- Cicero Podcast Literaturen: „Kunst hat immer ihren Weg gemacht“
Sie ist Jüdin, ihre Familie stammt aus der Ukraine, sie selbst ist in Moskau geboren und in Deutschland aufgewachsen. Die Schriftstellerin und Theaterautorin Sasha Marianna Salzmann gehört zu den faszinierendsten Stimmen in der deutschen Literaturlandschaft. Ihre Arbeiten wurden vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Preis der Literaturhäuser. Im Cicero-Podcast LITERATUREN spricht Salzmann über den Krieg in der Ukraine, über Herkunft und Nationalität – und ihren Einsatz für Flüchtlinge.
Es waren viele Gespräche, die Sasha Marianna Salzmann mit Ukrainerinnen aus der Donbass-Region geführt hat, als Vorbereitung für ihr jüngstes Buch „Im Menschen muss alles herrlich sein“. Es erzählt von vier Frauen aus zwei Generationen, die in Deutschland auf eine bessere Zukunft hoffen. Und von der Sprachlosigkeit zwischen den jüngeren und den älteren, die im Denken und Fühlen noch der Sowjetzeit vor 1989 verhaftet sind, nicht in der Gegenwart leben. Für die Töchter, die keine Zugang zu der Welt finden, die ihre Eltern geprägt hat, sind diese „Sowjetmenschen“, „diktaturgeschädigte Jammerlappen und Perestroika-Zombies“.
Wie präsent diese Vergangenheit ist, zeigt für Salzmann der Krieg in der Ukraine. „Es bringt aber nichts, so zu tun, als wäre die Vergangenheit vergangen. Das ist sie leider nicht“, sagt Salzmann. „Das ist ja das, was wir jetzt gerad so blutig und tragisch erleben.“
Es wirkt beinahe unwirklich, dass dieses Gespräch, zu dem Salzmann Salon-Ressortleiterin Ulrike Moser in ihre Wohnung über den Dächern von Kreuzberg eingeladen hat, an einem so strahlendem Frühlingstag stattfindet, während im Hintergrund die Vögel zwitschern. Denn Sasha Salzmann ist tief erschüttert durch diesen Krieg. „Es hat sich eine Trauer und Verzweiflung über mich gelegt, die ich wahrscheinlich erstmal nicht loswerde“, sagt Salzmann. „Ich halte es dadurch aus, dass ich hilfreich sein kann für Leute, die hier sind.“ Etwa indem sie Wohnungen für Flüchtlinge sucht, bei Ämtergängen oder Arztbesuchen behilflich ist.
Salzmann und ihre Familie sind selbst aus Russland emigriert, weil sie Juden sind, als sogenannte Kontingentflüchtlinge. Da war sie zehn Jahre alt. Sie glaubt, dass jede Emigrationswelle ein Land verändert. „Und es ist besser, darauf zu achten, wie, und mitzugestalten.“
Am 28. Oktober 2021 erschien in der November-Ausgabe von Cicero dieser Artikel zu Sasha Marianna Salzmann.
Das Gespräch wurde am 29. April 2022 aufgezeichnet.
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