Hier bekommt man auch Wurst: Die Arminiushalle in Berlin-Moabit / dpa

Fundstück in der Markthalle - Die betrunkene Wildbratwurst

Eigentlich sollte es in diesem Text nur um eine ganz besondere Bratwurst und ihre Zubereitung gehen. Doch diesmal geht es nicht ohne eine längere Einleitung, meint unser Genusskolumnist. Und bittet beim Lesen daher um etwas Geduld.

Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Wie an dieser Stelle bereits des Öfteren erwähnt, bin ich ein großer Fan von Wochenmärkten und Markthallen. Einst waren das in deutschen Großstädten wichtige Einkaufsstätten. Auch in Berlin, wo zwischen 1886 und 1892 vierzehn städtische Markthallen gebaut wurden. Sie dienten der Versorgung der Bevölkerung in den immer größer werdenden Arbeiterquartieren mit Waren des täglichen Bedarfs und boten landwirtschaftlichen Erzeugern aus dem Berliner Umland im Vergleich zu Wochenmärkten komfortable Verkaufsmöglichkeiten. Die meisten Hallen wurden im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt oder völlig zerstört. In Berlin besorgten der Siegeszug der Supermärkte und Discounter den Rest, und seit den 1980er Jahren dümpelten die Hallen mehr schlecht als recht vor sich hin.

Alte Markthallen als Lifestyle-Kulisse

Nur noch vier der denkmalgeschützten Backsteinbauten sind erhalten. Eine, die Ackerhalle im Wedding, wird komplett von einer Supermarktfiliale bespielt. Die beiden Kreuzberger Hallen am Marheineckeplatz und in der Eisenbahnstraße wurden zu hochpreisigen Konsumtempeln mit viel Gastronomie und „Event-Charakter“ umgestaltet. Die ikonischen Hallenkonstruktionen aus dem 19. Jahrhundert bedienen vor allem die Sehnsucht betuchter Zuzügler und Touristen nach „Alt-Berliner Kiezfeeling“, ohne auf ein Gläschen Champagner, frische Austern oder vegane Imbisse verzichten zu müssen. Und in der Tat gibt es dort – wohl mehr als Teil des folkloristischen Ambientes – auch noch einige „Grundversorger“ mit Lebensmitteln des täglichen Bedarfs.

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Walter Bühler | Sa., 24. Februar 2024 - 10:05

... und es ist schön, dass Herr Balcerowiak an die Markthalle, insbesondere an die Markthalle in Moabit erinnert, sogar mit einem Bild! Seinen Bericht kann ich in jeder Hinsicht bestätigen. Die Deindustrialisierung Berlins nach der Wende hat Moabit stark verändert, in vielen Teilen leider zum Schlechteren.

Für Ortsunkundige jedoch möchte ich eine kleine Korrektur anbringen. Nach der Wende wurden die beiden Westberliner Bezirke "Wedding" und "Tiergarten" (wovon Moabit ein Teil ist) mit dem Ostberliner Bezirk (Alt-)Mitte zusammengelegt. Der heutige Bezirk Mitte umfasst daher nicht nur die historische Mitte, sondern auch die Bezirke Wedding und Tiergarten (mit Moabit).

Die Halle in der Ackerstraße liegt nicht im Wedding, sondern in Alt-Mitte, am östlichen Ende der Invalidenstraße.

Nix für ungut!

Gunther Freiherr von Künsberg | Sa., 24. Februar 2024 - 13:08

eine Konsumentengruppe, die fleischlichen Konsumgenüssen nicht abgeneigt ist, drängt sich beim Lesen dieses Artikels die Frage auf, welches für den Konsum vorgesehenes Fleisch das unter Tierschutz -und Ökologie-Gesichtspunkten auf dem Markt ist, der Vorzug zu geben ist. Wer sich in den Medien orientiert hat und Sendungen über Tiertransporte verfolgt hat, dem kann bei diesen Sendungen“ die Galle hoch gehen“. Wirklich 100 % tierschutzgerechtes und ökologisch sauberes Fleisch ist Wild, z.B. von Reh, Wildschwein etc., dass tierschutzgerecht in jagdlich sauberer Weise (waidgerecht ) erliegt wurde. Wer also seinen Fleischkonsum entsprechend den immer wieder betonten aber total missachteten Kriterien ausrichtet dürfte eigentlich nur Wild essen.