Thomas Kemmerich / Dominik Herrmann

Thomas Kemmerich im Gespräch mit Clemens Traub - Cicero Podcast Politik: „In diesem Moment hatte ich das Gefühl, vogelfrei zu sein“

FDP-Politiker Thomas Kemmerich über seine kurze Amtszeit als Ministerpräsident von Thüringen und die bevorstehende Landtagswahl.

Autoreninfo

Clemens Traub ist Buchautor und Cicero-Volontär. Zuletzt erschien sein Buch „Future for Fridays?“ im Quadriga-Verlag.

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Thomas Kemmerichs Wahl zum Ministerpräsidenten mit den Stimmen der AfD löste 2020 in Thüringen eine Regierungskrise aus. Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich aus Südafrika zu den Wahlen in Thüringen und forderte deren Wiederholung. In linken Milieus wurde er regelrecht zu einer Hassfigur. Der FDP-Politiker wurde bedroht und selbst seine Kinder mussten unter Polizeischutz gestellt werden. „In diesem Moment hatte ich das Gefühl, vogelfrei zu sein“, sagt Kemmerich. Auf Druck seiner eigenen Partei trat er nur wenige Tage nach seiner Wahl wieder zurück.

Die große Unzufriedenheit in der Bevölkerung über die Berliner Ampel drücke sich auch in seinen momentanen Umfragewerten aus. Die Ampel sei eine rot-grüne Zitronenpresse, bei der es meistens nur zu unbefriedigenden und unbeliebten Minimalkompromissen komme, sagt das Enfant Terrible der FDP. Doch obwohl die thüringischen Liberalen in Umfragen derzeit bei 3 Prozent liegen, ist Kemmerich zuversichtlich, dass sie den Einzug in den Landtag schaffen werden: „Viele Thüringer schätzen an mir, dass ich mich nicht verbiege und als erfahrener Unternehmer das Berufsleben auch außerhalb der Politik kenne.“

Die AfD liegt in Thüringen nach Umfragen gerade bei 29 Prozent und damit weit vor der CDU. Kemmerich hält es für einen Fehler, alle AfD-Wähler pauschal als Nazis zu verunglimpfen. „Ich suche das Gespräch mit Menschen, die ihr Kreuz vermutlich bei der AfD machen werden. Dabei ist mir wichtig, dass ich ihnen bei Meinungsunterschieden auch entschieden widerspreche, allerdings müssen wir politisch Verantwortliche doch versuchen, enttäuschte Bürger für uns zurückzugewinnen.“ 

Thomas Kemmerich und Clemens Traub
Thomas Kemmerich (li.) und Clemens Traub in der Cicero-Redaktion / Dominik Herrmann

Das Gespräch wurde am 6. August 2024 aufgezeichnet.

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Ernst-Günther Konrad | Fr., 16. August 2024 - 16:45

Ich weiß nicht so recht Herr Kemmerich, was ich davon halten soll. Ich sage Ihnen ganz ehrlich. Spätestens, aber wirklich aller spätestens, wenn meine Familie angegriffen wird, egal wie, hört bei mir das Verständnis auf. Allein der Affront Ihrer Partei, sie zum Rücktritt aufzufordern und das sie dem Druck natürlich nicht standhalten konnten, hätte bei mir als Reaktion sofort am nächsten Tag mein Parteiaustritt zur Folge gehabt. Wer liberale "Freunde" hat, braucht keine Feinde. Sie sind Unternehmer und dürften unabhängig sein. Was man da gemacht hat, wie man da mit Ihnen umgegangen ist, war ehrverletzend und einfach nur widerlich. Deshalb verstehe ich nicht, wie sie dennoch weiter dieser Parteien angehören können und welches Kraut sie rauchen, wenn sie glauben, die FDP käme in den Landtag. Sorry Herr Kemmerich, bei allem Respekt für ihre Lebensleistung, da haben sie für mich an Glaubwürdigkeit und Charakter verloren als sie mit sich haben so umgehen lassen und keine Konsequenzen gezogen

Klar, ich hätte mein FDP Parteibuch Post wendend nach Südafrika geschickt und dem „Blumenmädchen“ den Strauß, den sie mir vor die Füße warf, um ihre roten Ohren gehauen.
Aber es gibt eben in diesem Lande eben doch noch Idealisten die an das Unternehmertum und die links grüne Demokratie glauben, die aber trotz ihres Idealismus an der 5% Hürde scheitern nicht zuletzt auch darum, dass die Berliner FDP Oberen ihre Unterstützung Kemmerichs beim Thüringer Wahlkampf alle samt versagten. Diese Duckmäuser & Kleingeister….Jedoch, die Strafe folgt auf dem Fuße, da die FDP bei allen drei LT Wahlen im Osten aus den Landtagen fliegen wird ….. trotz des wackeren
FDP‘ ler Kämmerich.
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

Da kann ich Ihnen zustimmen, aber etwas anderes ist mir neben
dem widerlichen Blumenmädchen noch in Erinnerung.

