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Haim Saban wollte in Deutschland eigentlich nur Geld verdienen. Doch das Kartellamt untersagte den Verkauf der ProSiebenSat.1-Gruppe an den Axel Springer Verlag. Der Investor bleibt der mächtigste Mann des deutschen Fernsehgeschäfts – bis zum nächsten Deal.
In dem silbrig-schimmernden Hochhaus am Santa Monica Boulevard in Beverly Hills deutet nichts darauf hin, dass man mit der Büroetage der Saban Capital Group das Hauptquartier kühler Finanzinvestoren betreten hat. Die Arbeitsräume von Haim Saban und seinen vierzig engsten Mitarbeitern erinnern eher an das Ambiente amerikanischer Fünf-Sterne-Hotels: Vorhänge, Teppichböden und schwere Hölzer, alles perfekt aufeinander abgestimmt. Die Lobby der Bürosuite 2006 lässt Saban als politischen und religiösen Menschen erscheinen: Fotografien von Robert Capa zeigen jüdische Flüchtlinge bei der Ankunft in Haifa im Jahr 1949, die von René Burri 1959 aufgenommene Freiheitsstatue in Manhattan hängt neben Aufnahmen politischer Schwergewichte wie Bill Clinton und seinem ehemaligen Stellvertreter Al Gore, persönliche Widmung inklusive. Die ausliegenden Bücher zu politischen, kulturellen oder religiösen Fragen geben dem Besucher in diesem Bürogang das Gefühl, gleich einem Menschen zu begegnen, der im Mediengeschäft eine Mission verfolgt, die nicht in der Maximierung der Profite liegt. Eine perfekte Tarnung?
Der Spieler aus Hollywood
Das Leben ist bei Saban immer Show. Der stets braun gebrannte Medienunternehmer mit dem krausen, pechschwarzen Haar beherrscht den Auftritt im Rampenlicht wie kein Zweiter. Im August 2005 offenbarte er in München sein Talent zur Inszenierung: Nach einem tagelangen Verhandlungsmarathon hatte er sich mit Springer-Chef Mathias Döpfner auf den Verkauf der „ProSiebenSat.1 Media AG“ (Sat.1, Pro Sieben, Kabel 1, N24, Neun Live) geeinigt. Die Wirtschaftspresse wurde in den „Bayerischen Hof“ geladen, um die Details der milliardenschweren Transaktion zu erfahren. Am Tag der Verkündung ist Springer-Chef Mathias Döpfner angespannt. Er will im Königssaal des Nobelhotels eine bella figura machen und lächelt wie versteinert in die Kameras. Als die Fotografen den hoch gewachsenen Zeitungsmanager auffordern, sich zu erheben, folgt der Zwei-Meter-Mann brav. Dauerlächler Saban nutzt sofort die Gelegenheit: Er stellt sich auf einen Stuhl, um größer als Döpfner zu wirken und ihm den Arm von oben auf die Schulter zu legen. Doch Döpfner kennt die Wirkung von Bildern. In Sekundenbruchteilen setzt er sich wieder und sein Geschäftspartner greift ins Leere. Kein Foto soll Saban in überlegener Pose zeigen und den Eindruck erwecken, der Medienmogul habe das bessere Geschäft gemacht. Dieses Urteil lag nicht fern, denn Saban und seine Finanzpartner wie Hellman & Friedman sowie Bain und Providence hatten die Sendergruppe im Jahr 2003 für gerade mal 525 Millionen Euro gekauft. Doch aus dem lukrativen Ausstieg für 2,45 Milliarden Euro wurde letztlich nichts. Das Kartellamt und die Medienkommission KEK lehnten eine Übernahme des größten deutschen Fernsehkonzerns nach mehrmonatiger Prüfung ab. Die vorgeschlagenen Auflagen wie der Verkauf des Gewinnbringers Pro Sieben waren für Springer unannehmbar. Auf das schwer kalkulierbare Abenteuer einer Sondererlaubnis durch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) wollte sich Döpfner nicht einlassen. Also behält Haim Saban vorerst die Sendergruppe und wartet.
