() Eva Herman
Die Emanzipation – ein Irrtum?
Die Deutschen sterben aus – und das könnte daran liegen, dass der Feminismus die Frauen zwischen widersprüchlichen Rollenanforderungen zerrieben und für die Mutterrolle unbrauchbar gemacht hat. So lautet die provokante These einer berufstätigen Mutter
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Deutschland bekommt kaum noch Kinder. Nicht vorstellbar, aber wahr – in wenigen Jahrzehnten wird unsere Gesellschaft auf erschreckende Weise überaltert sein, junge Menschen werden lange suchen müssen, um ihresgleichen zwischen all den Greisen noch zu finden.
Immer lauter wird nun das Geschrei bei der Suche nach den Ursachen und nach den Schuldigen. Man hat schon griffige Erklärungen bereit: Es seien halt Fehler im System – nicht ausreichende Ganztags-Betreuungsplätze für Kleinstkinder und Vorschulkinder, fehlende Teilzeitangebote für Frauen und Männer, starre Tarifverträge, laue Männer, die ihren Job nicht für eine „Elternzeit“ unterbrechen wollen, und natürlich die fehlende Anerkennung jener berufstätigen Frauen, die sich am Spagat zwischen Job und Familie versuchen.
Doch nicht das „System“ muss überprüft werden. Wir Frauen kommen nicht drum herum: Jetzt müssen wir uns selbst einmal kritisch betrachten und nach unserem Handeln als Frau in all unserer Verantwortung fragen.
Betrachten wir uns also ohne Verklärungen, ohne auftrumpfendes Ego-Marketing. Die Frau der unmittelbaren Gegenwart ist in aller Regel aktiv, berufstätig, selbstständig und verdient meist ihr eigenes Geld, ganz gleich, ob sie gebunden ist oder nicht. Zu ihrem selbstverständlichen Sein gehören Autonomie und als höchstes Ziel die Selbstverwirklichung. Wenn es darüber hinaus zeitlich passt und ein adäquater Partner in der Nähe ist, denkt sie eventuell auch über Kinder nach. Eventuell. Kinder sind für sie eine Option, keine Selbstverständlichkeit.
Sollte es mit viel Glück doch zur Mutterschaft kommen, muss das Leben in genaue Zeitfenster eingeteilt und minutiös organisiert werden: Karriere und Küche werden nach Plan koordiniert, die Betreuung der Kinder arrangiert und gemanagt.
Die Frau von heute ist im Stechschritt unterwegs, um die heterogenen Lebensinhalte unter einen Hut zu bringen.
Hieraus muss unweigerlich folgern, dass sie keinem der genannten Bereiche in seinen Ansprüchen gerecht werden kann. Weder in der Karriere noch in der Küche ist die Frau voll handlungsfähig, Partner und Kind kommen ebenfalls zu kurz. Nie war Zeit kostbarer als heute – und knapper. So sehen wir die Frau der Moderne mit einem wehenden Schleier der Atemlosigkeit durch ihr Leben hetzen, und immer ist sie unzufrieden mit dem Ergebnis.
Ziehen wir Bilanz nach fast einem halben Jahrhundert Feminismus und Frauenemanzipation. Es werden so viele Ehen geschieden wie noch nie zuvor. In immer weniger Haushalten wird regelmäßig oder gar zeitaufwändig gesund gekocht.
Die berufliche Karriere von Frauen stockt und erleidet deutliche Einbrüche vor, während und nach der Schwangerschaft. Bei beinahe der Hälfte aller Kinder in Deutschland werden anlässlich der vorschulischen Untersuchungen wegen fehlender Bemutterung deutliche Defizite wie motorische oder sprachliche Störungen, kognitive Entwicklungsbarrieren und verhaltensauffälliges Benehmen festgestellt. Und es werden, wie erwähnt, erschreckend wenige Geburten verzeichnet.
