Angela Merkel und Wladimir Putin beim G20-Gipfel in Hamburg, 7. Juli 2017 / dpa

Angela Merkels Memoiren - Dreimal grünes Licht für Putin gegeben

Angela Merkels Haltung 2008 gegen den Nato-Beitritt der Ukraine, die sie in ihren Memoiren rechtfertigt, war gegenüber Putins Russland weniger verheerend als ihre Ignoranz in Sachen Bundeswehr, der Atomausstieg und andere Nachlässigkeiten.

Autoreninfo

Arnold Vaatz war DDR-Bürgerrechtler, 1990 bis 1992 Staatsminister in der Sächsischen Staatskanzlei und von 1992 bis 1998 Sächsischer Staatsminister für Umwelt und Landesentwicklung. Vaatz war von 2002 bis 2021 stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. 

So erreichen Sie Arnold Vaatz:

2008 lag dem Nato-Gipfel in Bukarest das Ersuchen der Ukraine und Georgiens vor, in einen sogenannten Membership Action Plan (MAP) aufgenommen zu werden, der als unmittelbare Vorstufe einer ordentlichen Nato-Mitgliedschaft zu verstehen ist. Er wurde auf aktives Betreiben von Angela Merkel und Nicolas Sarkozy beiden Staaten verweigert. Dies heißt zunächst: Es war nicht der böse expansive Drang des Westens und insbesondere der Inkarnation des Bösen, der USA, der die Ukraine und Georgien gegen deren Willen in eine Allianz gegen das friedliebende Russland pressen wollte, sondern der freie Wille zweier demokratischer Staaten von ihrer natürlichen Koalitionsfreiheit Gebrauch zu machen. Und es war das angesprochene Militärbündnis, das sich diesem Wunsch verweigert hat. 

Heute leben wir tief im zehnten Jahr des blutigsten und gefährlichsten Krieges in Europa seit 1945. Er fordert mittlerweile etwa eine Million Tote, Verwundete oder Vermisste, zehntausende Deportierte und mehr als 10 Millionen Flüchtlinge, einschließlich der fast 4 Millionen Binnenflüchtlinge. In Georgien ist die prowestliche Regierung gestürzt. Unter massiver Nutzung der Bilder von den Trümmern ukrainischer Städte als Wahlpropaganda, ist bei den jüngsten Wahlen dort mit knapper Mehrheit eine prorussische Regierung bestätigt worden. Gegen Moldawien führt Russland großangelegte Destabilisierungskampagnen. 

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar
  • Ohne Abo lesen
    Mit tiun erhalten Sie uneingeschränkten Zugriff auf alle Cicero Plus Inhalte. Dabei zahlen Sie nur so lange Sie lesen – ganz ohne Abo.

Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns über eine konstruktive Debatte. Bitte achten Sie auf eine sachliche Diskussion. Die Redaktion behält sich vor, Kommentare mit unsachlichen Inhalten zu löschen. Kommentare, die Links zu externen Webseiten enthalten, veröffentlichen wir grundsätzlich nicht. Um die Freischaltung kümmert sich die Onlineredaktion von Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr. Wir bitten um Geduld, sollte die Freischaltung etwas dauern. Am Wochenende werden Forumsbeiträge nur eingeschränkt veröffentlicht. Nach zwei Tagen wird die Debatte geschlossen. Wir danken für Ihr Verständnis.

Christoph Kuhlmann | So., 1. Dezember 2024 - 15:30

Ich habe den Artikel nicht gelesen. Weil ich an eine Person, die nach 10 Jahren Migrationsschlendrian 2014/15 Millionen illegaler Migranten ins Land lässt keinen Gedanken mehr verschwende. Sie ist eine Metapher für die Kurzsichtigkeit der Eliten diesen Landes. Ihre Blind Spots und ihre Unfähigkeit über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen. Sie ist eine Metapher für die Unfähigkeit von Politikern Konflikte gegen Umfragemehrheiten zu führen und sowohl rhetorisch als auch machtpolitisch zu gewinnen. Der letzte Kanzler, der dies konnte war Helmut Schmidt. Der fuhr auch nicht auf Sicht, sondern dachte schon mal 30 Jahre im Voraus. Das Energie-Harakiri bescherte privaten Investoren staatlich garantiert Gewinne von 15%, während man Russland 60% des Gasmarktes überließ, die eigenen Reserven im Boden ließ und auch noch den Verkauf der größten Gasspeicher an Gazprom erlaubte. Der Kapitalismus verkauft den Strick an dem man ihn aufhängt sagte Marx. Die deutsche Energiepolitik beweist es.

