- Sommer, Sonne, Seitensprung
In der französischen Sommerkomödie „Liebesbriefe aus Nizza“ erfährt ein konservativer, pensionierter Offizier, dass seine Frau ihn vor 40 Jahren betrogen hat. Sein Rachefeldzug entwickelt sich dann aber zur Läuterung eines alten Mannes.
Man könnte ihn einen Prinzipienreiter nennen. Pedant, Moralist oder Korinthenkacker würden aber auch passen. In den 73 Jahren, die François Marsault bisher auf dieser Welt verbracht hat, ist er sich stets treu geblieben. Konsequent lebt der pensionierte Offizier, Ehemann und Vater dreier erwachsener Kinder nach seiner konservativen, autoritären, patriotischen Weltanschauung. Ihn davon abzubringen, hat keinen Sinn. Ivan Calbéracs Komödie „Liebesbriefe aus Nizza“ zeigt, wie dieser verstockte Patriarch in sich schließlich doch noch den sensiblen und vor allem liebender Mann entdeckt. Das kommt harmlos daher, ist es aber nicht.
Denn Frankreich ist eine hoch polarisierte Gesellschaft. Die vergangenen Parlamentswahlen haben das einmal mehr deutlich gemacht. Auf der einen Seite steht der nationalkonservative Rassemblement National, auf der anderen das in Teilen linksradikale Bündnis „Neue Volksfront“ und Macrons liberales „Ensemble“. Dabei sieht sich das linksliberale Lager als Vorkämpfer für ein modernes, offenes und diverses Frankreich. Der Rassemblement hingegen vertritt konservative und traditionelle Werte – so wie der Protagonist dieses Films sie achtet und lebt. Dazu gehört neben Patriotismus, ein klassisches Familienbild, Achtung vor dem Militär, Loyalität – und Treue. „Liebesbriefe aus Nizza“ macht sich über diese Werte unverhohlen lustig. Insofern ist diese lustig-lässig daherkommende Sommerkomödie zugleich ein eminent politischer Film.
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