
- Die Geschichte einer schauerlichen Ruine
Erik Wegerhoff nimmt den Leser mit in die Geschichte des römischen Kolosseums. Ein lohnender Ausflug: Man lernt die Blaupause für die Kultur des Spektakels kennen
Diese Ruine hat Touristen angelockt und vertrieben. Zum Beispiel Goethe: «Als ich aber», notierte er im Tagebuch seiner Italienreise, «den erhabenen Resten des Coliseums mich näherte und in dessen verschlossenes Innere durchs Gitter hineinsah, darf ich nicht leugnen daß mich ein Schauer überfiel und meine Rückkehr beschleunigte.» Noch heute lässt sich das Kolosseum kaum nur mit Wohlgefallen betrachten. Die Gräueltaten, für die es die Römer eigens errichtet hatten, schweben als Gespenst über der Sehenswürdigkeit.
Der Architektur-Historiker Erik Wegerhoff spannt nun einen Bogen über zwei Jahrtausende. Seiner ursprünglichen Bestimmung hat das Kolosseum nur einen Wimpernschlag lang gedient. Es wurde im Mittelalter der Wohnsitz einer mächtigen Adelsfamilie, dann zum christlichen Kultort, wo dem Schicksal der hier gemordeten Märtyrer gehuldigt wurde, später ein Pflichtprogrammpunkt der bildungstouristischen grand tour. Wegerhoff zeigt zudem, wie sich das ästhetische Ideal, das diese Ruine in der Kunst stets auch gewesen ist, gewandelt hat.
Und wozu das lesen? Nur beim Stierkampf wird in der Arena noch heute gestorben. In unserer Kultur des Spektakels aber sind Fußballstadien die wichtigsten Adressen des eingehegten Kampfes. Dank Wegerhoff lernen wir die Blaupause dafür nun in all ihren Facetten kennen.
Erik Wegerhoff: Das Kolosseum - bewohnt, bewundert, ramponiert.
Wagenbach, Berlin 2012
236 Seiten, 24,90 Euro.
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