Präsident Xi Jinping inmitten von Vertretern afrikanischer Staaten auf dem China-Afrika-Gipfel in Peking / dpa

China und Afrika - Das Imperium schlägt zurück

Der Wettbewerb mit den USA und dem Nahen Osten um Rohstoffe zwingt China dazu, sich wieder auf Afrika zu konzentrieren – gerade als es damit begann, seine Aufmerksamkeit auf andere Länder zu richten. Peking bereitet sich mit neuen wirtschaftlichen Versprechungen auf den Wettbewerb vor.

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Ronan Wordsworth ist Analyst bei Geopolitical Futures.

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Vor etwas mehr als einem Jahr war China dazu gezwungen, weniger Geld für seine Interessen in Afrika auszugeben. Es schränkte seine Kreditvergabe, seine Infrastrukturprojekte und jede Form von Investitionen drastisch ein, weil die Regierungen korrupt waren und es außerdem nicht viel Konkurrenz für China gab. Doch jetzt, da das weltweite Interesse an Afrika wegen seiner Stellung in den Lieferketten und seiner Versorgung mit wichtigen Mineralien wieder erwacht ist, kann Peking nicht länger tatenlos zusehen. Die Gründe für diese Entscheidung sind vielfältig, aber vielleicht am aufschlussreichsten ist, dass Peking glaubt, aus seiner derzeitigen wirtschaftlichen Misere herauszukommen.

Die Bedeutung von Chinas Beinahe-Monopolstellung in Afrika kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Von 2006, als das Land begann, ernsthaft in Afrika zu investieren, bis zum Höhepunkt seiner Investitionen im Jahr 2016 sah sich Peking nur sehr wenig Konkurrenz gegenüber. Dadurch konnte sich die Regierung langfristige Verträge über die Erschließung von Minen und den Export von Rohstoffen sichern und große Handelsungleichgewichte aufrechterhalten. Außerdem verschaffte es China einen enormen Vorsprung bei der Entwicklung von Batterien, Solarzellen und anderen Produkten im Bereich der grünen Energie. Pekings Strategie war selbst dann erfolgreich, als die afrikanischen Regierungen ihre Kredite nicht zurückzahlten und sogar dann, als China selbst unter wirtschaftlichen Druck geriet. Die Minen blieben geöffnet und sorgten für einen konstanten Nachschub an wichtigen Mineralien.

Aber andere Länder wurden hellhörig. Die Vereinigten Staaten beabsichtigen nun, mit Afrika eine Partnerschaft einzugehen, zum Teil, um Handelsbeziehungen aufzubauen, vor allem aber, um Zugang zu seinen Ressourcen zu erhalten. Ein Beispiel dafür war das erste Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der USA und Afrikas im Dezember 2022, bei dem Präsident Joe Biden führende Vertreter des Kontinents empfing, um das Engagement Washingtons für den Aufbau eines neuen wirtschaftlichen Engagements, die Stärkung der Beziehungen, die Förderung von privatem Beteiligungskapital zur Verwendung in Schlüsselbereichen wie Gesundheit, Infrastruktur, Energie, Agrarindustrie und Digitaltechnik sowie für die Unterstützung von Friedensinitiativen auf dem gesamten Kontinent zu demonstrieren. So flossen im Jahr 2023 private und staatliche Investitionen in Rekordhöhe aus den USA nach Afrika.

Der jüngste China-Afrika-Gipfel konzentrierte sich auf die Frage, wie die afrikanischen Exporte aufgewertet werden können

Ein wichtiger Empfänger dieser Gelder war das Lobito-Korridor-Projekt. Mit europäischer Hilfe mobilisierten die Vereinigten Staaten fast zwei Milliarden Dollar für die Entwicklung dieses Schienenkorridors, der den Kupfergürtel in Sambia und der Demokratischen Republik Kongo mit der angolanischen Küste verbindet und einen zuverlässigen Weg für den Export von Kupfer, Kobalt und anderen Seltenen Erden wie Niob, Tantal und Germanium zu den Schifffahrtsrouten im Atlantik bietet. Der Lobito-Korridor ist nicht nur eine wirtschaftliche Initiative, sondern auch eine Möglichkeit für die USA und Europa, der Dominanz Chinas bei wichtigen Mineralien entgegenzuwirken und die sonst wackeligen Lieferketten zu stärken.

