Pro-palästinensische Demonstranten auf dem Theaterhof der Freien Universität Berlin / dpa

Antisemitische Proteste an deutschen Universitäten - „Bedenkliche Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit“

Immer häufiger besetzen pro-palästinensische Studenten deutsche Universitäten. Die Ethnologin Susanne Schröter spricht im Interview über die ideologischen Hintergründe und die Frage, ob wir den Beginn einer neuen Studentenbewegung erleben.

Autoreninfo

Clemens Traub ist Buchautor und Cicero-Volontär. Zuletzt erschien sein Buch „Future for Fridays?“ im Quadriga-Verlag.

So erreichen Sie Clemens Traub:

Susanne Schröter ist Ethnologin und emeritierte Professorin am Institut für Ethnologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Außerdem leitet sie das Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam (FFGI). Zuletzt erschien ihr Buch „Der neue Kulturkampf“ im Herder-Verlag.

Frau Schröter, am vergangenen Freitag besetzten pro-palästinensische Aktivisten den Vorplatz des Hauptgebäudes der Humboldt-Universität in Berlin, und vor der Kölner Universität findet zurzeit ein Anti-Israel-Protestcamp statt. Werden die antisemitischen Proteste in Deutschland in den kommenden Wochen auch das Ausmaß wie an amerikanischen Universitäten annehmen?

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Achim Koester | Do., 9. Mai 2024 - 09:34

Das ist eine richtige und fundamentale Erkenntnis. Diese Tatsache hat ihren Ursprung aber sehr wohl in den 68ern, bzw. deren "Marsch durch die Institutionen". Dabei wurden die wichtigsten Schlüsselstellen, als da sind: Kita, Schule, Universitäten, Justiz und Verwaltung durch Epigonen der Bewegung besetzt, um einen durchgehenden Einfluss auf die Gesellschaft zu garantieren. Das setzt sich auch bei Scholz' "Hoheit über die Kinderbetten" fort.

Viele Jahre hat man das große Problem vernachlässigt: jetzt besetzen Linxe Professoren und Dozenten in Behörden, Medien und Universitäten die Schlüsselpositionen, wie es die Generation APO (Außerparlamentarische Opposition) mit dem "Marsch durch die Institutionen" befohlen hatte! Dahinter steckte die DDR-Staatssicherheit, die schon früh Ulrike Meinhof (RAF) in Lohn und Brot der SED hatte. Dieses linksextremistische Grundproblem muss mit einer vom Volk (dem Souverän) gewählten konservativ-demokratischen Regierung als erstes angepackt werden Ein für alle Mal muss an den Unis wieder freiheitliche Demokratie und Meinungsfreiheit hergestellt werden!
"Was haben wir denn an denen verlorn:
An diesen deutschen Professorn
Die wirklich manches besser wüssten
Wenn sie nicht täglich fressen müssten
Beamte! Feige! Fett und platt!
– die hab ich satt!"
W. Biermann

Tomas Poth | Do., 9. Mai 2024 - 09:50

Es ist nicht nur die Wissenschaftsfreiheit die bei uns unter Bedrängnis geraten ist, sondern die Freiheit ganz allgemein.
Der Teilaspekt der 68er-Bewegung, mehr Freiheit und Demokratie zu wollen, ist durch diese selbst korrumpiert, nachdem sie sich immer mehr in die Gesellschaftsstruktur hineingefressen hat und Machtpositionen besitzt.
Macht verleitet diese im eigenen Sinne zu benutzen oder anders gesagt, gegenüber anderen zu mißbrauchen, um die eigene Position zu festigen.
Rotgrün muß komplett überall, aus allen Strukturen wieder rausgekegelt werden, um der Freiheit wieder Raum zu schaffen.
Es war doch auch die strukturelle Macht die von ihnen so sehr beklagt wurde und von ihnen nun innegehalten wird.
Also RotGrün auf die Resterampe schieben und auf dem politischen Misthaufen entsorgen.