Der Aufstieg
Haim Saban, in Ägypten geboren, in Israel aufgewachsen und in den Vereinigten Staaten reich geworden. So könnte eine Kurzbiografie lauten. Tatsächlich ist die Lebensgeschichte des smarten Investors viel komplizierter. Mit Ägypten hat der heute 61-Jährige nichts am Hut. Schon im Alter von zwölf Jahren floh der kleine Haim mit seiner Familie nach dem Suez-Krieg aus Alexandria nach -Israel. Die neue Heimat prägte Saban, die israelische Sache unterstützt der liberale Jude gerne, häufig und überzeugt. Selbst die Sprache nutzt er. In Verhandlungen setzt Saban mit seinem Konzernvize Adam Chesnoff das Hebräisch wie eine Geheimsprache ein. Die Saban Capital Group mit nur ein paar dutzend Angestellten führt er wie ein Kloster. Intern gibt es Diskussionen, nach außen dringt aber nichts.
Den früheren israelischen Premier und Hardliner Ariel Scharon bezeichnet er als persönlichen Freund. Die Judenvernichtung ist für Saban unvergessen. Bei einem seiner häufigen Aufenthalte in Bayern, als er um den Kauf von Deutschlands größtem Fernsehkonzern mit den Kirch-Insolvenz-Verwaltern pokerte, besuchte er mit seiner Familie das ehemalige Konzentrationslager Dachau, weniger als eine Autostunde von München entfernt. Ausgerechnet auf dem ehemaligen KZ-Gelände erfuhr er über das Handy vom Zuschlag. „Ich fand es – um das Mindeste zu sagen – sehr interessant, dass der Zeitpunkt und die Geografie in dieser Weise zusammenkamen.“
Seine Karriere verlief keineswegs geradlinig. Als junger Musiker und Konzertagent in Israel legte er eine Bauchlandung hin. Saban ergriff die Flucht nach vorne und zog 1975 mit seinem damaligen Geschäftspartner Schuki Levy nach Paris. An der Seine verdiente er mit einem Lied für die damals in Frankreich populäre Zeichentrickserie „Goldorak“ seine erste Million. Mit Soundtracks für Erfolgsserien wie „Dallas“ und „Denver Clan“ begann der internationale Aufstieg. Aber 1983 merkte Saban: Das große Geld gibt es nur in Hollywood. Also ging er in die USA und arbeitet seitdem in Los Angeles. Das Mediengeschäft kannte in den folgenden Jahren nur eine Richtung: steil nach oben. Und Saban hatte eine sehr erfolgreiche Idee: Teilweise gratis vergab er seine eigene Musik für Zeichentrickfilme an Studios. Er verlangte nur ein Honorar, wenn die Musik auch verwendet wurde. Das Business boomte, und der Jungunternehmer mit amerikanischem und israelischem Pass wurde zum größten Vertreiber von Fernsehmusik. Saban verdiente insbesondere mit den Zeichentrickfilmen „Power Rangers“ und „Ninja Turtles“ ein Vermögen. Vor allem die Kooperation mit Medientycoon Rupert Murdoch erwies sich für Saban als Glücksgriff. 1996 formte er eine Allianz mit Murdochs Sender Fox. Schon ein Jahr später kaufte er zusammen mit Murdoch den „Family Channel“. Den Kindersender verkauft Saban 2001 schließlich für 5,3 Milliarden Dollar an den Disney-Chef Michael Eisner. Das Geschäft war für Saban wie zweitausend Sechser im Lotto, er verdiente mit dem Deal eineinhalb Milliarden Dollar. „Es ist einfach, auf jemanden wie Haim eifersüchtig zu sein“, gab Peter Chernin, Vorstandschef des Medienriesen News Corp., gegenüber der New York Times freimütig zu. Das gilt auch privat. Denn Saban verfügt nicht nur über ein Hollywood-Schloss in den Bergen von Beverly Hills, sondern auch über ein Domizil am Millionärsstrand Carbon in Malibu, dem exklusiven Vorort von Los Angeles an der Pazifikküste. Er kaufte das Anwesen bereits 1999 für den damals legendären Preis von über acht Millionen Dollar. Für heutige Verhältnisse ist das ein wahres Schnäppchen.
Trotz aller Erfolge ist Saban noch nicht satt: Bei vielen Verkäufen lässt er in die Bücher schauen oder gibt ein Angebot ab. So wollte er mal – wie Döpfner auch – die Tageszeitung Jerusalem Post kaufen oder die Musiksparte von Time Warner übernehmen. Der Workaholic hat viele Freunde und Partner, darunter Patrick Le Lay, Vorstandschef des französischen Fernsehkonzerns TF1, EM.TV-Gründer Thomas Haffa oder ZDF-Intendant Markus Schächter. In seinem Privatjet, einer Gulfstream V, jettet Saban um die Welt, immer auf der Suche nach dem nächsten guten Geschäft.
