- Cicero Podcast Wissenschaft: „Wir waren niemals ohne Mikroben“
Niemand ist eine Insel. Mit diesen Worten ließe sich das zentrale Forschungsergebnis des Kieler Mikrobiologen Thomas Bosch zusammenfassen. Jedes Tier und jeder Mensch ist eine Zweckgemeinschaft aus Bakterien und Wirtszellen. „Zusammen lebt man eben besser“, so Bosch im aktuellen Cicero Wissenschaft Podcast. Eine Erkenntnis, aus der der renommierte Wissenschaftler spannende Konsequenzen für Medizin, Zoologie und Menschenbild ableitet.
Seit etwa drei Milliarden Jahren gibt es auf der Erde Kleinstlebewesen wie Bakterien, Viren oder Phagen. Das tierische wie menschliche Leben hat sich somit mitten in einer mikrobiellen Umwelt entwickelt. Schon die erste entwickelte Zelle ist ein Fusionsprozess aus verschiedenen Bakterien. In der Natur gibt es bis heute keine keimfreien Tiere, Pflanzen oder Menschen. Im Gegenteil: Mit moderner Sequenztechnologie konnte nachgewiesen werden, dass wir mindestens so viele bakterielle Zellen in unserem Körper und auf der Oberfläche unserer Haut haben, wie wir eigene Körperzellen besitzen.
Was das genau bedeutet und welche Konsequenzen man aus diesem Wissen ziehen muss, darüber haben der Althistoriker Michael Sommer und der Evolutionsbiologen Axel Meyer zusammen mit dem Zoologen und Mikrobiologen Thomas Bosch gesprochen. Der ist seit dem Jahr 2000 Professor für Allgemeine Zoologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Sprecher des dortigen Forschungsschwerpunkts „Life Science“ sowie des Sonderforschungsbereichs „Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen“. Bosch ist einer der weltweit führenden Forscher auf dem Gebiet der sogenannten Holobionten-Theorie. In deren Mittelpunkt steht die Frage, wie sich Organismen gemeinsam mit ihren besiedelnden Kleinstlebewesen im Laufe der Evolution zu einer multiorganismischen Einheit entwickelt haben.
„Komplexe Lebensprozesse funktionieren nur in einem Miteinander“, lautet eine wesentliche Schlussfolgerung aus Boschs Forschung, über die er im Cicero Wissenschaft Podcast spricht. Dieses gewaltige Miteinander hat Konsequenzen: „Wir sehen das am allerbesten, wenn wir an die vielen komplexen Lifestyle-Erkrankungen denken, an denen viele Menschen leiden: Entzündliche Darmerkrankungen, Allergien oder Adipositas. Bei diesen Krankheiten liegt eine Störung zwischen der Funktionalität des Mikrobiom und dem, was unsere eigenen Zellen leisten können, vor." Was das für die moderne Medizin bedeutet und wie die Holobionten-Theorie das philosophische Menschenbild verändert, darüber diskutieren die drei Wissenschaftler im aktuellen Podcast „Menschen, Tiere Sensationen“.
Das Gespräch wurde am 20. Mai 2022 aufgezeichnet.
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