Die letzten elf Monate im Bundestag noch genießen: FDP-Chef Christian Lindner / dpa

Die FDP und die Ampelkoalition - Absprung verpasst

Die FDP sollte auf keinen Fall die Ampel zum Einsturz bringen. Das lohnt sich jetzt nicht mehr. Sie ist eine der wichtigsten Parteien der deutschen Geschichte und hat sich ihre Ehrenrunde redlich verdient – bevor sie ebenso verdient im nächsten Jahr dauerhaft aus dem Bundestag ausscheidet.

Autoreninfo

Gideon Böss ist Roman- und Sachbuchautor und hat unter anderem über Religionen in Deutschland und Glücksversprechen im Kapitalismus geschrieben.

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Es ist aber auch wirklich beeindruckend, wie die Liberalen sich innerhalb von drei Jahren komplett selbst zerlegt haben, um treu ein linkes Großprojekt nach dem anderen durchzuwinken. Zwar dabei immer auch ein bisschen meckernd und mahnend, aber letztlich doch immer zuverlässig „Ja“ sagend.

Dabei beruhte der Erfolg bei den Wahlen 2021 ja maßgeblich auf der Weigerung von 2017, einer Koalition beizutreten, mit deren Ausrichtung sich die Partei nicht identifizieren konnte. „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“, waren Christian Lindners Worte, die bei den Wählern gut ankamen und die FDP 2021 sogar bei den Erstwählern auf Platz 1 katapultierten. Ja, und diese Ausgangssituation nutzte die Partei dann, um sich selbst nachhaltig abzuwracken. Was in einer Koalition mit CDU und Grünen im Jahr 2021 noch unvorstellbar war, war jetzt plötzlich doch möglich: regieren. In einer ausschließlich linken Koalition als einzige liberale Stimme, die noch dazu die mit Abstand kleinste Partei stellte. Was sollte da schon schiefgehen? „Besser mit Linken regieren als nicht regieren“ schien jetzt das Motto zu sein, und der Abstieg begann.

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Wilhelm Keyser | Fr., 11. Oktober 2024 - 08:46

Ich sehe es genauso, die FDP wird auch aus dem BT fliegen, vielleicht ist sie sogar auf viele viele Jahre hinaus erledigt. Es ist natürlich zuviel verlangt, von einer Partei, und dann noch einer Steigbügelhalterpartei;-) zu erwarten, dass sie die Demokratie rettet. Die FDP hat aber null, wirklich rein gar nix gerettet. Manches ist ja sagen wir mal Gesellschaftspolitik, kein FDP-Terrain. Für mich war der FDP-GAU aber die physikalisch und ökonomisch - marktmäßig - aberwitzige Heizungsgeschichte. Hier hätte ich zumindest noch einen Stopp durch die Verdienstordenschleuder F-W-S erwartet... Das einzige, das man wohlwollend;-) mit der FDP verbinden kann, ist die Einhaltung der Schuldenbremse. Das interessiert allerdings die wenigsten Wähler, außerdem steht die Einhaltung nur auf dem Papier, wird schon jetzt für die Zukunft massiv ausgehebelt. Damit bleibt als "positiver" FDP-Ertrag wirklich rein gar nix übrig. Und so sehen die Wahlergebnisse dann auch aus.

Alexander Brand | Fr., 11. Oktober 2024 - 10:04

Antwort auf von Wilhelm Keyser

ich aber anders sehe, ist der Ruf nach einem Bruch der Ampel durch die FDP. Die FDP hat einen Kardinalfehler gemacht, indem sie diese Koalition mit zwei links bis linksextremen, antifreiheitlichen, antiliberalen und in großen Teilen antidemokratischen Parteien eingegangen ist.

Diesen Fehler kann sie nicht mehr Rückgängig machen, indem sie die Ampel platzen läßt.

Das vor allem vor dem Hintergrund, daß nach der Ampel mit angrenzender Sicherheit eine Koalition zwischen der inhaltsleeren Merkelpartei und den Grünen übernehmen wird in der die Grünen weiter den zerstörerischen Ton angeben. Ich sehe auch, daß Merz in Sachen Ukraine deutlich aggressiver vorgehen wird als der zögernde Scholz vor allem in Kombination mit den grünen Kriegstreibern, für Deutschland/Europa wäre das sehr schlecht.

Es werden sich also nur die Farben ändern, nicht aber die Inhalte, dafür kann man sich Neuwahlen sparen und auf die reguläre BT-Wahl im kommenden Jahr warten.

