- Carl Schmitt. Eine deutsche Karriere
Man muss Carl Schmitt (1888 –1985) nicht dämonisieren: Er ist ein Dämon, im doppelten Sinn. Das griechische Wort «daimónion» bedeutet auch «Genie» – und Schmitt betrat die Bühne der Publizistik als glänzender Jurist, klarsichtiger Zeitdiagnostiker und schneidiger Stilist. Seine schillernden Formulierungen machten einen rechtswissenschaftlichen Zweig wie die «Verfassungslehre» über die akademische Welt hinaus populär.
Man muss Carl Schmitt (1888 –1985) nicht dämonisieren: Er ist ein Dämon, im doppelten Sinn. Das griechische Wort «daimónion» bedeutet auch «Genie» – und Schmitt betrat die Bühne der Publizistik als glänzender Jurist, klarsichtiger Zeitdiagnostiker und schneidiger Stilist. Seine schillernden Formulierungen machten einen rechtswissenschaftlichen Zweig wie die «Verfassungslehre» über die akademische Welt hinaus populär. Vor allem aber war Carl Schmitt dämonisch als Karrierist, Ideologe und Antisemit. Schon während der Weimarer Republik nahm er Strukturen totalitärer Herrschaft theoretisch vorweg, er rechtfertigte die Machtübernahme der Nationalsozialisten, wollte das «deutsche Recht» von «jüdischem Geist» reinigen. Als Hitler 1934 führende SA-Männer um Ernst Röhm ermorden ließ, fand er die Worte: «Der Führer schützt das Recht vor dem schlimmsten Missbrauch, wenn er im Augenblick der Gefahr kraft seines Führertums als oberster Gerichtsherr unmittelbar Recht schafft.» Es war einer seiner Schüler, der jüdische Politologe Waldemar Gurian, der die Formel fand, unter der Schmitt bis heute bekannt ist: «Kronjurist des Dritten Reiches». Und doch ist er ein «moderner Klassiker des politischen Denkens» (Herfried Münkler).
Heute, zwei Jahrzehnte nach seinem Tod, kursieren verschiedene Denkfiguren Carl Schmitts in neuen Kontexten. Dass im Feld des Politischen zwischen Freund und Feind unterschieden werde; dass souverän sei, wer über den Ausnahmezustand entscheide; dass man in neueren Kriegen auf irreguläre Kämpfer stoße, mit denen ein Friedensschluss nicht mehr möglich sei: diese und andere Versatzstücke aus dem Baukasten des Rechts-Denkers werden von Politikern wie Kommentatoren des «War Against Terror» benutzt. Carl Schmitt, das politische Gespenst, lässt sich nicht verscheuchen.
In diesen Tagen erscheint eine neue Schmitt-Biografie unter dem beschaulichen Titel «Der Bahnhof von Finnentrop». MICHA BRUMLIK nimmt das Buch zum Anlass, um diese deutsche Karriere nachzuzeichnen. Carl Schmitt, so Brumlik, ist der brillanteste und schaurigste Kopf, den das Sauerland hervorgebracht hat; die Auseinandersetzung mit ihm ist notwendig, um die politische Gegenwart zu verstehen. JULIA ENCKE wirft einen Blick in die privaten Briefe, die Schmitt mit Ernst Jüngers Frau Gretha gewechselt hat – und entdeckt einen Gesprächspartner, der nicht eben aufrichtig seine Meinung sagt. FRIEDRICH BALKE hat die Korrespondenz gelesen, die Schmitt mit seinem Lieblingsschüler Ernst Forsthoff bis in die 70er Jahre
geführt hat. Balke zeigt, dass Forsthoff, ein prominenter Jurist der Bundesrepublik, seinem Meister bis zum Schluss zu Füßen lag. DIETER THOMÄ betrachtet einen mit Carl Schmitt verwandten Fall: Ein neues Buch aus Frankreich zeigt mit bislang unbekannten Materialien, wie sehr sich Martin Heidegger für die Nazis engagierte. Doch ist sein Werk damit verdorben?
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