Der Spieler
Saban kennt nur ein Spiel: das Pokerspiel. Hobbys hat er keine: „Ich spiele kein Golf, und ich sammle keine Briefmarken.“ Der Deal ist seine wahre Leidenschaft. Deshalb ist der Rückzieher des Springer-Verlags für den Pokerspieler eine bittere Pille. Mit dem Verkauf von ProSiebenSat.1 glaubte er den zweiten Traum-Abschluss seines Lebens unter Dach und Fach gebracht zu haben. Doch die Übernahme des Kartellrisikos erwies sich als fataler Fehler. Als Saban die Verträge mit Springer-Chef Döpfner und dessen Finanzvorstand Steffen Naumann unterzeichnete, waren keine dunklen Wolken am Horizont erkennbar. Denn insgeheim war klar: Sollte die Wettbewerbsbehörde angesichts der Meinungs- und Marktmacht von Springer auf stur schalten, würde eine schwarz-gelbe Bundesregierung das Milliardengeschäft mit einer Sondererlaubnis durchwinken. Doch die unerwartete Bildung einer Großen Koalition verschlechterte die Ausgangslage für Saban. Denn die SPD hatte noch viele Rechnungen mit Springer offen. Eine Ministererlaubnis wäre zu einer ernsten Belastungsprobe für Schwarz-Rot in Berlin geworden, ihre Erteilung daher mindestens ungewiss, wenn nicht unwahrscheinlich. Für Saban ist die jetzt wieder begonnene Suche nach einem internationalen Investor für seine Sendergruppe in Deutschland wie ein Spiel. Er wechselt im Gespräch schneller die Sprache als manche die Erkenntnisse. Saban schätzt den Dialog bei einem ausgiebigen Mittagessen oder einem Barbecue-Abend. Die Liebe zum Geschäft geht auch durch den Magen. Mit dem Medienmilliardär Barry Diller – in der Branche „Killer-Diller“ genannt – verhandelte Saban lange über den Kauf des Quizsenders Neun Live. Am Ende hatte er den Kanal, der sich statt aus Werbung über das Telefon finanziert, doch bekommen. Ein cleverer Schritt. Denn damit machte Saban die Sendergruppe unabhängiger vom immer wieder durch Krisen gebeutelten Werbemarkt.
Der Diplomat
Haim Saban versteht wie kein Zweiter das Spiel mit den Mächtigen. Nach der Pleite des Medienmoguls Leo Kirch im Jahr 2004 umgarnte er den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. Der CSU-Vorsitzende, damals noch auf dem Höhepunkt seiner Macht, rollte bei Sabans Stippvisiten in München den roten Teppich aus. Saban, der bei seinen Aufenthalten in der weiß-blauen Landeshauptstadt gerne in der Nobelherberge Mandarin Oriental mit seiner Familie weilt, konnte zu Fuß zum Festessen in die Münchner Residenz spazieren. Sabans diplomatisches Geschick sollte sich lohnen. Am Ende erhielt er den Zuschlag für ProSiebenSat.1.
Nicht nur CSU-Politiker waren von seiner unkomplizierten Persönlichkeit, verbunden mit dem Glamour Hollywoods, geblendet. Auch bei Medienwächtern wie Wolf-Dieter Ring, Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Medien, hatten Saban und sein Intimus Adam Chesnoff offene Ohren und offene Türen vorgefunden. Saban hatte auf den Münchner Medientagen 2004 seinen großen Auftritt. Seine Rede vor der versammelten Medienbranche war eine geschickte Mischung aus unternehmerischem Optimismus und witziger Selbstdarstellung. Zur Zukunft des gekauften Unternehmens verriet der sonnenverwöhnte Selfmademan nichts. Frau Cheryl, eine promovierte Psychologin, lächelte zufrieden.
