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(www.minecraftmuseum.net) Minecraft: Unbegrenzte Kreativität. Hier wurde der Eiffelturm nachgebaut.

Computerspiel Minecraft - Welten bauen, Monster hauen

Es ist eines der verrücktesten Internet-Phänomene aller Zeiten. Und schon vor dem Markteintritt wurde das Computerspiel Minecraft vier Millionen Mal verkauft. Wie kann das sein? Und was ist Minecraft überhaupt?

Der Spieler startet als gestrandeter Robinson Crusoe, um sich herum eine lebendige Welt voller Pflanzen, Tiere und Monster. Mit nichts als bloßen Händen muss er zunächst sein Überleben sichern, also Essen beschaffen und sich gegen Monster behaupten. Danach bleibt ihm frei, zu tun, was er will. Das Computerspiel Minecraft ist eines der größten Internet-Phänomene aller Zeiten. Außerdem fand erstmals ein Spiel nur mit Hilfe des Internets, ganz ohne professionellen Vertrieb oder Marketing, zu einem derart großen weltweiten Erfolg.

[gallery:Minecraft-Kreationen]

Erdacht wurde Minecraft von Markus Persson, der Netzwelt besser bekannt als „Notch“. Inspiriert von Spielen, die in Höhlen verortet sind, welche der Spieler selbst mitgestalten kann („Dungeon Keeper“, „Dwarf Fortress“, vor allem aber „Infinimer“), begann er Anfang 2009 mit der Programmierung von etwas, das er simpel „Cave Game“ nannte. Das rudimentäre Spiel bestand lediglich aus zwei Arten von würfelförmigen Blöcken (Erde und Stein), aus denen die Spielwelt aufgebaut war. Der Spieler konnte rumlaufen und die beleuchtete Oberfläche sowie die schattigen Höhlen erkunden.

Kurze Zeit später hieß Cave Game „Minecraft“ (dt: „Minen-Handwerk“) und Notch veröffentlichte die erste Version des Spiels, die sich einen Namen machte. Diese ist auch jetzt noch kostenlos spielbar und erweiterte das Testspiel zu einem großen Lego-Bausatz, wobei Notch die ohnehin schon simple Idee hinter Lego noch weiter vereinfachte. Auf einer zufällig generierten Insel kann der Spieler beliebig viele der würfelförmigen Blöcke zerstören und platzieren. Es gibt nun auch Holzplanken, Ziegelsteine und mehr; die Welt ist durchsetzt von Bäumen, Pilzen und Teichen. In dieser Zeit beginnt auch der Mehrspieler-Modus und damit der Hype um das Spiel. Spieler treffen sich online und leben gemeinsam ihre Kreativität aus.

Zweieinhalb Jahre später ist einiges passiert. Aus der Freizeitbetätigung eines einzelnen schwedischen Programmierers ist ein ernsthaftes Unternehmen geworden. Inzwischen ist mit „Mojang AB“ eine von Notch gegründete Aktiebolag (schwedische Form der Aktiengesellschaft, auch für kleine und mittelständische Unternehmen) für das Spiel verantwortlich. 13 Angestellte hat diese Firma und entwickelt parallel ein weiteres Spiel namens „Scrolls“. Minecraft ist nun auch für Handys und die Xbox-Konsole verfügbar – und hat eine gewaltige Entwicklung hinter sich.

Bauen und hauen

Heute besteht es aus einer komplexen, unendlich großen und bei Spielbeginn zufällig generierten Welt, bevölkert mit Tieren, Monstern und Siedlern inklusive der von diesen bewohnten Dörfer. Der Spieler kann virtuell die archaischsten Triebe ausleben, zum Beispiel riesige Höhlen erkunden, wertvolle Metalle aus dem Erdreich klopfen (um anschließend bessere Rüstungen und Werkzeuge daraus zu basteln), böse Monster niederschnetzeln, gigantische Burgen, ein Tor in die Hölle oder einen Bauernhof bauen, Tiere züchten, Äcker bestellen, Schienennetze errichten, befahren und mit logischen Schaltkreisen Türöffner, Weichensteller oder sogar Taschenrechner kreieren. All das gibt nur eine winzige Ahnung der Möglichkeiten.