Karl-Heinz Weiß | So., 1. Dezember 2024 - 15:56

Merkels Entscheidung von 2008 (zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten) war wohl eine ihrer letzten richtigen. Die verantwortungslose "Entkernung" der Bundeswehr konnte man in ihrer ganzen Tragweite bei der Ernennung von Frau Lambrecht erkennen. Im Lichte der Memoiren werden die Dimensionen deutlich, wie die Ex-Kanzlerin die CDU "verbogen" hat. Frau Merkel hat zwar Physik studiert, aber ihr Forschungsschwerpunkt war die Quantenphysik. Nach der Definition ihres Mitbegründers Niels Bohr hat derjenige, der von der Quantentheorie nicht verwirrt ist, diese nicht verstanden. Dies trifft auf die Ex-Kanzlerin im vollen Umfang zu.

Stefan Jarzombek | So., 1. Dezember 2024 - 16:12

Die Mutter des deutschen Niedergangs versucht zu relativieren und zu beschwichtigen.
Ihr Portrait auf dem Cover des
Spiegel , dazu die typische Aussage "Männer".
Als ob die beste Kanzlerin,die die Grünen je hatten, es besser gemacht hätte als Scholz oder Merz oder Habeck.
Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, bleibt das Wetter nämlich meistens wie es ist.
Die Karre ist verfahren und Deutschland steht mit dem Rücken zur Wand.
Schuld ist nicht Putin und seine Ukraine Politik, sondern der deutsche Michel, der meistens erst aufwacht wenn alles zu spät ist.
16 Jahre Merkel und deren Fortführungspolitik durch Olaf Scholz hat sich das Wahlvolk selbst zuzuschreiben.
Auch ein Unding, daß die Partei,die die meisten Stimmen bei Wahlen bekommt ignoriert wird und sich die Looser zusammensetzen und irgendwie doch im gleichen Stil weiterhin regieren wie zuvor.
Konsequenzlos versteht sich's.
Das Gewand scheint demokratisch, die Realpolitik diktatorisch.
Wer das nicht sieht ist auf beiden Augen blind.

Urban Will | So., 1. Dezember 2024 - 16:12

der Mut hat. Zumindest haut er raus, was er denkt und schert sich nicht darum, wie es ankommt. Er ist der einzige aus diesem Haufen von Bücklingen, der sich traut, die Matrone direkt anzugehen und sie zu kritisieren.
Immerhin redet er Klartext über den Krieg und macht das, was auch öffentlich längst viel deutlicher angesprochen werden müsste: er thematisiert die Mitschuld des Westens, redet ganz klar über die Fehler, die damals gemacht wurden. Den Hinweis auf die Tatsache, dass die Baltenstaaten trotz Mitgliedschaft bisher „verschont“ wurden, halte ich für unpassend. Vielleicht hätte die NATO 2004 einfach mal aufhören sollen mit ihrer Expansion.
Niemand hat bisher Merkel so brutal und direkt eine Mitschuld am Krieg zugeschrieben und auch sonst so umfassend direkt und schonungslos kritisiert.
Und Vaatz hat ja vollkommen Recht und verdient Respekt.
Solche direkten Worte wünschte man sich mal vom Fritzel. Aber der macht sich wohl schon in die Hosen, wenn die Matrone den Raum betritt.

Henri Lassalle | So., 1. Dezember 2024 - 16:16

der Ukraine war für den Kreml schon immer ein sujet tabou. Putins warndende Worte - auch anlässlich einer Sicherheitskonferenz in München - hätten ernst genommen werden sollen. Entgegen vieler Meinungen ist Putin kein notorischer Bluffer.
Merkel, die stets nur ihre Parteikarriere und ihre Rolle als Klassenbeste (Streberin) im Sinn hatte, verkannte, wie vieles andere, die eigentlichen Intentionen Putins.
Umso erstaunlicher ist die aktuelle Äussererung Selenskis, von Ru besetzte Gebiete "vorläufig" abzutreten, aber die Restukraine der Nato unterstellen. Der Mann hat wohl den Faden zur Realität verloren, er wirkt verzweifelt.
Es stimmt, die USA sind in den Augen Russlands der Satan, der Unruhe-und Unheistifter der Welt. Das habe ich oft vom ehemaligen russischen Botschafter in Paris gehört. Ich glaube nicht, dass sich dies geändert hat. Und die USA sind das Synonym für NATO.