Innerhalb weniger Monate hatte es Saban geschafft, von den Eliten uneingeschränktes Vertrauen zu bekommen. Das böse Wort der „Heuschrecken“ für milliardenschwere Finanzinvestoren war noch nicht erfunden. Doch der Amerikaner führte Politiker und Medienwächter an der Nase herum. Gebetsmühlenartig beteuerte er, sein Investment bei ProSiebenSat.1 sei langfristig. Noch im April 2005 ließ er von seiner Konzernzentrale im 26.Stock am Santa Monica Boulevard 10100 aus mitteilen: „Meine Anteile stehen nicht zum Verkauf.“ Bis kurz vor der Vertragsunterzeichnung mit Mathias Döpfner hielt er seine Position aufrecht. Saban, ein Blender. Denn bereits im ersten Quartal 2005 hatte er in Los Angeles Sondierungsgespräche mit Springer sowie der Deutschen Bank und Credit Suisse First Boston (CSFB) über einen Verkauf seiner Anteile geführt. Er verlangte sagenhafte 30 Euro pro Stammaktie. Insidern war seit Monaten klar, dass Saban das Interesse am damals kriselnden deutschen Fernsehmarkt verloren hatte.
Den geschickten Umgang mit Politikern hat Saban über Jahre gelernt. Er gilt als der größte Privatsponsor der Demokratischen Partei in den USA. In den vergangenen zehn Jahren waren es viele Millionen Dollar. Den früheren Präsidenten Bill Clinton zählt er zu seinen Freunden. Seine Frau Cheryl, Autorin des Buches „50 Wege zur Rettung unserer Kinder“, durfte bei den Clintons sogar im Weißen Haus in Washington übernachten. Eine besondere Ehre. Mit dem früheren demokratischen Präsidentschaftskandidat John Kerry greift Saban zu Hause in Beverly Hills schon mal gemeinsam in die Gitarre.
Seine guten Beziehungen zu Prominenten wie Clinton setzt der Aufsichtsratschef von ProSiebenSat.1 auch geschäftlich ein. So hatte Saban unter der Reiseleitung von Guillaume de Posch mehr als 30 Vertreter millionenschwerer Werbe- und Media-Agenturen nach Hollywood eingeladen. Der Milliardär hatte im weitläufigen Garten seiner schloss-ähnlichen Villa in den Bergen von Beverly Hills den Grill anwerfen lassen, um die Kunden vom künftigen Programm seiner Sender Pro Sieben, Sat.1, Kabel 1 und N24 zu überzeugen. Als Überraschungsgast tauchte dann Bill Clinton auf. Der rote Teppich für die Klientel mit zwei- und dreistelligen Millionen-Euro-Etats hat sich offenbar ausgezahlt. Denn ProSiebenSat.1 hat die schwerste Krise seit der Einführung des Privatfernsehens vor über zwei Dekaden und den Zusammenbruch des Medienimperiums von Leo Kirch überraschend gut überstanden.
Saban geht es nicht nur ums Geldverdienen. Er ist ein Homo politicus. „Haim Saban ist kein Onkel Dagobert. Er ist ein echter Medienunternehmer, der seine Herkunft nie vergessen hat“, sagt Ferdinand Kayser, Vorstandschef des Luxemburger Satellitenkonzerns SES Astra. Kayser und Saban kennen sich seit Jahrzehnten. Bei Saban International saß Kayser einst im Aufsichtsrat. Sabans Großzügigkeit hat ihm in seiner Wahlheimat viel Anerkennung eingebracht. Er spendet für Hospitäler in Los Angeles und den Kampf gegen Krebs. Allein das Kinderkrankenhaus in der kalifornischen Metropole erhielt vierzig Millionen Dollar. Unweit des legendären Sunset Boulevard steht das Saban Research Institute mit neunzig angestellten Forschern. Groß-zügig unterstützt wird auch das Saban Forschungszentrum für den Mittleren Osten in Washington. Saban ist ein Mann mit Sendungsbewusstsein, der gerne in der Weltpolitik mitmischt. So unterstützt er die israelische Politik gegenüber den Palästinensern. „Ich bin ein Mensch mit einem Anliegen, und dieses ist Israel“, verriet der Unternehmer in einem außergewöhnlich offenen Gespräch der New York Times. Früher telefonierte er viel und lange mit Ariel Scharon. Den derzeitigen Präsidenten der USA, George W.Bush, schätzt Saban hingegen wenig. Als er im Herbst 2004 einen Mix aus den Programmen von Sat.1, Pro Sieben, N24 und Kabel1 in den USA als deutschsprachiges Programm an den Start schickte, ließ er es ausgerechnet den umstrittenen Streifen „Fahrenheit 9/11“ des unerbittlichen Bush-Kritikers Michael Moore ausstrahlen.