Am Wesen Minecrafts hat sich allerdings seit der ersten Version kaum etwas geändert. Die Schlichtheit und Geradlinigkeit des Spieldesigns ist die gleiche geblieben. Schon in der knappen Vorstellung des Spiels auf dessen Internetseite wird dies deutlich. „Bei Minecraft geht es darum, Blöcke zu setzen, um all das zu bauen, was man sich vorstellen kann. In der Nacht kommen Monster, bevor das passiert solltest du einen Unterschlupf gebaut haben.“* Das reicht. Den Rest machen dann die Spieler daraus – und weil es ihnen so einfach gemacht wird, tun sie das mit großer Freude und unglaublicher Produktivität.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Gründe der Erfolg des Spiels hat.

*(Minecraft is a game about placing blocks to build anything you can imagine. At night monsters come out, make sure to build a shelter before that happens.)

Besonders die Einfachheit von Spielaufbau und Bedienung gibt dem Spieler unendliche Möglichkeiten, seine Kreativität auszuleben. Außerdem kann er seine Abenteuer- und Entdeckungslust ausleben und führt einen Überlebenskampf in der freien Natur. Natürlich sind dies Faktoren, die den Erfolg des Spiels beeinflussen. Wesentlich dazu beigetragen haben aber auch die neuen Produktions- und Vertriebswege, die Persson und seine Kollegen mit Minecraft gegangen sind.

Vertriebs- & Entwicklungsmodell

Minecraft ist ein sogenanntes „Indie-Spiel“. Das heißt, dass die Entwicklung nicht professionell durch ein größeres Studio oder unter den Fittichen eines der großen Vertriebe durchgeführt wird. Die 13 Mitarbeiter von Mojang sind allein für das Spiel verantwortlich. Sie bieten das Spiel auf ihrer Website zum Download an und der Käufer überweist das Geld direkt aufs Firmenkonto – alle Einnahmen gehen also direkt an Notchs Studio.

Mojang bot das Spiel bereits vor dem offiziellen Erscheinen – also unfertig – zum Kauf an. Diese Entscheidung mag der größte Antriebsfaktor der Entwicklung gewesen sein. Der Käufer erwarb nicht nur die Beta-Version des Spiels, sondern auch alle zukünftigen Erweiterungen, inklusive der nun erschienenen Vollversion – und zwar zu einem gegenüber der Vollversion vergünstigten Preis.

[video:3Sat-Beitrag über Minecraft]

Durch die vielen Käufer hatte Mojang konstant genug Kapital zur Eigenfinanzierung der Firma und Weiterentwicklung des Spiels. Die Erweiterungen boten neue Inhalte, was wiederum die Spieler bei der Stange hielt. Außerdem ist für die Entwicklung das Feedback der Community wichtig. Mojang kommuniziert intensiv mit ihr. Die Millionen Kunden waren offiziell (denn sie spielten ja die Beta-Version) Testspieler – und erstellten einen der ausführlichsten und hilfreichsten Wikis des Internets.

Das ausreichende Eigenkapital sorgte zudem dafür, dass Mojang unabhängig – und damit sich selbst treu – bleiben konnte. Großen Firmen wie Electronic Arts oder Valve boten ihre Zusammenarbeit an. Mojang lehnte jedoch ab. Er liebe ihre Spiele, sagte Notch, wolle sich aber bei seinem eigenen nicht von ihnen reinreden lassen. Ohne Deadlines, gestalterische und verkaufsorientierte Vorgaben herrscht ein gutes Arbeitsklima in der Gruppe, außerdem ist Sicherheit gegeben. Andere Studios, zum Beispiel Westwood oder Origin, wurden, nachdem sie aufgekauft und aus ihren Erfolgstiteln jeder Cent herausgequetscht worden war, einfach fallen gelassen.

Und schließlich zeigt sich die Zugänglichkeit des Spiels neben der Schlichtheit noch in einem weiteren Punkt. Die Programmiersprache des Spiels ist Java. Diese ist kompatibel mit allen Betriebssystemen; Java-Spiele lassen sich sogar in einem Internetbrowser spielen. Das heißt, die Zielgruppe ist maximiert, ohne dass die Entwickler gleichzeitig mehrfach (zum Beispiel für Windows, Apple und Linux) das selbe Spiel schreiben müssten.

Minecraft ist aber nur zur Hälfte beschrieben, wenn lediglich die Funktionen des Spiels und die Struktur seiner Entwicklerfirma erwähnt werden. Das „Phänomen Minecraft“ löste eine Lawine der Begeisterung aus und inspirierte (im und am Spiel) die Produktivität seiner Nutzer.

Lesen Sie auf der nächsten Seite von einem Hype der Superlative.

