Walter Lübcke
Hatte privat wie politisch immer ein offenes Ohr: Walter Lübcke / picture alliance

Walter Lübcke - Über einen Freund

Heute vor einem Monat wurde Walter Lübcke erschossen. Er war nicht nur CDU-Politiker und Regierungspräsident von Kassel. Nach eigenem Verständnis war er auch immer Anwalt der Leute. Für unseren Autor, Michael Brand, war er ein Freund

Michael Brand (CDU)

Autoreninfo

Michael Brand ist CDU-Bundestagsabgeordneter, Vorsitzender der hessischen Landesgruppe und menschenrechtspolitischer Sprecher in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

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Walter Lübcke war nicht nur Wegbegleiter seit 20 Jahren. Er war auch ein Freund. Freunde kennen einander gut. Und das, was ich von Walter Lübcke kenne, macht ihn zu einem außergewöhnlichen Charakter, der nicht durch den Umstand seines Todes, sondern durch sein Leben definiert werden sollte.

Er war ein deutscher Patriot, tief geprägt von einer christlichen Haltung, er fühlte sich seiner engeren und weiteren Heimat verbunden – er war nicht nur der Regierungspräsident, sondern nach seinem Verständnis immer auch Anwalt der Leute.

Nichts könnte die Gewalt rechtfertigen

Walter Lübcke hat privat wie politisch immer ein offenes Ohr gehabt. Er besaß echten Humor, hatte ein gutes, auch aufmunterndes Wort parat. Hunderte, ja tausende Gesprächspartner aus seiner Tätigkeit als Abgeordneter und später als Regierungspräsident, private, kommunale und ehrenamtliche, können Zeugnis ablegen von einem, der vom Pförtner bis zum Ministerpräsidenten allen Menschen mit gleichem Respekt und gleicher Offenheit begegnete.

Nichts, rein gar nichts an seiner Haltung könnte rechtfertigen, etwa gegen ihn zu hetzen oder gar Gewalt gegen ihn anzuwenden, oder sogar noch nach seinem Tod zu rechtfertigen. Das ist nicht nur zynisch, das spricht auch gegen Haltung und Intelligenz, es ist schlicht: unmenschlich.

Denn Walter Lübcke hatte immer ein offenes Ohr, er mochte die Menschen, und sie ihn. Er war immer offen für Kritik.

Für ihn ging es um Pflichterfüllung

Das gilt auch für das kritische Jahr 2015, als es um die große Anstrengung der Unterbringung von hunderttausenden Flüchtlingen und Migranten ging. Nie hat er, weder währenddessen noch danach, jemals für sich in Anspruch genommen, etwas Besonderes geleistet zu haben. Für ihn ging es schlicht um Pflichterfüllung: administrativ, politisch und nicht zuletzt auch menschlich.

Es war für ihn seine Aufgabe als Regierungspräsident, gemeinsam mit den Verantwortlichen in den Kommunen, und mit Unterstützung von zahllosen Freiwilligen, diese Mammutaufgabe organisatorisch vernünftig und menschlich anständig zu bewältigen – was, bei allen Problemen im Detail und bei allen dramatischen Einzelfällen, insgesamt so gut gelungen ist, dass den Deutschen einmal mehr der Ruf vorauseilt, in Organisation und auch bei Humanität zu besonderen Leistungen fähig zu sein.

Walter Lübcke war einer derjenigen, die mit enormem Einsatz und der Fähigkeit, unterschiedliche Akteure zusammenzubringen, zu dieser Leistung beigetragen hat.

Hetzer hat er in die Schranken gewiesen

Das von AfD und Co. immer wieder gegen ihn in Stellung gebrachte Zitat gibt bewusst nur die halbe Wahrheit wieder. Diese Manipulation diente deutlich einem Zweck: ihn zur Zielscheibe zu machen. Nun beklagen wir den ersten rechtsextremistischen Mord an einem Staatsbediensteten in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Das ist eine Zäsur. Das gab es vorher nur in Weimar, die Folgen sind bekannt: das Ende einer Demokratie. Manche freuen sich in aller Häme darüber, und darauf.

Walter Lübcke hatte nicht etwa Bürger des Landes verwiesen. Im Gegenteil: Er hatte reagiert auf üble Pöbeleien und Hetze, die weder den Regeln des Rechtsstaates noch zivilem Anstand und Respekt entsprechen. Er hat damit die Kritiker von den Hetzern getrennt, eine klare Grenze gezogen. Immer hat er Kritik ernst genommen, versucht zu beschwichtigen, Hetzer aber in die Schranken gewiesen – Grundsatz: Wer überzieht, der bekommt die Tür gewiesen.

Wir müssen nicht übereinstimmen

Das war, und das bleibt wichtig: Hetze führt im Ergebnis immer zu Gewalt, wie islamistische Hetze und Terror zeigen, linke Hetze und linker Terror – und eben auch rechte Hetze und rechter Terror.

Walter Lübcke wurde für Zivilität und Zivilcourage im Umgang mit allen Menschen von Extremisten zum Abschuss empfohlen. Das ist ein schlimmes Fanal.

Gnade Gott unserem Land, wenn es uns nicht gelingt, die Fratze von Hass und Hetze zu überwinden. Wir müssen nicht übereinstimmen. Wir können sogar über Kreuz liegen. Aber wir dürfen niemals wieder kleinen extremistischen Minderheiten die Herrschaft über unsere offene Gesellschaft überlassen.

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