Am ernüchterndsten aber: Die Frauen, die vor knapp einem halben Jahrhundert entschlossen und hoffnungsvoll dem Ruf der Emanzen und Feministinnen auf dem Weg nach weiblichem Erfolg folgten, sind im beruflichen Kampf gegen die Männer am Ende ihrer Kräfte und Ressourcen angelangt. Sie sind ausgelaugt, müde und haben wegen ihrer permanenten Überforderung nicht selten suizidale Fantasien. So zieht eine hochzivilisierte Kultur wie die unsere sich selbst den Boden unter den Füßen weg, die Basis, die uns Halt im täglichen Überlebenskampf geben könnte: die intakte Familie.
Vor etwa acht Jahren, ich war gerade selber Mutter geworden, lud man mich in eine Talkshow ein, bei der es um das Thema „Frauen und Beruf“ ging. Als ich aufgrund eigener bedrückender Erfahrungen mit anderen Müttern darauf hinwies, dass es ein Heer strukturell überforderter Frauen gebe, wurde mir schnell klar, dass ich ein Tabu gebrochen hatte. Die ehemalige Familienministerin Rita Süßmuth warf mir vor, ich hätte die Emanzipationserrungenschaften um etliche Jahre zurückgeworfen. Die moderne Frau habe ein Recht auf berufliche Selbstverwirklichung, das sei eine Errungenschaft, die nicht in Frage gestellt werden dürfe, unseren Müttern und Großmüttern sei das schließlich nicht vergönnt gewesen. Auch andere Teilnehmerinnen der Talkrunde reagierten verständnislos bis ablehnend. Es wirkte befremdend und verwunderlich auf mich, dass sich damals niemand für meine Schilderungen weiblicher Notrufe interessierte. Und seit jenem Tag bewegt mich eine Frage, die provozierend sein mag, doch längst überfällig ist: Haben berufstätige Frauen von heute – zu denen ich ja auch gehöre – wirklich das Recht auf unbegrenzte Selbstverwirklichung oder war die Emanzipation ein fataler Irrtum?
Betrachten wir einmal den soziologischen und biologischen Kontext. Der Mann steht in der Schöpfung als der aktive, kraftvolle, starke und beschützende Part, die Frau dagegen als der empfindsamere, mitfühlende, reinere und mütterliche Teil. In den zurückliegenden Jahrtausenden richtete die Menschheit ihre Lebensform nach dieser Aufteilung aus, die Rollen waren klar definiert.
Der Mann ging zur Jagd, später zur Arbeit und sorgte für den Lebensunterhalt der Familie, die Frau kümmerte sich um das Heim, den Herd, die Kinder und stärkte ihrem Mann den Rücken durch weibliche Fähigkeiten wie Empathie, Verständnis, Vorsicht. Aus dieser Zeit stammt das volksmündliche Sprichwort, dass hinter jedem erfolgreichen Mann eine kluge Frau stehe.
Welche Gnade sich in dieser schöpfungsgewollten Aufteilung findet, kann man heute nur noch selten beobachten. Wenn sie aber eingehalten wird, so hat das in aller Regel dauerhafte Harmonie und Frieden in den Familien zur Folge. Kinder, die in einem funktionierenden Biotop familiärer Stabilität aufwachsen – mit der anwesenden Mutter –, bringen durch diese Prägung auch für ihre eigene, künftige Familienplanung eine bindungsfähigere, solidere Basis mit. Ihre Persönlichkeit ist nachweislich selbstsicherer und stabiler. Die noch junge Bindungsforschung hat mittlerweile umfangreiche Erkenntnisse darüber, wie stark die Bindungsfähigkeit und damit auch die Bereitschaft, eine Familie zu gründen, von den frühen kindlichen Erfahrungen familiärer Sicherheit abhängt.
Seit einigen Jahrzehnten verstoßen wir Frauen zunehmend gegen jene Gesetze, die das Überleben unserer menschlichen Spezies einst gesichert haben. Wir missachten sie, weil wir glauben, uns selbst verwirklichen zu müssen und mindestens genauso gut zu sein wie Männer. Durch dieses Verhalten ramponierten wir en passant auch noch das Ansehen der nicht berufstätigen Mutter, deren sozialer Status im Laufe der Emanzipationsanstrengungen immer schwächer wurde und heute kaum noch gesellschaftsfähig ist. Nur Hausfrau? Nur Mutter? Kein attraktiver Smalltalk für eine Party, und schon gar keine gesellschaftliche Reputation. Ist die zu faul?, fragt man hinter vorgehaltener Hand. Oder etwa zu dumm?
