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Was macht eigentlich Peter Hartz?

Vom Hoffnungsträger der rot-grünen Regierung zum Sündenbock der Nation: Wie geht es dem Namensgeber der Arbeitsmarktreformen und vorbestraften VW-Manager heute?

Fast tut er einem ein bisschen leid, der ältere Herr mit dem weißen Haar, wie er leicht angespannt da vorne sitzt und von „Polylog“ spricht und von „Beschäftigungsradar“. Peter Hartz, der tief gefallene ehemalige VW-Arbeitsdirektor, Kanzlerberater und Arbeitsmarktreformer, ist nach Berlin gekommen, um sein neues Konzept gegen Langzeitarbeitslosigkeit vorzustellen: die „Minipreneure“ – der Name spielt auf „Entrepreneur“, also „Unternehmer“ an. Und wie früher, als Hartz von „Job-Floatern“ sprach und von „Bridge-System“, kann ihm kaum jemand folgen. Doch damals war der Saarländer der aufsteigende Stern am Berliner Polit-Himmel, galt als innovativster Personalvorstand Deutschlands, der dafür sorgen sollte, woran die Politik gescheitert war: die Zahl der Erwerbslosen zu halbieren. Heute hat der 68-Jährige eine deutlich schwierigere Ausgangsposition und eine doppelte Mission: Er will den rund zwei Millionen Langzeitarbeitslosen in Deutschland unbedingt zur Reintegration in die Gesellschaft verhelfen – und sich selbst gleich mit. Die Frage ist, ob man ihn lässt – derzeit sieht es nicht danach aus. Das hat einen Hauch von Tragik. Denn heute wird wohl von keinem Ökonomen mehr bestritten, dass die Umsetzung der nach Hartz benannten Reformen zur positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt beigetragen hat. Doch die breite Öffentlichkeit sieht das anders. Vor allem „Hartz IV“ ist für viele zum Synonym für sozialen Abstieg und Armut geworden. Und spätestens seit seiner Verstrickung in die VW-Affäre um Schmiergelder und Lustreisen, die ihm Anfang 2007 eine Verurteilung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und eine Geldstrafe wegen Untreue und Begünstigung einbrachte, ist Hartz zur Unperson geworden. Der einstige Vorzeigemanager trägt schwer an dieser doppelten Bürde. „Damit machen Sie nie Ihren Frieden“, antwortet er auf die Frage, mit welchen Gefühlen er Demonstrationen gegen Hartz IV verfolge. Man glaubt es ihm. Denn dass ihm das Los des kleinen Mannes nicht egal ist, hat der Sohn eines Hüttenarbeiters öfters bewiesen – als Mitinitiator der Stahlstiftung etwa oder mit der Einführung der Vier-Tage-Woche ohne vollen Lohnausgleich bei VW. Zur VW-Affäre hingegen mag er nichts sagen. Er habe gezahlt und gebüßt, damit sei das Thema erledigt. Doch damit macht es sich Hartz womöglich zu einfach. Seine Mitwelt jedenfalls scheint ihm bei dieser flotten Selbstabsolution nicht folgen zu können. So hat seine Unternehmensberatung, die er 2006 in Saarbrücken gründete, nach Auskunft der IHK Saarland vor einigen Wochen Liquidation angemeldet – offenbar standen die Kunden nicht gerade Schlange vor dem Büro des vorbestraften Ex-Managers, zu dessen Portfolio aparterweise auch Beratung zu Controlling-Fragen gehörte. Auch mit den „Minipreneuren“ läuft es alles andere als rund. Zwar gelang es ihm Ende 2008, die Arbeitsagentur Saarbrücken von dem Konzept zu überzeugen. Doch dann – einen Tag vor der geplanten Vorstellung des Pilotprojekts – die Absage der Behörde. Der politische Druck und die öffentlichen Proteste, so ihr Leiter damals, seien zu groß. Die meisten hätten sich nach dieser Demütigung wohl endgültig ins Private zurückgezogen. Nicht so Hartz. Im Juni 2009 tauchte er mit den „Minipreneuren“ in Ansbach auf: Ausgerechnet die dortige CSU-Mittelstandsunion hatte sich bereit erklärt, dem vorbestraften SPD-Mann und Gewerkschaftsmitglied eine zweite Chance zu geben. Der Empfang war allerdings auch in der fränkischen Provinz äußerst unfreundlich. Störer versuchten die Veranstaltung zu torpedieren, kredenzten einen übel riechenden Harzer Käse. Für Hartz, dem bei aller Eitelkeit ein sensibles Gemüt nachgesagt wird, eine weitere bittere Stunde. Heute, ein halbes Jahr später, winkt die Arbeitsagentur Ansbach auf Nachfrage, was aus dem Projekt geworden sei, müde ab: Zu teuer. Darüber verliert Hartz in Berlin kein Wort. Ist das nun der viel beschworene professionelle Umgang mit Niederlagen oder eine fast schon beängstigende Form der Verdrängung? Sicher scheint nur eins: Peter Hartz ist noch lange nicht bereit aufzugeben.

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