Egal zu welchem Thema man sich äußert. Egal in welchem Rahmen, an welcher Stelle, zu welcher Zeit. Passt es nicht in das Meinungsbild der Regierung und ihrer gekauften Presse, sowie den gesteuerten sozialen Medien ist man reif zum Abschuss. Was sich da an den UNIs abspielt hat man doch schon lange kommen sehen müssen, wenn man denn die Augen geöffnet hätte. Es sind genau auch die linken Professoren, die es zugelassen haben, das Kollegen, die eine andere Meinung vertraten zum woken Zeitgeist, ausgeladen wurden oder aus den Unis flogen. Ich sage nur Ulrike Guérot.

Maria Arenz | Do., 9. Mai 2024 - 09:54

sind offenbar zu etwas verkommen, was weder mit Geist noch mit Wissenschaft viel zu tun hat. Bereits die Gründer der RAF litten ja darunter, daß der gemeine deutsche Proletarier von ihnen nicht befreit werden wollte und man dachte, daß mit dem Scheitern dieser schießwütigen Bande auch ihr allzu schlichtes Weltbild eine Ende hat. Die Sehnsucht einer bestimmten Sorte Leute nach einem sie von jeder Verantwortung entlastenden Weltbild hört aber nie auf. Edward Said & Co kamen in Mode zu Zeiten, als in Mittelamerika und Afrika reihenweise sog. Befreiungsbewegungen die Macht übernahmen und überall jämmerlich scheiterten, weil sie nirgends in der Lage waren, den "Befreiten" etwas anderes zu bieten als noch mehr Elend. Dann kam noch das Desaster in Südafrika nach dem Ende der Apatheid hinzu und da nicht sein kann, was nicht sein darf, muß halt der gute alte böse weiße Mann jetzt erneut dafür herhalten den Sündenbock für die Unfähigkeit all der braunen und schwarzen Männer abzugeben.

Wolf | Do., 9. Mai 2024 - 10:03

Immer noch liegt der Fokus im Hinblick auf die Gefahr für unsere Demokratie auf der Gefahr, die angeblich von rechts kommt. Das gehört aber bereits zum Narrativ der Linksgrünwoken.
Das Land ist jedoch schon seit einigen Jahren und immer mehr im Würgegriff dieser woken Ideologen, die sich wie ein Spinnennetz auch im vorpolitischen Feld über das Land gelegt haben. Es betrifft sämtliche Bereiche unserer Gesellschaft. Ein Land ohne Identität hat dem nichts entgegenzusetzen. Das weiß auch Putin. Und weil viele Menschen quasi hilflos dem woken Treiben gegenüberstehen, meinen sie, die Rettung kommt aus dem Osten oder sie sympathisieren mit autokratischen Systemen. Das neue Buch von Susanne Schröter sollte Pflichtlektüre in jedem Politikkurs der Obrstufe sein. Es ist eine knallharte Analyse dessen, was gerade dieses Land in den Abgrund fährt.

Albert Schultheis | Do., 9. Mai 2024 - 10:15

Ach, wie angenehm warm es sich badet in der Gewissheit, auf der Seite der Unterdrückten, der Ausgebeuteten zu stehen, um über die vermeintlichen Unterdrücker und Ausbeuter zu richten und sie zu unterdrücken und auszubeuten. Dass sich dabei die selbsterklärten gesellschaftlichen Opfergruppen berufen fühlen, sich mit den neu entdeckten Opfer-Milljös zu verbünden, mag verständlich sein, aber die kognitien Dissonanzen, werden sich nicht in Luft auflösen - im Gegenteil! Sobald die neuen Mehrheiten politische Bedeutung bekommen, werden sie sich nicht nur ihrer nützlichen Idioten und Wegbereiter entledigen, sie werden sogar die ersten sein, die man unschädlich macht bzw aus der Öffentlichkeit entfernt: die Feminist:Innen, die Homosexuellen und Transen* sowie die Vegan-, die Klima- und CO2-Spinner. Denn die Lösung wird das Kalifat sein mit seiner post-kolonialen, radikal de-konstruktivierenden Scharia. Man(n) kann nicht anders, als sich drauf zu freuen.