Dabei sollten sich umgekehrt die so genannten Vorzeigefrauen zur Abwechslung auf den Prüfstand stellen und sich fragen lassen, welche Ziele sie eigentlich leiten. Die ehrliche Antwort wäre: Es sind Selbstgefälligkeit und Eitelkeit. Wir Frauen sind dem Wahn verfallen, uns beweisen zu müssen, dass wir zu allem fähig sind. Und so führen wir auf fatale Weise unsere wunderbaren Kräfte in die falsche Richtung. Man könnte auch sagen: Wir vergeuden sie. Wer einmal den Wert häuslichen Friedens in Harmonie und Wärme kennen lernen durfte, einen Ort, der Sicherheit, Glück und Seelenfrieden gibt, weiß, wovon die Rede ist.
Diesen Boden kann nur die weibliche Seite bereiten. Es ist die Frau, die in der Wahrnehmung ihres Schöpfungsauftrages die Familie zusammenhalten kann. Das soll nicht heißen, dass sich die weibliche Existenz ausschließlich darauf stützt. Es ist selbstverständlich, dass Frauen etwas lernen, dass sie sich weiterbilden und Aufgaben auch außerhalb der Familie übernehmen, wenn sie das Talent dafür haben. Doch all das sollte in Maßen geschehen. Es darf ihr Glück nicht allein darin bestehen, Geld zu verdienen und sich in der männlichen Berufswelt zu behaupten.
Es ist eine simple, naturwissenschaftliche Feststellung: Wenn Frauen sich zunehmend zu maskulinen Wesen entwickeln, werden wir keine Nachkommen mehr haben. Wenn wir gegen die Natur arbeiten, müssen wir uns nicht wundern, wenn die Natur sich gegen uns wendet. Eine Frau, die über die ihr von der Natur zugedachten Aufgaben hinaus in Konkurrenz treten will zu dem Männlichen, wird und kann in keiner der beiden Richtungen wirklich stark sein. Der auferlegte Zwang führt unweigerlich in die Entweiblichung der Frau und die Entmännlichung der Herrenwelt. Denn mit diesem Handeln, auch das ist nur logisch, lähmen wir jede starke Männlichkeit in unseren Partnern, die wir uns in der Tiefe unserer Seelen sehnlichst wieder herbeiwünschen. Sie zucken nur noch verständnislos mit ihren breiten Schultern, an die wir uns so gern lehnen möchten, und wenden sich von uns ab. Diese Entwicklung muss zielgenau in die Kinderlosigkeit unserer Gesellschaft führen. Diesen Punkt haben wir nun bald erreicht.
Wie weit entfernt wir von der Idealvorstellung einer in sich ruhenden Familie sind, muss ich nicht weiter erläutern. Wir alle sind im Bilde. Und was ist das Äquivalent? Von den Versprechungen der Emanzipation ist wenig geblieben außer dem fremdbestimmten Anspruch an die Frau, es gefälligst den Männern gleichzutun und Geld zu verdienen. Materieller Druck ist es, der uns treibt und jagt. So sehr, dass wir bereit sind, unsere Kinder abzugeben und das hart verdiente Geld für die Betreuung auszugeben. Absurd? Mehr als das. Warum versklaven sich Frauen, nur, um ihre Kinder los zu werden? Weit zurück liegt auch die Vorstellung der Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung durch berufliche Aktivitäten. Die Frau ist als notwendige Mitverdienerin der Familie unverzichtbarer Teil der Konsumgesellschaft geworden, Freiheit und wahre Emanzipation jedoch gibt es in den seltensten Fällen. Die Zahl der – natürlich meist kinderlosen – Führungsfrauen hat sich bei sechs bis sieben Prozent eingependelt. Mehr ist nicht drin. Der Kampf um die umfassende Gleichberechtigung im Beruf und im Privatleben kann als verloren eingeschätzt werden. Diese Suppe, meine Damen, haben wir uns selbst eingebrockt. Wir haben nicht erkannt, wo unsere wahren Stärken liegen, stattdessen verloren wir uns im dünkelhaften Glauben an unsere nahezu übernatürlichen Kräfte, in Selbstüberschätzung und unreflektierter Emanzipationsgläubigkeit.