Peter William | So., 1. Dezember 2024 - 17:52

5 x hätte in so einem kurzen Abschnitt, also auch noch schlechter Stil in ihrem sich wohl schlecht verkaufendem Werk. Hoffentlich bleibt es so. Georgien ist hinter dem Schwarzen Meer von uns aus gesehen. Wie wollt militärisches Material dorthin verlegen? Mit dem Zug über Russland (Hähä) oder durch die Türkei, oder unseren tollen Luftwaffe (Hähä)? Georgien in die EU oder Nato aufzunehmen ist einfach mal unrealistisch und fast schon unmöglich.

Also obwohl sie ganz genau wusste wie Putin tickt und wie er alle um sich herum bedroht und nach der Krim-Annektion und der Abschaffung der Wehrpflicht und der sehr wohl bekannten massiven Aufrüstung, welche in Russland stattfand, hat sie die Bundeswehr vor sich hingammeln lassen, alternativlos natürlich.

Das Ausmass der Verfehlungen dieser Frau in Hinsicht auf innere und äußere Sicherheit ist dermassen eklatant und unentschludbar. Die CDU/CSU stört es jedoch nicht, Merkel konnte sich von Kohl distanzieren (!), was ist nur Falsch mit Euch?

Kurt Walther | So., 1. Dezember 2024 - 17:53

Ein ausgezeichneter Artikel zu den Ergebnissen von 16 Jahren Merkel-Regierung, zusammengestellt von  CDU-Mann Arnold Vaatz, dessen kritischer Sicht ich mich nur anschließen kann.
Die Zerstörung von Bundeswehr und Energieinfrastruktur durch A. Merkel hebt  A. Vaatz zu Recht besonders hervor.
Ja, aber wie verhielt sich  A. Vaatz als diese Politik durchgesetzt wurde? Er war doch "von 2002 bis 2021 stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion".
Ich kann mich nur wundern, denn ich habe die inbrünstigen Jubelveranstaltungen der CDU für A. Merkel nicht vergessen.
Und hier bitte  nicht vergessen: das Migrationsproblem.
Für mich steht neben der Sicherung der Verteidigungsfähigkeit und  Energieversorgung der sofortige Stopp der anhaltenden irregulären Migration an. Sozialstaat und offene Grenzen sind miteinander unvereinbar. Die Altparteien haben sich in diesem Punkt als unfähig erwiesen. Neue Köpfe braucht das Land.
Grüße von der "Oder-Neiße-Friedensgrenze" (DDR-Jargon)

René Maçon | So., 1. Dezember 2024 - 20:38

Untertitel:
"Wie ich mich ohne persönliches Wertesystem 16 Jahre lang in Deutschland an der Macht gehalten habe und dabei einen polit-ökonomischen Scherebenhaufen hinterlassen habe"

Das intellektuelle Gaga-Niveau auf dem Frau Merkel hier argumentiert wird sehr schön an der von Herrn Vaatz zitierten Stelle erkennbar:

"Wäre es vorstellbar gewesen, dass ich als Bundeskanzlerin den Deutschen Bundestag um ein solches Mandat auch für unsere Bundeswehr gebeten und dafür eine Mehrheit bekommen hätte?"

Weil sie sich nicht vorstellen konnte, dass sie etwas tuen würde (in dem Fall ein politisches Risiko eingehen), hat sie es nicht getan! Bingo!

Leider ist es kennzeichnend für die derzeitige deutsche Debattenkultur, dass solche Nonsense-Konstruktionen als "Argument" durchgehen. Herr Vaatz scheint das ja auch zu akzeptieren, wenn er dann schreibt: "Dies wirkt auf den ersten Blick schlüssig und glaubhaft."

Gerhard Lenz | Mo., 2. Dezember 2024 - 10:14

In Deutschland ist das bekanntlich beste Tradition.

Keiner hat sie gewählt. Trotzdem hat sie viermal die Wahl gewonnen. Seltsam.

Merz muss das erst mal nachmachen.

Seltsam: Als sie regierte, hat keiner in der Union mit dem Finger auf sie gezeigt.

Stimmt, sie hat mit Putin gekuschelt.

Sie hat aber zu keinem Zeitpunkt den Staaten des Ostblocks die Freiheit abgesprochen, selbst über ihre Zukunft in NATO und / oder EU zu entscheiden.

Auch für Merkel war klar, dass das nicht in Moskau entschieden werden darf.

Ihr Kommentar zu diesem Artikel

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.