Jens Böhme | Do., 9. Mai 2024 - 10:21

Eine der revolutionären Bewegungen 1989 in der DDR war der föderale Sozialismus bzw. menschlichere Sozialismus. Nicht ganz zwanzig Prozent, PDS, Bündnis90 und Vereinigte Linke haben das im März 1990 gewählt.

Albert Schultheis | Do., 9. Mai 2024 - 13:58

Antwort auf von Jens Böhme

Was soll das sein, "der föderale Sozialismus bzw. menschlichere Sozialismus"? Sozialismus verteilt auf die Länder? Unter der Ägide der Länder? Ein ländertypisch eingefärbter Sozialismus? Der Wettstreit Sachsen gegen Thüringen um den menschlicheren Sozialismus? Hören Sie mir auf mit Sozialismus! Er ist immer die Auflösung jeglicher Verantwortung unter Aufgabe jeglicher Freiheit. Das Ergebnis ist immer das gleiche: allgemeine Verarmung unter einer dünnen Schicht verblödeter Polit-Aristokraten, die sich alles erlauben können und die wie Mehltau alle Prozesse des Alltags überlagern. Sie lösen in mir nur noch allergischen Widerwillen aus, all die "Ponsy Systeme" mit dem Anspruch, sie seien "menschlicher"!

war so ein Blendemanöver der SED/PDS, kurz nach ihrem Ende als letzten Versuch, den Sotschalissmus und Macht und Pfründe zu retten. Es war und ist und bleibt Blendwerk. Dieser Tierversuch Sozialismus am lebenden Menschen ist krachend gescheitert und wurde 1989 endgültig auf den Müll der Geschichte entsorgt! Manche Leute haben es bis heute nicht begriffen bzw. verarbeitet. Jeder Ismus entbehrt jeglicher Menschlichkeit!

Urban Will | Do., 9. Mai 2024 - 10:28

von Seiten der Geisteswissenschaften zu erwarten ist. Aber das größte Problem an der Sache ist die Tatsache, dass solches Gedankengut wie wir es jetzt erleben, auch in der Politik fest verankert scheint. Außer markanten Sprüchen kommt fast nichts von Faeser und Konsorten. Wie wäre es mal mit Verboten gewisser Gruppen?
Da schickt man medienwirksam das SEK zu einigen Tattergreisen, die mit Armbrüsten und Zierpistolen bewaffnet irgendwelche Umsturzphantasien hegen, bläst ein harmloses Treffen in Potsdam zu einer „Wannseekonferenz“ auf und holt die Lemminge zu Hunderttausenden auf die Straße, aber was gerade in den Unis an Antisemitismus und Gewaltphantasien in Richtung Israel gepflegt wird, lässt die Politik recht kalt.
Man kann in D offen zum Mord an Israelis aufrufen, aber wehe man sagt einen falschen Satz (Höcke) oder macht sonst irgendetwas, was den Links-Grünen als „rechtsradikal“ dünkt...
Dann ist „die Demokratie in Gefahr“...
Irrenhaus.

Genau das denke ich auch, Herr Will. Das Messen mit zweierlei Maß hat in Deutschland erschreckende Ausmaße angenommen. Es kommt nicht mehr darauf an, "was", sondern "wer" etwas sagt oder tut. Bei Straftaten ist es nicht anders. Mutmaßliche Umsturzfantasien von rechts werden medienwirksam vor Gericht gebracht. Fordern bestimmte Gruppen Kalifat und andere böse Dinge, gehört das zur Demonstrationsfreiheit. Wer soll das noch verstehen?