Christoph Kuhlmann | Fr., 11. Oktober 2024 - 08:46

Vor dem Hintergrund von 2021 war die Entscheidung nachvollziehbar. Es war klar, wer FDP wählte, bekam die Ampel. Doch die Reste der Merkel CDU hatten abgewirtschaftet und wurden von der SPD überholt und die Brandmauer verhinderte jede bürgerliche Mehrheit. Dann der Überfall auf die Ukraine, die SPD tat nach einigem Zögern wenigstens das nötigste. Aber dann ging es los. Habeck organisierte Flüssiggas, die Grünen waren jedoch nicht bereit 6 AKW mittelfristig weiter zu betreiben, wie es eine britische Studie Vorschlug. Das sorgte neben der CO2 Abgabe und allen möglichen Leitungsentgelten für hohe Strompreise. Dann das unsägliche Heizungsgesetz. Dem Bürger wurde gezielt eine Technologie dilettantisch vorgeschrieben. Spätestens da war es Zeit zu gehen.

Es war klar, dass hohe Energie und Ökokosten im Verbund mit hohem Sozialkosten, eine Wirtschaft, deren Motor bereits stotterte am Boden halten würden. Dafür wählt wirklich niemand FDP.

Urban Will | Fr., 11. Oktober 2024 - 08:51

haft ansteht, wird man sehen.
Lindner und Kubicki kann es egal sein, ersterer wird seinen – deutlich besser bezahlten – Job in der Wirtschaft finden und letzterer hat eh ausgesorgt und steht am Ende seiner Karriere, wo so eine Rolle als Waldorf&Statler in Personalunion ja auch ein wenig Spaß zu machen scheint.
Sie werden abtreten und dem Gockel Lindner wird wieder ein Spruch dazu einfallen: „Besser regiert zu haben und zu scheitern als nie zu regieren“ oder so.
Letztendlich egal, denn sie haben in einem medial und kulturell durch und durch links- bis linksextremen Land einem durch und durch links- bis linksextrem Haufen (Rote und Sektierer) die Steigbügel gehalten und werden dafür besungen werden.
Dass sie große Teile der Jugend enttäuscht haben, die nun, völlig zu Recht und auch begrüßenswert, zu den Blauen abgewandert sind, wird ihnen egal sein.
Ich persönlich wäre froh, wenn das „dauerhaft“ zutrifft.
Denn: es ist besser, nie mehr zu regieren als seine Wähler zu verraten.

Jens Böhme | Fr., 11. Oktober 2024 - 09:02

Eine Regierungsfraktion einer Partei ist von der eigenen Partei unabhängig. Sie ist viel zu mächtig. Die Regierungsmitglieder sind hier die FDP-Verlierer, aber warum schon vorher verlieren, wenn das Verlieren noch gute Bezüge abwirft? Spätestens zur nächsten Bundestagswahl sind diese Parteimitglieder in keiner Parteiveranstaltung eingeladen, geschweige geduldet. Da ist das vorzeitige Ampelaus ein zusätzlicher Reputationsverlust. Lindner weiß selbst, dass sein Ministeramt sein letzter Akt in der FDP ist. Die Ausbootung von Teuteburg mit süffisanter Dankesrede seinerzeit, war Lindners Glanzstück, um spätestens 2025 tief bis ganz tief in der FDP zu fallen. Sicherlich wird er irgendwo in der Wirtschaft unterkommen, in der FDP ist er erledigt.

S. Kaiser | Fr., 11. Oktober 2024 - 09:35

Und aus.
Man erinnere sich an das berühmte grün-gelbe Selfie von Baerbock/Habeck mit Lindner/Wesseling ziemlich gleich nach der BTW 2021. Diese Führungsspitzen hatten vor den Koalitionsverhandlungen allein und ohne die SPD sondiert, ob es überhaupt Sinn macht in Koalitionsgespräche zu gehen. Die Liberalen wussten, auf was sie sich einlassen. Entweder sind sie dem Märchen des „Verantwortung übernehmen“, das seit dem Scheitern von Jamaika 2017 rumwaberte aufgesessen, oder sie waren einfach zu machtg***.
Traurig ist, dass sie dem ohnehin schwachen Bild des Liberalen in Dtschl nun nochmal kräftig was mitgegeben und das Image eines rückgratlosen Opportunismus verstärkt haben.
Und noch was: Gerade diese Wählerschaft beäugt genau, was „ihre“ Partei tut. Fehler werden stärker registriert also bei anderen, und entsprechende Konsequenzen daraus gezogen. Auch das hätte man vorher wissen können. Von daher, ein selbstverantworteter und wahrlich verdienter Absturz.

halte, der massive Angriff des ÖRR auf die FDP aber vor allem auf Lindner nachdem er die Koalitionsverhandlungen mit ihrer unfehlbaren Heiligkeit A. Merkel und den Grünen hat platzen lassen hat Wirkung gezeigt.