Die enorme Resonanz der weltweiten Spieler-Gemeinde kann man sich in etwa vorstellen als eine Fusion kreischender Teenie-Mädchen bei einem Elvis-(oder heute Justin Bieber-)Konzert und bleicher Coputerspieler, die (weil sie es können) kleine Programme schreiben und gegeneinander duellieren lassen. Bei Wellen der Begeisterung in der Popkultur ist es üblich, dass mit ihnen Fan-Produkte einhergehen. Art und Menge solcher Produkte, vor allem aber auch ihr massenhafter Konsum, sind bei Minecraft einmalig.

Das „Phänomen Minecraft“

 „Let’s Play“-Videoserien auf Youtube sind die wahrscheinlich irrwitzigsten Auswüchse des Hypes. Dabei schaut der Betrachter zu, wie ein anderer Minecraft spielt und dies kommentiert. Der bekannteste deutsche „Let’s-Player“, Gronkh, hat bislang mit 430 Episoden rund 107 Stunden Filmmaterial davon, wie er spielt. Jede Episode wurde durchschnittlich 150.000 Mal angesehen, die bekanntesten mehr als eine halbe Million Mal. Einige englische Let’s Plays sind noch erfolgreicher.

Andere „Auswüchse“ erweitern das Spiel. Obwohl Programmierung und Installation umständlich und zeitintensiv sind, gibt es eine Fülle an „Mods“, also Modifikationen. Diese ermöglichen zum Beispiel andere Texturen, mehr Tierarten, fügen Raumschiffe oder Autos hinzu, neue Welten, Computerspieler und vieles mehr. Daneben gibt es natürlich auch klassische Fan-Produkte wie Zeichnungen, Comics und Geschichten.

Für Spieler ist Minecraft oft eine mehr oder weniger lang anhaltende Obsession. Der Autor dieser Zeilen musste sich einmal selbst zur Ordnung rufen, als er auf die Uhr blickte und sah, dass er soeben zwei Stunden damit verbracht hatte, in virtuellen Minengängen auf nicht-reale Steine einzudreschen, nur um mit digitalem Erz ein immaterielles Schienennetz aufzubauen. Ein anderes Mal bekam er einen mittelgroßen Wutausbruch, weil seine ganze Bude, für die er in stundenlanger Arbeit Bilder und Möbel erstellt und für die Wände Wolle gefärbt hatte, beim Einziehen des Kamins in Flammen aufging. Eine kleine, greifbare Lektion über den Wert zeitintensiver Arbeit. Und dies sind nur leichte Fälle des Minecraft-Wahns.

Andere Menschen entwickeln mithilfe der Schaltkreise innerhalb des Spiels einen Computer. Wieder andere nutzen Minecraft als Unterrichtsmittel in der Schule und setzen damit einen eigenen Trend, der von wieder anderen aufgegriffen wird. Auch eine Dokumentation wird inzwischen gedreht. „2PlayerProductions“ plante eigentlich nur einen 20-Minüter. Jetzt werden die Filmemacher für einen abendfüllenden Film ein Jahr lang den Programmierern über die Schulter blicken. Um dieses Vorhaben zu stemmen, baten sie auf einer Finanzierungsplattform um Geld. Das Ziel von 150.000 Dollar Spenden wurde um 60.000 Dollar überschritten.

Mit der „Minecon“ könnte der Hype seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht haben. Eine Mojang-Mitarbeiterin organisierte zum Erscheinen der Vollversion ein mehrtägiges Event im Mandalay Bay Hotel Las Vegas, dessen 4.500 Tickets schnell ausverkauft waren. Einer der aktuell bekanntesten Electro-DJ‘s, deadmau5, legte bei der Afterparty auf.

Das Spiel ist nun in einer „Vollversion“ verfügbar und kostet 20 Euro. Normalerweise verzeichnet minecraft.net 1000 Logins pro Stunde, nach dem Erscheinen der Vollversion waren es 4.000 in der Sekunde. Zwei Milliarden Dateien wurden schon von Mojangs Servern geladen. Und sobald sich nach der deadmau5-Party der Kater des Mojang-Teams verflüchtigt hat, wird die Entwicklung weitergehen. Ein Ende des Phänomens ist noch lange nicht in Sicht.

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Chris Ryan | Mo., 13. März 2017 - 21:29

Ich finds echt witzig, obwohl der Artikel veraltet ist, dass es Minecraft (ein verdammt Java Spiel) in die Cicero schafft xD Wie auch immer Bauen ist halt echt das coolste in Minecraft und die Community wird immer besser und teilt ihre Ideen mit Allen! All die Foren (z.B: http://www.minecraft-geniale-bauideen.de/) Es ist wirklich ein kreativer Austausch geworden!