Wie Mahnmale wachsen nun immer neue demografische Statistiken in den Himmel, auf denen wir die Alterspyramide ablesen können: Sie steht auf dem Kopf. Und obwohl wir Frauen leise ahnen, dass die Ursache bei uns liegt, in der Selbstverantwortung der Frauen, schweigen wir lieber. Keiner setzt sich über die stillschweigende Verabredung hinweg, dass man überforderte, gestresste, unglückliche und ratlose Emanzipationsopfer besser unerwähnt lässt. Keiner verteidigt das Recht auf die traditionelle Rolle als Frau und Mutter. Keiner bricht das Tabu.
Warum melden sich in dieser aktuellen und heißen Diskussion nicht diejenigen zu Wort, die einst den Weg zur Emanzipation mit Pauken und Trompeten einläuteten? Straßenzüge füllten sie seinerzeit mit lila Latzhosen-Demos, sie wurden nicht müde, ihre revolutionären Pläne und kühnen Ziele zu formulieren, und mit Beharrlichkeit und auch einer guten Portion Aggression erreichten sie innerhalb weniger Jahre eine landesweite Bewusstseinsveränderung, unter deren Folgen wir heute stöhnen.
Wo sind sie jetzt, die Anführerinnen, die in den meisten Fällen selber niemals Kinder, geschweige denn Männer hatten? Sie wussten damals schon nicht, was das Glück bedeutet, ein Baby zu bekommen, einen liebenden Mann an der Seite zu haben und – manchmal unter größten Mühen – etwas zu erschaffen, was man den Familiensegen nennt.
Heute schweigen sie schamvoll, die Kämpferinnen von einst. Vielleicht, weil sie ahnen, dass sie wesentlichen Anteil an einer verhängnisvollen Entwicklung hatten, die speziell unser Land unbrauchbar für die Zukunft macht. Wir sterben aus. Und das, weil die Rolle der Frau so lange problematisiert, diskutiert und umgeformt wurde, bis die Verunsicherung die Frauen in die Verweigerung der Mutterrolle führte – und die Männer in die Verweigerung der Versorgerrolle. Wenn die Frau zur Konkurrentin des Mannes wird, spürt er weder Bindung noch Verantwortung für sie.
Es geht mir nicht um schwärmerische Familienverklärung, ich will weder Abgründe verlogener Behaglichkeit beschwören noch alte Unterdrückungsmuster. Ich spreche von einer verlorenen Welt, die unseren Vorfahren jahrtausendelang Kraft und Halt gab, die Misserfolge und Enttäuschungen auffing und eine Quelle des Glücks sein konnte. Wo ist heute die funktionierende familiäre Rückendeckung?
Deutschland ist eines der wenigen Länder der Erde, in dem das Recht auf Bindung des Kindes zu seinen Eltern nicht im Grundgesetz verankert ist. Ein Missstand, der bisher wenig beachtet wurde und gerade dadurch Aufschluss gibt über unser Land und seine Haltung zu Familie und Kindern.
Unsere Kinder schenken uns das Leben. Wir erfahren durch sie Freude, Trauer, Arbeit und Liebe, eben genau das, was das Leben ausmacht und uns dauerhaft zum Lernen anhält.
Ein Mensch, der sich gegen Kinder entscheidet, wendet sich auch dagegen, Enkelkinder aufwachsen zu sehen. Sein Lebensabend wird eine beängstigend stille Zeit sein, ohne ein Kinderlachen oder -weinen, ohne lebendige Impulse. Es wird in vielen Fällen eine Zeit des schmerzvollen Nachdenkens und der tiefen Reue werden.
Die gute Nachricht zum Schluss: Immerhin werden die Feministinnen mit ihrem Kampf den glücklichen Umstand herbeiführen, dass in zwanzig Jahren niemand im Land mehr arbeitslos sein wird – aus Mangel an Bevölkerung. Insofern sollte die Politik sich bereits jetzt herzlich bei den Frauenrechtlerinnen bedanken.
(Foto: Picture Alliance)
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