Lindner hat begriffen, daß wenn er diese Koalition wieder platzen läßt, was eigentlich seine Pflicht als Liberaler und Demokrat gewesen wäre, die FDP vom tonangebenden ÖRR vernichtet worden wäre.

So hat er sich gedacht, spielt er das böse Spiel doch 4 Jahre lang mit und geht dann ins sichere Abseits, er hat dabei gut verdient und er kann den Vize-Vize-Kanzler & Finanzminister im Lebenslauf aufnehmen. Ist doch auch was, oder? Und bei BlackRock & Co. braucht man immer gute Leute die über Kontakte verfügen, er wird also sehr weich fallen……..

Albert Schultheis | Fr., 11. Oktober 2024 - 10:24

Eine Visage, die unter jeden Geßler-Hut auf einer Stange passt.

Gerhard Lenz | Fr., 11. Oktober 2024 - 10:40

Die FDP Hort der Vernunft? Als Korrektiv, das linke Politik um jeden Preis hätte verhindern müssen? Und weil sie das nicht gemacht hat, sondern - trotz ein wenig Gegrummel - diese "linke" Politik einfach durchwinkte, fliegt sie jetzt aus dem Bundestag, verdientermaßen?
Eine stark veinfachte, noch dazu höchst einseitige Analyse. Halten wir mal fest: Nach dem letzten Rausschmiß aus dem BT wollte die FDP so eine Art "unabhängige Partei" sein, nicht nur Mehrheitsbeschaffer, bevorzugt für die Union. Mit neuem Selbstbewusstsein verweigerte sich der neue "Gernegroß" Lindner der Union. "Lieber gar nicht, usw.", ist ja bestens bekannt. Nach der letzten BT-Wahl war Lindners Position weit weniger komfortabel: Seine Klientel, die von Lindner zuallererst erwartet, dass er sich für Steuersenkungen und den Abbaus sonstiger "Belastungen" einsetzt, hätte eine erneute "Verweigerung" nicht toleriert. Dann aber kammen die Landtagswahlen, der Abstieg begann, u. damit die dilettantische "Suche nach Profil".

Christa Wallau | Fr., 11. Oktober 2024 - 10:45

welche die Politik in D befallen hat:
Mangelnde Ernsthaftigkeit und Verantwortungsbewußtsein.
Statt ihre Zeit mit intensiver Beschäftigung mit lebenswichtigen Themen, von denen das Schicksal von Millionen abhängt, zu verbringen, sitzen heutige Politiker in Talk-Shows herum u. haben nur eines im Sinn: Ihr Image und ihre Wiederwahl!
Sie kennen keine Grundprinzipien mehr für ihr Handeln, sondern hängen ihre Fähnchen in den Wind.
Dadurch sind sie fast ganz davon abgekommen,
langfristig u. verantwortungsvoll zu denken und zu planen.
Der Grundsatz, den die Römer schon kannten und in ihren besten Zeiten befolgten: "Quidquid agis prudenter agas et respice finem", also das Nachdenken über die langfristig erwartbaren Folgen jedes Handelns, wird sträflich vernachlässigt.
Gewogen und zu leicht befunden - das ist das Urteil, welches leider über fast alle unserer heutigen Politiker gefällt werden muß.
Da machen die Liberalen keine Ausnahme, aber ihre Protagonisten tun sich besonders hervor.

Ernst-Günther Konrad | Fr., 11. Oktober 2024 - 10:48

Zu Beginn der Ampelmisere traute ich der FDP noch zu, wenn sie denn frühzeitig aussteigt, das fing bereits beim Coronarechtsbruch an, dass sie die Partei hätte noch retten, vielleicht einen respektablen Neubeginn hinlegen können. Inzwischen bin ich ebenso überzeugt, dass selbst ein Ausstieg jetzt, nichts, aber auch gar nichts mehr nützen würde. Das wissen die natürlich, schützen ihre Pfründe, werden ihre Vernetzungen zum persönlichen Vorteil nutzen und sich Posten sichern, weil sie wissen, bei der nächsten BT-Wahl spielen sie, wie bei etlichen LT-Wahlen auch, keine Rolle mehr.

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