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Die fünf unverzeihlichen Fehler des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle

Die Tage des FDP-Vorsitzenden scheinen gezählt. Die Basis rebelliert, im kommenden Jahr drohen sieben empfindliche Wahlniederlagen. Seine innerparteilichen Widersacher schmieden bereits Putschpläne. In den letzten 14 Monaten und auch schon davor hat Guido Westerwelle viel falsch gemacht.

Es ist noch kein Jahr her, da stand Guido Westerwelle im Zenit seiner politischen Macht. Die Bundestagswahl 2009 hatte die FDP mit einem Rekordergebnis abgeschlossen, angesichts von 14,6 Prozent ließ der FDP-Vorsitzende sich als Wahlsieger feiern, seine Anhänger träumten bereits von einer neuen schwarz-gelben Ära in der Bundespolitik. Doch dann begann der liberale Absturz.

Jetzt wird es eng für den FDP-Vorsitzenden, Vizekanzler und Außenminister. Viele Parteifreunde machen ihn verantwortlich für den liberalen Niedergang und die schlechten Umfragewerte. Vor allem in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, wo im März gewählt wird, ist die Stimmung schlecht. Seit Monaten schon frisst sich die Kritik an Westerwelle durch die Partei, im Sommer nannte der hessische FDP-Vorsitzende Jörg-Uwe Hahn diesen einen "perfekten" Oppositionspolitiker, der noch "Nachholbedarf" in Sachen Vizekanzler und Außenminister habe. Jetzt sprach der Spitzenkandidat der rheinland-pfälzischen Liberalen, Herbert Mertin, sogar von einem „Klotz am Bein“ der Partei. Längst kann Westerwelle die Kritik nicht mehr als Meinung einzelner Querulanten abtun. Bis in höchste Parteikreise wird schon über die Ablösung des Parteichefs diskutiert. Die Frage, die sich viele Liberalen stellen, lautet nicht mehr, ob Westerwelle gehen muss, sondern nur noch wann.

In der Tat trägt Guido Westerwelle die Hauptverantwortung für die Lage seiner Partei. Fünf unverzeihliche Fehler hat der FDP-Vorsitzende gemacht. Fehler, die ihn eher früher als später das Amt kosten werden.

1. Die FDP war 2009 aufs Regieren nicht vorbereitet.

Von 1998 bis 2009 musste Guido Westerwelle die Oppositionsbank drücken. Nichts wünschte er sich all die Jahre sehnlicher, als endlich auf die Regierungsbank zu wechseln und das Amt des Außenministers zu übernehmen. Doch als es im Herbst 2009 soweit war, ließ sich nicht übersehen, die FDP war aufs Regieren nicht vorbereitet. Das Finanzministerium überließen die Liberalen der CDU, obwohl sie sich im Wahlkampf vor allem in der Steuerpolitik profiliert hatten. Stattdessen übernahm die Partei die Verantwortung für die strukturell unpopuläre Gesundheitspolitik. Dazu griff die FDP nach dem Entwicklungshilfeministerium, obwohl sie im Wahlkampf noch lautstark dessen Auflösung gefordert hatte.

Der FDP gelang es somit nicht, ihrer Regierungsbeteiligung eine tiefer gehende Bedeutung zu geben und der neuen schwarz-gelben Regierung ein Motto, das über den beschwerlichen Regierungsalltag hinausreicht.

Als erste politische Großtat setzte die FDP stattdessen die Senkung der Mehrwertsteuer für Hoteliers durch, bestätigte somit die Vorurteile aller Kritiker und festigte ihren Ruf als Klientelpartei. Als die Empörung dagegen anschwoll, flüchtete sich Westerwelle gleich zu Beginn dieses Jahres in den Populismus, sprach in Zusammenhang mit Hartz IV von „spätrömischer Dekadenz“. Anschließend musste er kleinmütig einräumen, dass weder seine Partei noch die Bundesregierung ein Konzept für die Reform des Arbeitsmarktes erarbeitet hatte.

2. Westerwelle hat den liberalen Sieg bei der Bundestagswahl zu laut gefeiert.

Natürlich waren die 14,6 Prozent bei der Wahl 2009 für den Wahlkämpfer Westerwelle eine Meisterleistung. Trotzdem hätte ihm nach dem Wahlsieg ein bisschen Demut nicht schaden können. Schließlich ging aus allen Wahlanalysen hervor, viele CDU-Anhänger hatten FDP gewählt, weil sie das Ende der Großen Koalition herbeisehnten. FDP-Politik pur allerdings wollten sie nicht. Der Frust über die Große Koalition wurde zum Nährboden des liberalen Erfolges, nicht das Charisma von Guido Westerwelle. Deshalb reagierten viele Wähler verstört, als dieser nach dem Ende der Koalitionsverhandlungen tönte, die FDP habe alle ihre Wahlversprechen zu 100 Prozent durchgesetzt.

Westerwelle hat anschließend geglaubt, einfach durchregieren zu können und nicht beachtet, dass politische Mehrheiten nicht reichen, um an der Macht erfolgreich zu sein. Er hat sich anfangs wenig darum gekümmert, auch gesellschaftliche Mehrheiten für die neue schwarz-gelbe Politik zu organisieren. Viel zu lange hat Westerwelle stattdessen darauf beharrt, die Steuern zu senken. Selbst als längst klar war, dass dieses liberale Wahlversprechen nicht bezahlbar ist und das Ziel der Haushaltskonsolidierung gefährden würde, zwang Westerwelle seine Partei noch dazu, diese mittlerweile unpopuläre Forderung gegen den Koalitionspartner hochzuhalten. Der christdemokratische Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte so leichtes Spiel, den liberalen Tiger in der Öffentlichkeit als Bettvorleger vorzuführen.

3. Unter Westerwelle wurde die FDP zu einer One-Man-Show.

Fragt man, wer Westerwelle in der FDP beerben könnte, dann herrscht vor allem Achselzucken. In den letzten zwölf Jahren ist die FDP zu einer One-Man-Show verkommen. Westerwelle hat es nicht zugelassen, dass sich neben ihm in der Partei starke Persönlichkeiten profilieren. Es ist bezeichnend für die liberale Personalnot, dass nun darüber spekuliert wird, ausgerechnet Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle könne Westerwelle nachfolgen. Der galt vor ein paar Monaten selbst parteiintern noch als Fehlbesetzung im Bundeskabinett und hat mit 65 Jahren den Zenit seiner politischen Karriere schon deutlich hinter sich. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist auch nicht viel jünger.

Brüderle wäre also kein liberaler Hoffnungsträger, sondern nur eine Notlösung. Er wäre zudem ein Übergangsvorsitzender, bis die junge Garde in der FDP sich politisch mehr profiliert hat. Das kann allerdings dauern.


Lesen Sie im zweiten Teil des Artikels, warum es Guido Westerwelle nicht gelingt, sich als Außenpolitiker zu profilieren und wie es um die liberalen Grundwerte steht.

 

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