Der grüne Multimillionär
In nur acht Jahren hat es Frank Asbeck auf ein Vermögen von 650 Millionen Euro gebracht. Seit die Grünen hohe Subventionen für alternative Energien durchsetzten, läuft sein Geschäft mit Solaranlagen wie geschmiert – ein Besuch beim Sonnenkönig vom Rhein
Frank Asbeck wollte immer ein wenig anders sein. Anfang der achtziger Jahre waren die Grünen anders als die anderen. Damals gehörte Asbeck mit Petra Kelly und Gert Bastian in Nord-rhein-Westfalen zur Gründergeneration der Umweltpartei und saß als Fraktionsvorsitzender im Kreisrat von Rhein-Sieg. Er trug Krawatten zu den Jeans. Nicht gerade modisch, aber eben anders als die damals gültige grüne Kleiderordnung. Bis heute ist Asbeck stolz auf seinen eigenwilligen Stil. Wenn die Temperaturen es zuließen, würde er ausgebeulte Jeans, gestreiftes Hemd, rote Krawatte und bayerische Lodenjacke mit abgewetzten Hirschhornknöpfen tragen. Bei 30 Grad aber bittet er den Besucher in Bermudashorts und offenem Hemd in sein Büro.
Seit Jahren vermeldet Asbeck mit seinem Unternehmen Solarworld Rekordumsätze, Rekordgewinne, Rekorddividenden. Der 47-Jährige ist auf dem Weg, erster Milliardär des grün-industriellen Komplexes zu werden. Ihm gehören 25 Prozent der Firma und damit nach aktuellem Börsenwert rund 650 Millionen Euro. Asbeck hat diesen kometenhaften Aufstieg in nur acht Jahren geschafft. 1998, als seine alten Parteifreunde mit der SPD an die Macht gelangten, gründete er sein Unternehmen.
Wie kann man in acht Jahren 650 Millionen Euro anhäufen? Fleiß und Durchsetzungsvermögen können das alleine nicht erklären. Asbeck ist nämlich auch der prominenteste Profiteur grüner Industriepolitik. Herzstück dieser Politik ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das Stromunternehmen seit April 2000 zur Abnahme der Sonnenenergie zum dreifachen Marktpreis verpflichtet – ein von den Stromkunden finanziertes, gewaltiges Konjunkturprogramm für Solaranlagen, wie sie Solarworld baut.
Konsequent nutzt Asbeck die Chancen, die sich ihm bieten. Schon 1999, mitten im Aktienboom, bringt er Solarworld an die Börse. Mit den Börsenmillionen kauft er eine Modulfabrik in Schweden. Von Bayer übernimmt er in Sachsen eine Fertigung samt Mitarbeitern und Patenten. „Ein Glücksfall“, wie er heute sagt. Gleiches gilt für die Übernahme der Solarsparte von Shell, die ihn international in die Spitzengruppe hinter den Marktführer Sharp aus Japan bringt. Der Zeitgeist spielt dem Sonnenkönig vom Rhein in die Hände. Inzwischen folgen Länder wie Italien, Spanien oder China dem deutschen Subventions-modell. Und wenn sich US-Präsident Bush oder Kaliforniens Gouverneur Schwarzenegger positiv über alternative Energien äußern, steigt Asbecks Börsenkurs.
Als Kind wollte er Müllmann, später Bauer werden. Damals wuchs er auf einem Hof bei Dortmund auf, hatte sein eigenes Gärtchen. Als Jugendlicher wechselte er von der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend erst zur SPD und dann zu den Grünen, immer „um die Welt zu verändern“. Er studierte in Bonn Landwirtschaft. Tierproduktion. Schon damals war der Legastheniker ein geborener Verkäufer: Das Studium finanzierte er, indem er Gemüse anbaute und an Biomärkte verkaufte. In der Freizeit demonstrierte er gegen Aufrüstung und Umweltzerstörung.
Einmal, im Oktober 1981, saß der damals 22-Jährige im Sitzstreik vor dem Verteidigungsministerium. Für Polizisten gehörte es zur Routine, Streikende wegzutragen. Doch Asbeck wog schon damals 120 Kilo. Ein Polizist blieb vor ihm stehen und sagte: „Junge, das meinst du jetzt nicht ernst?“ Asbeck ging freiwillig. „Alles andere wäre unfair gewesen.“ Er lässt sich nicht gerne tragen. Er ist Unternehmer, hat nie einen Chef gehabt. „Das kann ich nicht. Ich war immer mein eigener Herr.“ Er will entscheiden. Als die Grünen nächtelang diskutieren, ist er genervt.
Der Prospekt für den Börsengang zitierte Erich Kästner: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Damals beschäftigte Asbeck neben dem Vorstand zwölf Mitarbeiter in einem Bonner Hinterhof. Heute arbeiten mehr als 700 Menschen in Europa, Asien, Afrika und Amerika für Solarworld. 2007 sollen es über 1000 sein. Längst ist die Firma aus dem Hinterhof in eine Gründerzeitvilla am Rheinufer gezogen – „aus Denkmalschutzgründen leider ohne Solarener-gie“. Wo früher Oskar Lafontaine in seiner saarländischen Landesvertretung repräsentierte, entwirft Asbeck nun Zukunftsvisionen.
Die Solarworld-Hauptversammlung fand dieses Jahr im ehemaligen Bundesparlament statt. Asbeck stand am Pult, wo einst Schmidt, Kohl und Fischer debattierten und genoss jeden Augenblick seiner Rede vor den Aktionären, zu denen auch Bill Gates gehören soll. Heute sagt er: „Von einem vernünftigen CDU-Mann unterscheidet mich gar nichts, von einem unvernünftigen Grünen dagegen eine ganze Menge.“ Längst gehören nicht nur „Joschka“ und Gerhard Schröder zum Freundes- und Bekanntenkreis, sondern auch CDU-Politiker wie Biedenkopf, Späth oder Milbradt.
Kritiker werfen Asbeck vor, seine Millionengewinne seien subventioniert und er verspreche vieles, was Solarstrom nie halten werde. Solarenergie sei wirtschaftlich einfach nicht effizient zu betreiben in einem Land mit geringer Sonnenscheindauer wie Deutschland. Asbeck hält dagegen: In die Atomindustrie seien Milliarden geflossen. Selbst im Vergleich zum Kohlepfennig sei die jährliche Förderung für Alternativenergien in Höhe von 100 Millionen Euro gering. „Vor 200 Jahren mussten wir ohne fossile Brennstoffe auskommen. In 200 Jahren werden wir es wieder müssen.“
Thomas Schuler lebt als Autor und Journalist in München. Soeben ist sein neuestes Buch „Strauß. Die Biographie einer Familie“ (Scherz) erschienen
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