Maria Arenz | Do., 9. Mai 2024 - 10:41

für das die 1000 Zeichen nicht mehr gereicht haben: Auch das freie Palästina "from the river to the sea" wird ein dysfunktionaler Staat werden wie alle arabischen Länder ringsum- Musterbeispiele für Autokratie, Systemische Korruption und Mißwirtschaft, von der nur eine hauchdünne "Oberschicht "nach dem Vorbild von Fatah und Hamas profitiert. Die Masse der Bevölkerung wird weiter von einem edlen Kalifen Harun al Raschid träumen udn käme Mark Twain wieder zu Besuch, könnte er dasselbe über Palästina schreiben wie 1868: "Schmutz ,Elend und Armut zeigen die Herrschaft des Propheten zuverlässiger an, als es die grüne Fahne könnte..." Ich fürchte, daß die Israelis irgendwann der schieren Übermacht weichen müssen. Daß sie das auch angesichts der Sinnlosigeit ihres Opfers in Bezug auf das Schicksal der palästinensischen Normal-Bevölkerung so lange wie möglich verhindern und ihre Haut so teuer wie möglich verkaufen wollen, verstehe ich gut.

Ingofrank | Do., 9. Mai 2024 - 11:10

Die Freiheit der Wissenschaften ist im Bunrland Germany ist genau so verkommen wie in der ehemaligen DDR. Auch dort waren das Groh der Professoren Mitglieder der SED …, wenige bei den Blockparteien oder gar parteilos
Außnahmen gab es auch. Wenn dann das Fachwissen auch international gefragt war und als „Aushängeschild“ genutzt werden konnte.
Jedoch waren die ihn umgebenden Mitarbeiter und Assistenten eben dann stramme SED ler.
U.ü. War der Prof. Hampe der einige der Anwesenheitskontrollen in seinen Vorlesungen an der HAB Weimar (heute Bauhaus Uni) durchführte.😄
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

Christoph Kuhlmann | Do., 9. Mai 2024 - 12:01

hat zu einem fortgesetztem Verlust der Wissenschaftlichkeit geführt. Konflikte werden nicht analysiert, sondern propagiert. Phänomene wie Rassismus, Antisemitismus im Rahmen der Ideologie eher gefördert und vermittelt. Phänomenologisch mag es ja hoch interessant sein den Hass von Menschen zu untersuchen, deren Idealvorstellung einer politischen Lösung für Palästina einen Genozid an den Juden in Israel beinhaltet, sowie die geschlechtsspezifische Unterordnung der weiblichen Bevölkerung. Intellektuell ist es so läppisch, dass für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem antiwestlichem Rassismus für Minderheiten Schmerzensgeld gezahlt werden müsste. Zumal die Mittel, zur Unterdrückung Andersdenkender in solchen Fakultäten durchaus auf der atavistischen Ebene zu finden sind. Wenn im Rahmen der Religions- und Wissenschaftsfreiheit von Beamten offener Rassismus und Antisemitismus evoziert, ja sogar gelehrt wird, stößt die offene Gesellschaft Karl Poppers an ihre Grenzen.

Uli | Do., 9. Mai 2024 - 12:26

Genau das wollen die Grünen. Zurück in die Steinzeit.

Günter Johannsen | Do., 9. Mai 2024 - 13:51

des Volkes (des Souverän)!
Weil die rot-grünen 68er inzwischen durch den damals angekündigten "Marsch durch die Institutionen" viele Schlüsselpositionen in staatlichen Behörden, in Justiz und vor allem in den Medien besetzen, kann diese winzige Minderheit Druck auf die Mehrheit und Meinungsterror ausüben. Weil sich die Seilschaften aus den "guten alten Zeiten (RAF, PLO & MfS)" zusammengeschlossen haben, fühlt sich Deutschland inzwischen auf fast allen Ebenen an wie DDR 2.0: erbarmungswürdig und undemokratisch. Entzieht den Linksfaschisten an den Unis (Lehrkräfte), Antifa-Indymedia und der Stasi-Victoria-Stiftung (jährlich 2,5 Mill. €) den Nährboden, dann erübrigt sich auch der K(r)ampf gegen Rechts, der eigentlich Kampf gegen RechtsEXTREM heißen muss! Und: Kampf gegen LinksEXTREM: endlich müssen SED- Revanchisten Verantwortung für die Verbrechen des SED-Regimes übernehmen – Verbot aller Extremisten: Islamisten, LinXe, Grün-Diktatoren!!
Raus aus den Unis und Schlüsselpositionen!