Der Westen steht mit seinen Interessen nicht allein da. In dem Bestreben, ihr Portfolio von Kohlenwasserstoffen weg zu diversifizieren, haben viele Länder des Nahen Ostens begonnen, in afrikanische Rohstoffmärkte zu investieren. Die Türkei, Saudi-Arabien, der Iran, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar sind dort aktiv, und obwohl sie in verschiedenen Ländern und Sektoren und mit unterschiedlichen kurzfristigen Zielen tätig sind, stehen sie alle in direkter Konkurrenz zu China. Die Vereinigten Arabischen Emirate zum Beispiel, die inzwischen der viertgrößte Investor auf dem Kontinent sind, beteiligen sich an Bereichen wie Infrastruktur, Energie, Verkehr und Logistik – Bereiche, in denen China früher stark vertreten war. Außerdem unterzeichneten sie ein Abkommen mit der Demokratischen Republik Kongo über die Gründung eines Bergbau-Joint-Ventures zum Abbau von Tantal, Wolfram und Zinn – alles wichtige Rohstoffe für die Herstellung grüner Technologien.

China ist nach wie vor der wichtigste Handelspartner Afrikas und der größte Nutznießer afrikanischer Ressourcen, aber seine Position ist heute bei weitem nicht mehr so stark wie noch vor einigen Jahren. Tatsächlich war das chinesische Engagement schon vor dem Wiederaufflammen des Wettbewerbs zurückgegangen. Die Mittel für Programme in den Bereichen Landwirtschaft, Klima und Umwelt, Gesundheit, Frieden und Sicherheit sowie Handel gingen um rund 50 Prozent zurück. In dieser Zeit ging auch die Zahl der angekündigten Projekte um 80 Prozent zurück. Bei einem Telefonat mit afrikanischen Staatsoberhäuptern im Jahr 2021 erwähnte der chinesische Präsident Xi Jinping die kontinentale Infrastruktur – einst ein Markenzeichen ihrer Beziehungen – mit keinem Wort.

Der jüngste China-Afrika-Gipfel, der erst vor wenigen Tagen stattfand, konzentrierte sich auf die Frage, wie die afrikanischen Exporte aufgewertet werden können. Nach Angaben des chinesischen Außenministeriums erreichten die Einfuhren aus Afrika in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren 305,9 Milliarden Dollar und übertrafen damit die vorläufigen Ziele, was den angestrebten Wert angeht – doch es gelang nicht, über den Nutzen der Mineralien selbst hinaus einen Mehrwert zu schaffen. Peking erklärte auch, es wolle sein Handelsungleichgewicht abbauen, um eine neue Ära der bilateralen Beziehungen einzuleiten, und zeigte damit seine Bereitschaft, eine anspruchsvollere Beziehung zu entwickeln, die auf Handelsbeziehungen und potenziellen Abhängigkeiten und nicht nur auf der Förderung basiert.

2023 kamen die chinesischen Investitionen in Afrika wieder in Schwung

Und da China weiß, dass seine Position in Afrika im Vergleich zu anderen Ländern geschwächt ist, hat es sich auf den kommenden Wettbewerb entsprechend vorbereitet. Zu seinen Plänen gehören vor allem die größten militärischen Zusagen aller Zeiten, aber der Schwerpunkt seiner Bemühungen liegt nach wie vor auf der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Auf dem Gipfeltreffen in der vergangenen Woche kündigte Xi an, dass der „Pekinger Aktionsplan für 2025-2027“ in den nächsten drei Jahren 360 Milliarden Yuan (45 Milliarden Euro) für den Kontinent bereitstellen wird. Dazu gehören Kreditfonds, auf Yuan lautende Staatsanleihen, private Investitionen chinesischer Unternehmen, die Beteiligung an 30 Infrastrukturprojekten, die Schaffung von einer Million Arbeitsplätzen in Afrika, eine einseitige Verbesserung des Marktzugangs für den afrikanischen Handel, 30 Projekte für saubere Energie sowie die chinesische Beteiligung an der Entwicklung der afrikanischen Kernenergie.

