- Die Grabeskirche bleibt geschlossen
Israel greift im Kampf gegen die Corona-Pandemie hart durch. Der Tourismus ist faktisch ausgesetzt, Juden, Christen und Muslime können nicht in ihre Gotteshäuser. Denn die zählen zu den größten Infektionsherden.
Wer in normalen Zeiten zu Ostern die Grabeskirche in Jerusalem besuchen will, braucht robuste Nerven und eine Wasserflasche im Gepäck. Denn zu dieser Jahreszeit reisen für gewöhnlich Zehntausende Christen aus aller Welt ins Heilige Land, drängen sich auf den Spuren Jesu durch die Via Dolorosa in Jerusalems Altstadt und versammeln sich vor der Grabeskirche, die der Überlieferung nach den Ort seiner Kreuzigung markiert.
Zwei Stunden und mehr müssen sich Besucher zur Osterzeit oft auf dem Vorplatz der Kirche gedulden, schwitzend unter der schon im Frühling kräftigen Sonne, eingezwängt zwischen anderen Wartenden, bis sie zu den schweren Holztoren gelangen. Noch dichter drängen sich die Menschen im Inneren, hin und wieder zur Eile aufgefordert von nicht immer freundlichen Geistlichen.
Das erste Mal seit Bau der Kirche
In diesem Jahr jedoch ist alles anders: Der mit hellem Stein gepflasterte Vorhof der Grabeskirche liegt verlassen da, die schweren Holztore sind geschlossen. Es könnte das erste Mal seit ihrem Bau im vierten Jahrhundert sein, sagt Wadie Abunassar, ein Sprecher der katholischen Kirche im Heiligen Land, dass die wichtigste Kirche des Christentums zu Ostern vor der Öffentlichkeit versperrt bleibt.
Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, hat Israel früher als die meisten betroffenen Länder strenge Einreise- und Ausgangssperren beschlossen. Über 10.000 Israelis wurden positiv auf das Virus getestet, über hundert Todesfälle gab es. Bereits Anfang März entschied die Regierung, dass sämtliche einreisenden Ausländer am Flughafen die Möglichkeit einer zweiwöchigen Heimquarantäne vorweisen müssen, wobei Hotels oder Ferienwohnungen nicht als geeignete Quarantäne-Quartiere galten. Dieser Schritt setzte dem gesamten Auslandstourismus von einem Tag auf den anderen ein jähes Ende. Fast alle Airlines haben inzwischen ihre Flüge nach Israel ausgesetzt. Tausende Christen, die zu Ostern nach Jerusalem hatten pilgern wollen, mussten ihre Reise aufs kommende Jahr verschieben.
Stille auf Israels Straßen
Viel Vergnügen würde ihnen ein Aufenthalt in Israel derzeit ohnehin nicht bereiten. Seit Ende März gelten außerdem strenge Ausgangssperren, laut denen die Menschen sich nicht weiter als hundert Meter zu Fuß vom eigenen Haus entfernen dürfen. Auch einheimische, arabische Christen müssen dieses Ostern also in den eigenen vier Wänden feiern. Ohnehin mussten Kirchen, Synagogen und Moscheen längst schließen, ebenso wie sämtliche Geschäfte und Einrichtungen, die nicht als „essenziell“ gelten. Öffentliche Verkehrsmittel wurden auf ein Minimum reduziert.
Zum jüdischen Sederabend am Mittwoch verschärfte die Regierung die Ausgangssperre noch einmal: Niemand durfte die eigene Stadt verlassen, es sei denn, es handelte sich um einen medizinischen Notfall. So wollte der Staat verhindern, dass Familien sich für die Feierlichkeiten in traditionsgemäß großer Runde versammeln. Die Maßnahme zeigte Erfolg: Zum Sederabend, an dem sich sonst landauf, landab lange Staus bilden, herrschte Stille auf Israels Straßen. Jüdische Familien versammelten sich stattdessen auf virtuellen Plattformen, um gemeinsam die „Haggada“ zu lesen, die traditionelle Erzählung des Auszugs aus Ägypten.
In Israel herrscht Maskenpflicht
Auch Christen, die sich auf einen Besuch in Jerusalem gefreut haben, müssen sich in diesem Jahr mit einem virtuellen Besuch zufrieden geben. Kleine Gruppen ausgewählter Geistlicher verschiedener Konfessionen halten über Ostern heilige Messen in der Grabeskirche ab; auch kleine feierliche Prozessionen über die Via Dolorosa, die den Leidensweg Jesu markiert, finden statt, wobei die Gläubigen zu Mindestabstand und Mundschutz gezwungen sind: Seit Ostersonntag herrscht in Israel allgemeine Maskenpflicht. Die Zeremonien werden live im Internet übertragen.
Im Vorfeld der österlichen Feierlichkeiten hatte es auf Seiten der Kirchenverantwortlichen Unmut über die Ausgangssperren gegeben. Ende März beschwerte sich der Repräsentant des Vatikans in Jerusalem, Farid Jubran, sich schriftlich bei Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit über angebliche Diskriminierung. Zu jenem Zeitpunkt hatte die Grabeskirche bereits schließen müssen; das Beten im Freien an der Klagemauer, der wichtigsten Stätte des Judentums, blieb jedoch unter Einhaltung des gebotenen Abstands erlaubt.
Auf der Prioritätenliste weit unten
„Das ist eine illegitime Diskriminierung im einfachsten Sinn und als solche eine illegale Einschränkung des Grundrechts auf Religionsfreiheit einer bestimmten religiösen Gruppe“, schrieb Jubran und drängte darauf, wenigstens einer kleinen Zahl Geistlicher zu Ostern das Betreten der Kirche zu gestatten. „Es ist unvorstellbar, dass insbesondere in einer Zeit wie dieser die Ostergebete nicht zu hunderten Millionen Gläubigen übertragen werden.“ Anschließend erteilte die israelische Regierung die Erlaubnis zu eingeschränkten Osterzeremonien in der Grabeskirche.
Bis die wichtigste Kirche des Christentums ihre Tore wieder für Besucher aus aller Welt öffnen darf, dürfte es allerdings noch einige Zeit dauern. Zwar hat die israelische Regierung erste vorsichtigere Lockerungen der strengen Ausgangssperren für die Zeit nach dem Pessachfest angekündigt. Doch Gotteshäuser dürften auf der Prioritätenliste weit unten stehen: Synagogen zählen nachweislich zu den größten Infektionsherden im Land.
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wird erfreut sein ,wenn in der Grabeskirche sich wirklich nur ein paar Geistliche aufhalten .Vielleicht werden von ihnen die wunderbaren Gesänge der orthodoxen Katholiken gesungen . Das sonst so jahrmarktähnliche Gedränge dort, es wirkt auf viele Christen eher befremdlich, findet heuer nicht statt. Christus war ,so die Bibel, jedes geschäftsmäßige Handeln in heiligen Stätten zuwider.