
- Obama und Romney im Swingkampf
Die Wahl zwischen Barack Obama und Mitt Romney wird zum reinen Swingkampf. Nur auf die Wahlmänner in den sogenannten „Schaukel-Staaten“ kommt es an
Amerika wählt seinen Präsidenten. Das sagt sich so leicht. Aber sind es auch alle Amerikaner, die ihn bestimmen? Alle 230 Millionen Wahlberechtigten US-Bürger? Natürlich nicht. Und es werden auch nur wenige der schätzungsweise 50 Prozent sein, die sich überhaupt an der Wahl beteiligen.
Zwar wird jeder, der hier in der ältesten Demokratie der Welt am nächsten Dienstag in die Kabine geht, das Gefühl haben, mitzubestimmen. Tatsächlich aber werden es am Ende nur jene tun, die das zufällige Privileg eines besonderen Wohnorts haben: Nämlich die in einem Swingstate leben.
So war es immer in den letzten Jahrzehnten. Truman, Kennedy, Nixon, Clinton – sie alle hatten nur die relative Mehrheit des Landes hinter sich. George Bush hatte im Jahr 2000 nicht einmal das geschafft, sondern war Al Gore darin unterlegen. Präsident wurde er trotzdem – wegen der Mehrheit im wichtigen Dutzend der 50 Staaten.
Nun ist auch die Wahl zwischen Barack Obama und Mitt Romney ein reiner Swingkampf. Nur auf die sogenannten Wahlmänner kommt es an. Jeder Staat stellt eine bestimmte Anzahl, 270 muss Obama am 6. November auf seiner Seite haben, wenn er im Weißen Haus bleiben will. Schafft Romney 270 für sich, zieht er dort ein. Natürlich zählt jeder Staat, aber eben nicht gleich viel. Etliche Staaten mit vielen Wahlmännern machen weder Obama noch Romney viel Arbeit. Weil die Menschen da mehrheitlich sowieso wählen, wie sie immer wählten – und die jeweiligen Wahlmänner hier der einen und dort der anderen Seite als sichere Bank gelten. Dafür lohnt kein Kampf.
Dennoch ist es der teuerste Wahlkampf der Welt, selbst in den USA wurden nie zuvor so viele Dollar ausgegeben wie diesmal: eine Milliarde! Dieses Geld pumpen die Campaigner beider Seiten hauptsächlich in die Swingstates.
So lustig und lebhaft Swing auch klingt: Für die Wahlkämpfer sind diese „Schaukel-Staaten“ ein Alptraum. Denn dort leben die Umfaller, die Unberechenbaren, die vielleicht launigsten oder auch – positiv gesehen – Demokratie-freudigsten Wähler. Jene nämlich, die alle vier Jahre wieder von ihrem Recht der freien Wahl zwischen zwei Kandidaten rege Gebrauch machen. Die sich mal für Links und mal für Rechts entscheiden, bei der einen Präsidentschaftswahl für die Demokraten und bei einer anderen für die Republikaner stimmen. Oder doch noch einmal für die Demokraten? Niemand kann diesen Stimmungs-Rhythmus verlässlich voraussagen. Deshalb wird so verbissen gekämpft in den Swingstates.
Doch eben auch da nicht überall. So wie die ganzen USA lassen sich auch die einzelnen Swingstates unterteilen in einzelne Swing-Counties.
Seite 2: Wahlkampf ist Straßenkampf
Florida ist der größte Swingstate, es stellt im „Electoral College“ am Ende über zehn Prozent der für den Sieger nötigen 270 Wahlmänner, nämlich 29. Florida wiederum hat 67 Counties, also Landkreise.
Oben grenzt Florida an Alabama und Georgia, und wie diese Nachbarstaaten gilt auch Floridas ganzer Norden als „Red Neck“-Land, durch und durch konservativ. Der Süden hingegen Richtung Miami gilt als dermaßen liberal, als sei er politisches Pachtland der Demokraten. Nur eine gute Handvoll Counties in der Mitte Floridas wählen mal so, mal so.
Wahlkampf ist Straßenkampf. In den USA gibt es eine Straße, die als wichtigste gilt auf dem Weg ins Weiße Haus: „Interstate 4“, heißt sie, kurz: I4. Sie zerschneidet Florida von West nach Ost. Wer es am Ende schafft, die Mehrheit in jenen Gebieten zu bekommen, die an diese Autobahn grenzen, der wird Präsident. So war es jedenfalls fast immer in den letzten 50 Jahren. Und die Strategen des Präsidenten wie auch seines republikanischen Herausforderers glauben, dass es nun wieder so sein wird.
In den Landkreisen links und rechts der Autobahn, leben weit mehr als ein Drittel der 20 Millionen Bewohner Floridas. Ganz Amerika findet sich in diesem I-4-Korridor wieder: als Mikrokosmos. Nur ein Prozent aller US-Amerikaner lebt hier, doch es ist der komplette statistische Durchschnitt. Und von diesen Menschen wissen etliche noch nicht, wem sie am 6. November ihre Stimme geben sollen.
Deshalb haben hier Obama wie Romney etliche ihrer Campaign-Hauptquartiere aufgeschlagen. Hier bekämpfen sie sich bis zur Wahl. Obama war am Freitag noch in Tampa, der größten Stadt an der I4. Es war seine 14. Reise in die Ecke allein in diesem Jahr. Die Sorgen im Norden der USA nach dem Hurrican "Sandy" haben den Wahlkampf hier im Süden nicht wirklich aufgehalten. Obama pausiert mit Auftritten, schickt aber dafür Vizepräsident Joe Biden.
Romney war am Samstag gleich dreimal an der I4; beflügelt durch jüngste Umfragen. Er machte Montag und Dienstag wenig, wirbt aber an diesem Mittwoch wieder persönlich für sich in Tampa. Florida blieb vom Sturm verschont. Und so läuft das Rennen weiter auf der möglichen Siegerstraße, die I4.
Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.