Es gab aus anderen Parteien Leute, die Herrn Kemmerich zur Wahl
gratulierten (ich glaube z. B. Frau Bär-CDU und Herr Kubicki-FdP)
und als dann Frau Murksel den Ukas zur Wahlwiederholing
aussprach, verkrochen sich die Gratulanten wieder vor lauter Angst.
Das Ende des Trauerspiels war dann die erneute Demonstration
des "Stehvermögens" der FdP.

Persönlich hätte ich an Stelle des Herrn K. wahrscheinlich auch die
Konsequenzen gezogen, aber das ist seine eigene Sache.

Viel wichtiger ist momentan, dass die Wähler in Thüringen und
in Sachsen in zwei Wochen dem Ampel-Irrsinn in Berlin die
Leviten lesen, zwar ändert sich im Bund noch nichts, aber in den
beiden Bundes-Ländern könnten wir sie auf die Strafbank schicken.

Höhepunkt war gestern für mich im TV die Frau Kaddor (Grüne)
zu den afghanischen Urlaubern (z. B. Papiere besorgen?).

Es ist alles nur noch unfassbar!

MfG aus Sachsen

Ingofrank | Sa., 17. August 2024 - 21:03

Antwort auf von Volker Naumann

Herr Kuban damaliger Vorsitzender der Jungen Union, Christian Hirte dem die Gratulation den Posten des „Ostbeauftragten“ kostete
I.ü. teile ich Ihre Einschätzung, egal wer letztlich die Regierung ohne AFD Beteiligung stellen kann, wichtig ist die Pole Position und die damit verbundene Signalwirkung.
M f G a d Erfurter Republik

Theodor Lanck | Fr., 16. August 2024 - 20:33

Es wäre schön gewesen, auch etwas über Kemmerichs Pläne für Thüringen zu erfahren: Wirtschaftspolitik, Innenpolitik, Regionalpolitik, Bildungspolitik...

Ansonsten: Mehr Erleichterungen für Betriebe. Bürokratieabbau. Ein paar organisatorische Änderungen bei den Zuständigkeiten in der Migrationspolitik (machen sich dieser Tage bekanntlich besonders gut). Typische FDP-Politik eben. Nichts Aufsehenerregendes.
Zu beobachten diese Woche im MDR in der Diskussion der Spitzenkandidaten der Parteien für die Thüringen-Wahl. Auf der Webseite findet man auch die wesentlichen Aussagen der diversen Wahlprogramme.
Überhaupt war die Diskussion ein unterhaltsames Programm. Munter wurde es immer dann - no surprise - wenn Björn Hoecke ansetzte, in typischer AfD-Manier über Bundesthemen zu dozieren, Landespolitik interessiert ihn offensichtlich nicht. Denn letztlich dürfte der erhoffte Machtgewinn in Erfurt nur Mittel zum Zweck sein: Hoecke will viel mehr, als nur in einem der kleinsten Bundesländer der BRD zu regieren.
Und Kemmerich? Hat bis heute nicht wirklich verstanden, dass er von der AfD "damals" nur benutzt wurde.

Vielen Dank. Was die Bewertung der 2020er Wahl Kemmerichs angeht, stimme ich Ihnen aber nicht zu. Man kann es auch so sehen: Mit der Wahl Kemmerichs hat die AfD für ein liberales Regierungsprogramm gestimmt, ob sie das wollte oder nicht. Dafür hatte Kemmerich ihr nichts zugesagt, weder Posten noch Rechtsakte. Aus meiner Sicht wurde da eine Chance vertan.

Urban Will | Sa., 17. August 2024 - 10:10

vor dem linksgrünen, von den Schwarzen hofierten medialen u gesellsch. Mob hoch. Was hat man Kemmerich und seiner Familie in diesem Land, das sich „Demokratie“ nennt, nur angetan. Ekelhaft. Die Scheinheiligkeit und Einseitigkeit der medialen und auch gesellschaftlichen Öffentlichkeit ist in einem beängstigenden Maße verdorben.
Somit verstehe ich Kemmerichs Rückzug.
Was er sagt, hat Hand und Fuß, doch träumt er von Wahlergebnissen, die er nicht bekommen wird. Und auch wenn er Brandmauern bei Einzelthemen ablehnt, übertreibt er in Sachen AfD. Immerhin zeigt er gewisses Verständnis für deren Aufstieg, aber den Mut, vom allgemeinen „rechtsradikal“Narrativ abzuweichen und auch in einem Höcke einen – wenn es denn so käme – demokratisch gewählten MP zu sehen, hat er nicht.
Das macht in dann doch zu einem Nachläufer des Mainstreams.
Die AfD muss endlich mal regieren,damit sie auf den Boden kommt. Das täte der Demokratie gut. D muss nicht immer Sonderwege gehen.
Thüringen wäre ein guter Anfang.