Der Gewinner
Für Saban ist in Deutschland gerade Halbzeit. Die überraschende Pause beim Verkauf seiner Beteiligung kommt ungelegen. Doch von Verzweiflung keine Spur. Die anziehende Konjunktur und die Investitionen rund um die Fußballweltmeisterschaft im Juni beflügeln die Fantasie. „Wir erwarten, dass die ProSiebenSat.1-Gruppe auch im Geschäftsjahr 2006 ihren Umsatz und ihr Ergebnis weiter verbessern wird“, äußert sich Vorstandschef Guillaume de Posch optimistisch. Nach Jahren des Umsatzrückgangs bei den Reklameeinnahmen erwartet der Saban-Vertraute ein Plus bei den Werbeeinnahmen von zwei Prozent.
Saban vertraut dem Belgier mit einer Vorliebe für Godiva-Pralinen. „Ich spreche mit Haim fast jeden Tag. Haim ist ein sehr aktiver Aufsichtsratsvorsitzender“, beschreibt de Posch die Zusammenarbeit. Kommuniziert wird abwechselnd auf Französisch und Englisch. De Posch, ehemals McKinsey-Berater und früherer Chef des französischen Bezahlsenders TPS, beherrscht das Spiel aus Sparen, Kaufen und Expandieren. Die Zahlen der Sendergruppe sprechen eine deutliche Sprache. Der Gewinn des TV-Konzerns stieg im Jahr 2005 um fast zwei Drittel auf 221 Millionen Euro. Der Umsatz wuchs auf zwei Milliarden Euro. Die Dividende für die Vorzugsaktionäre stieg ordentlich. Mit einem Marktanteil von 30 Prozent bei den Zuschauern zwischen 14 und 49 Jahren, der für die Werbeindustrie wichtigen Zielgruppe, hat ProSiebenSat.1 eine starke Stellung.
Ausblick
Saban, der gerne den lässigen Unternehmer aus Beverly Hills markiert, setzt im tough business sein Pokerface auf. Das Kapitel Deutschland ist für den Selfmademan aus Hollywood noch nicht beendet. Er hat nur eine Verschnaufpause eingelegt; dass er anderes verlauten lässt, gehört zur Strategie: Ziemlich einsilbig ließ er vor Wochen erklären, dass er an seinem Engagement in Deutschland festhalten wird. Der Großaktionär teilte mit, „trotz des starken Interesses von dritter Seite“ habe sein Investorenkonsortium „einmütig entschieden, keinen weiteren Verkauf anzustreben“.
Doch lange wird diese Aussage keinen Bestand haben. Einerseits umkreisen Finanzinvestoren und Medienriesen wieder wie Haie ihre Beute. Goldman Sachs und Apax werden als Interessenten genannt. Konzerne wie NBC Universal, die Mediensparte des Giganten General Electric, oder die in den Niederlanden notierte Fernsehgruppe SBS Broadcasting haben Interesse gezeigt. Andererseits droht die schöne, heile Fernsehwelt aus den Fugen zu geraten, und niemand würde mehr auf die Idee kommen, Fantasiepreise zu zahlen, um in den deutschen Fernsehmarkt einzusteigen. Denn Kabelnetz-Konzerne wie KDG oder Unity (Ish, Iesy, Tele Columbus) treiben inzwischen eigene Fernsehpläne mit Bezahlkanälen oder Bundesliga-Livespielen voran. Auch die Deutsche Telekom will sich unabhängiger vom rückläufigen Telefongeschäft machen und die Erlöse mit schnellen Internetverbindungen durch das Angebot spannender Fernsehinhalte ankurbeln.
Dieser Wandel des Fernsehmarktes setzt Saban unter Zeitdruck. Längst diskutiert er mit seinen Getreuen Chesnoff und de Posch, wie auf das Verschmelzen von Telekom, Kabel/Satelliten und Fernsehen zu reagieren ist. Das Zeitalter der Digitalisierung begrenzt die Wachstums-chancen des werbefinanzierten Privatfernsehens. Eine bessere Konjunktur in Deutschland verleiht den fünf profitablen Sendern zwar derzeit Flügel. Doch weit wird dieser Aufwind nicht tragen. Daher ist der Verkauf die einzige Option. Time to say goodbye – früher als mancher denkt.
Hans-Peter Siebenhaar arbeitet als Medien-Redakteur für das Handelsblatt in Düsseldorf. Er schrieb unter anderem „Europa als audiovisueller Raum“ (Verlag Leske+Budrich)
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