die menschenverachtenden Verbrechen des Kommunismus aufzuarbeiten"
Denn: "Heute werde ich das Gefühl nicht los, dass sich gerade jetzt die
alten & neuen Vertreter der Neid-Debatte „Böser Kapitalismus
– Guter Kommunismus“ bemüßigt fühlen, alle rotbeschilderten Register zu ziehen. Wittern sie – wie immer in der Not der Menschen – Morgenluft? Der sogenannte Kommunismus war und ist nichts anderes als ungebremster Staats-Kapitalismus, bei dem sich eine Clique linksradikaler Parteifunktionäre auf Kosten des Volkes bereichert! .. Was die Marxisten gestern wie heute aber gerne mal verschweigen: Der wissenschaftliche Kommunismus von Karl Marx hat allein in der Sowjetunion, in China und in der DDR an die hundert Millionen Tote zu verantworten! Und auch der Antisemitismus ist den Marxisten nicht fremd."
(aus "Als das Rote Meer Grüne Welle hatte" GHV )

Karla Vetter | Do., 9. Mai 2024 - 20:02

Da erzählt eine jüdische, vollkommen in Pali-Devotionalien eingehüllte Kommilitonin auf CNN, dass sie sich im Camp viel sicherer fühlte als draußen. Ganz abgesehen davon was die Aussage über das antijüdische Klima in Unis der USA sagt, schon das kleinste weißblaue Fähnchen mit Davidsstern hätte die Situation wohl umgekehrt. Aber Alma Mater war wohl schon immer Mutter der Verblendung. Besonders bei den "Geistes" Wissenschaften. Die Welle des extremen Judenhasses wird wohl noch solange dauern bis eine neue Sau durchgejagt wird. Jahrelanger Krieg im Jemen? Völkermord in Dafur? Kein Grund zur Aufregung. Keine Juden involviert.

Ingbert Jüdt | Fr., 10. Mai 2024 - 09:10

Der woke Theoriemüll zerstört die Wissenschaft schon seit Langem. Es fällt der Öffentlichkeit aber erst auf, nachdem ein politisches Verhalten (hier: Israels) kritisiert wird, das zwar dringend der Kritik bedarf, aber nun völlig verqueren Inhalten der Kritik ausgesetzt wird. Darin drückt sich das Paradox aus, dass für die Kritiker der westlichen Gesellschaften der Modus der Kritik ebenso defizitär ist wie für die Eliten der westlichen Gesellschaften: erstere betreiben eine überschießende Kritik, letztere sind notorisch und systematisch kritikunfähig.

Beiden gemeinsam ist dabei, dass in beiden Fällen die beanspruchten Werte bloß Staffage sind. Sie dienen der moralischen Selbsterhöhung, und dieser allein. Die »westlichen Werte« haben sich in ein Gefängnis der Selbstbezüglichkeit verwandelt, das seine Insassen zum kollektiven moralischen Bankrott verurteilt, weil die pathologische Rettung der Selbstwahrnehmung wichtiger geworden ist als real übernommene Verantwortung.

Brigitte Miller | Fr., 10. Mai 2024 - 09:44

im Nebelspalter-Interview:
"Kommt da der Sozialismus im grünen Kleid zurück?"

"Es ist heute jedenfalls schwieriger als früher, den Feind klar zu definieren. Während der kommunistischen Ära war das noch eindeutig. Heute haben wir es mit einer globalistisch-progressivistischen Doktrin zu tun, die sich in Form des Environmentalismus, der Multikulturalismus oder des Genderismus offenbart.

Sie meinen die Woke-Kultur?

Genau. Bei all diesen Entwicklungen gibt es keinen Karl Marx, den man anprangern könnte, sie sind diffus. Dennoch sind die Gefahren ähnlich wie in der Vergangenheit. Der Verlust an Meinungsfreiheit ist heute vergleichbar mit dem im Spätkommunismus. Man darf heute gewisse Dinge nicht mehr laut sagen. Das ist gefährlich. "