Dies ist zwar keine Kleinigkeit, aber in gewisser Weise entspricht es einfach den früheren Bemühungen. Im Jahr 2023 kamen die chinesischen Investitionen in Afrika wieder in Schwung. Ende August meldete die Global China Initiative, dass China Kredite in Höhe von umgerechnet 4,2 Milliarden Euro an acht afrikanische Länder und zwei regionale Finanzinstitutionen bewilligt hatte, was den ersten jährlichen Anstieg der Kredite an den Kontinent seit dem Höhepunkt der Neue-Seidenstraße-Initiative darstellt. Nachdem zwei Jahre lang keine Energieinvestitionen in Afrika getätigt wurden, hat China auch wieder kleine Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, etwa Solar- und Wasserkraft, finanziert. Diese Projekte bleiben jedoch bescheiden, und die von Xi auf dem Gipfeltreffen versprochenen „30 Projekte für saubere Energie“ werden wahrscheinlich eine ähnliche Größenordnung haben. Auch die Infrastrukturprojekte werden voraussichtlich kleiner ausfallen, da die Lehren aus früheren Großprojekten gezogen wurden, die mit Rückzahlungsproblemen zu kämpfen hatten. China vergibt jedoch weiterhin Kredite an Länder mit anhaltenden finanziellen Schwierigkeiten, darunter Ägypten, Nigeria und Angola – drei der größten Kreditnehmer des Landes.

Die Konkurrenten wolen ihre Abhängigkeit von der chinesischen Produktion im Rahmen der grünen Energiewende verringern

Eine bemerkenswerte Absichtserklärung des Gipfels betraf die Wiederbelebung einer Eisenbahnlinie zwischen Tansania und Sambia. Die 1976 gebaute und durch ein zinsloses chinesisches Darlehen finanzierte Eisenbahn trägt dazu bei, dass Kupfer und Kobalt aus Sambia und der Demokratischen Republik Kongo die Häfen in Tansania erreichen. Xi zufolge soll die renovierte Eisenbahn die Vorteile der Zusammenarbeit zwischen China und Afrika hervorheben. Sie scheint auch eine direkte Antwort auf den Lobito-Korridor zu sein.

Neben wirtschaftlicher Unterstützung sagte Xi Afrika auch Militärhilfe in Höhe von umgerechnet 127 Millionen Euro zu. Das Hilfspaket umfasst die Ausbildung von 6000 Militärangehörigen, 1000 Polizisten und 500 jungen Militäroffizieren, die zur weiteren Ausbildung nach China kommen werden. Die unsichere Lage in Ländern wie dem Sudan, der Sahelzone, der Demokratischen Republik Kongo und der Zentralafrikanischen Republik beeinträchtigt die chinesischen Bergbau- und Logistikaktivitäten. Darüber hinaus ist ein Teil dieser Instabilität auf russische Aktivitäten zurückzuführen, da Moskau die Gesetzlosigkeit ausnutzt, um sich Zugang zu Mineralien zu verschaffen und diese heimlich zu exportieren. Diese Dynamik hat zu Zusammenstößen zwischen chinesischen und russischen Akteuren in Gebieten wie der Zentralafrikanischen Republik geführt. In der Zwischenzeit entfielen 19 Prozent der Waffenimporte der afrikanischen Länder südlich der Sahara zwischen 2019 und 2023 auf China – eine Zahl, die wahrscheinlich noch steigen wird, da Russland weiterhin mit der Ukraine beschäftigt ist.

Obwohl die afrikanischen Staats- und Regierungschefs diese Zusagen begrüßten, sind sie nun in einer stärkeren Verhandlungsposition gegenüber Peking. Infolgedessen ist es unwahrscheinlich, dass China das Niveau der Infrastrukturfinanzierung von vor 2016 erreichen wird. Stattdessen verfolgt Peking eine vielschichtige Strategie: Es vertieft die militärischen Beziehungen zu afrikanischen Ländern und signalisiert gleichzeitig, dass es wieder ein verlässlicher Partner für Entwicklungshilfe ist. Diesmal steht es in erheblichem Wettbewerb mit den Ländern des Westens und des Nahen Ostens. Diese Konkurrenten fordern Chinas traditionelle Einflussgebiete heraus und arbeiten daran, ihre eigenen Lieferketten zu sichern, um ihre Abhängigkeit von der chinesischen Produktion im Rahmen der grünen Energiewende zu verringern.

Der China-Afrika-Gipfel zeigt, dass der Wettbewerb China dazu gezwungen hat, sich wieder auf Afrika zu konzentrieren – gerade als es damit begann, seine Aufmerksamkeit auf andere Länder zu richten.

