilft mindestens indirekt der Konkurrenz. Da kann es plötzlich für die 5% nicht mehr reichen. Das Argument, der Direktkandidat stehe für direkte Demokratie, ist sicher übertrieben. Ob der Kandidat da, wo die CSU seit Jahrzehnten 70% gewinnt, Donald Duck oder Mickey Mouse heisst, interessiert höchstens am Rande.

was Ihr Wunschwahlprogramm ist, Herr Lenz:
"Es muss demokratisch aussehen - aber wir müssen alles in der Hand haben!" (Walter Ulbricht, erster Staatsratsvorsitzender der untergegangenen DDR).
40 Jahre SED-Linksfaschismus reichen eigentlich. 1989 hat der Souverän entschieden: nie wieder!

Ernst-Günther Konrad | Di., 30. Juli 2024 - 11:26

Wie eben verschiedene Medien offiziell berichten, nachdem das Urteil ja bereits "versehentlich" einen Tag zu früh auf der Website des BVerfG stand, wurde die wesentlichste geplante Änderung bezüglich der Grundmandatsklausel als verfassungswidrig eingestuft. Die Parlamentsgröße soll aber auf 630 begrenzt werden. Und wieder holt sich diese Regierung eine Klatsche beim BVerfG ab. Nicht das erste und auch nicht das letzte Mal. Compact läßt grüßen. Ich kann mich nicht erinnern, das so häufig das BVerfG bemüht wurde, offensichtlich verfassungswidrige Gesetze und Vorgehensweisen zu beurteilen, wie das in den letzten Jahren der Fall war. Nein, ich glaube nicht, dass die Juristen in den Ministerien schlecht sind oder keine Ahnung haben. Sie müssen schlichtweg der ideologisierten und der rein dem Machterhalt dienenden Agenda der Ampel und davor der Groko dienen, sonst fliegen sie raus. Aufmucken nicht erlaubt, Herr Dr. Maaßen kann ein Lied davon singen. Nochmal Glück gehabt CSU und LINKE.

Wolfgang Borchardt | Di., 30. Juli 2024 - 13:33

In der CDU ist doch alles drin. Etwas Links, etwas Grün, etwas SPD, FDP nicht - hat sich ohnehin erledigt und ganz viel "weiter so" oder will man tatsächlich die Probleme lösen, die man selbst geschaffen hat? So, wie Herr Voigt in Thüringen verspricht, die illegale Migration zu beenden, für die seine CDU den Startschuss gegeben hat? Wer's glaubt, wird selig. K e i n e der im wahrsten Sinne des Wortes "alten" Parteien incl. Grünen wird auch nur ein Problem lösen, haben sie es doch in. Jahren und Jahrzehnten nicht getan. Und sie haben einen mächtigen Feind: Die von ihnen selbst in Befolgungung Brüsseler Gesetze mächtig aufgeblasene Bürokratie, deren Trägheit mit wachsender Masse zunimmt.