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Karl-Heinz Weiß | Fr., 13. September 2024 - 10:18

In Asien ist China mit seiner Strategie zunehmend auf Widerstand gestoßen: Märkte mit billigen Produkten überschwemmen, Abhängigkeiten schaffen und dadurch die Entwicklung von Wirtschaftsstrukturen verhindern. Momentan ist Europa der Ausweichmarkt für die chinesische Exportwirtschaft. Teile und herrsche, und Ungarn ist ein tatkräftiger Verbündeter. Und auch ein früherer EU-Kommissar ist nicht untätig.

Alexander Brand | Fr., 13. September 2024 - 12:08

Antwort auf von Karl-Heinz Weiß

China hat sich in ganz Europa ausgebreitet, vor allem aber im Süden. Billige Kredite vergeben, Bauvorhaben finanziert und mit eigenen Leuten umgesetzt, kritische Infrastruktur wie Häfen, Flughäfen etc. aufgekauft. Schlüsselindustrien wie Kuka aufgekauft, Wissen und Wohlstand wandern ab!

Von den massiven Abhängigkeiten bei banalen Gütern des Alltags und Medikamenten gar nicht zu sprechen. An den großen Hochschulen Deutschlands und Europas treiben Dependancen des chinesischen Propagandaministeriums ihr kommunistisches Unwesen etc.

Das ist ein Thema für alle Regierungen Europas und für Brüssel, leider läßt man sich lieber vor den Karren der VSA spannen und führt einen Stellvertreterkrieg in der Ukraine! China scheint keinen zu Interessieren, Habeck & Co. träumen sogar von chinesischen Verhältnissen!

China hat uns in der Hand, wir wollen es nur nicht wahrhaben - game over!

Alexander Brand | Fr., 13. September 2024 - 10:46

hat sich in den letzten 50 Jahren zu oft verzockt! Der erzwungene Niedergang des wohlhabenden und erfolgreichen südlichen Afrikas war der erste große Fehler in Afrika. Man setzte korrupte Diktatoren an die Macht die man bezahlte/mit Waffen belieferte um die eigenen strategischen Ziele zu sichern, diese sorgten für den Niedergang der meisten afrikanischen Länder! Rhodesien, die einstige „Kornkammer“ Afrikas, wurde unter Diktator Mugabe zum Armenhaus! Der ANC ist das Korrupteste, was in Südafrika je an der Macht war, das Land geht den Bach runter!

Die Fehlentscheidungen setzen sich bis heute fort, die VSA fanden es wichtiger einen Krieg in der Ukraine zu instigieren und so Rußland zu verprellen als eine weltweite Allianz inkl. Rußland gegen den Expansionsdrang Chinas zu gründen. Ergebnis des Ukrainefiaskos: Destabilisierung Europas und Stärkung Chinas, 80% der Weltbevölkerung stehen auf der Seite Rußlands, darunter Afrika, Südamerika, Indien, China

Der Westen ist am Ende!

Tomas Poth | Fr., 13. September 2024 - 11:23

China hat 2022 von uns 495,7 mio. € Entwicklungshilfe bekommen.
Noch irgendwelche Fragen zur Altparteienpolitik?

Uns fehlt Geld im Haushalt?
Es gibt viele Stelle wo der Rotstift ansetzen kann. Bei den zig-Milliarden Migrationskosten angefangen.

Dietmar Philipp | Fr., 13. September 2024 - 14:58

50 Milliarden € allein von Deutschland Rüstungshilfe, geschlossen von der Regierung, von den Politikern, aber nicht vom deutschen Steuerzahler. Das ist Demokratie pur, Scholz hilft der Ukraine solange wie nötig, wie lange wollen wir uns das denn noch ansehen -NEUORDNUNG!

A Otto | Fr., 13. September 2024 - 18:49

um sich auch weiterhin mit zig Milliarden Investitionen den Zugang zu afrikanischen Rohstoffen zu erschließen und zu erhalten. Und was machen wir? Wir haben das Land mit den weltweit größten Reserven an Rohstoffen und Energieträgern fast vor der Haustür und beginnen gerade mit diesem Land einen Wirtschaftskrieg, der uns selbst schon Hunderte von Milliarden gekostet hat. Und mit diesem Krieg treiben wir Russland in die Arme und Abhängigkeit von China. Versteht das irgendwer?