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(picture alliance) Joyce Hilda Mtila Banda

Präsidentin Malawis - „Ich bin es gewohnt, per Anhalter zu reisen“

Joyce Banda hat sich als Präsidentin Malawis behauptet – und greift nun entschieden durch
 

Ihren Erfolg hat Joyce Banda niemand anderem, schon gar nicht Männern zu verdanken. Wäre es nach ihrem Vorgänger Bingu wa Mutharika gegangen, säße die zweite Staatschefin in der Geschichte Afrikas heute nicht auf dem Präsidentenstuhl, sondern läge im Grab: Mutharika soll versucht haben, seine unbequeme Stellvertreterin auf mörderische Weise loszuwerden. Ein mysteriöser Unfall vor zwei Jahren, bei dem ein Lastwagen in ihren Konvoi raste, sei in Wahrheit ein Mordanschlag gewesen, gab die 62-Jährige kürzlich bekannt: Die Beweise dafür seien ihr im neuen Amt zugänglich gemacht worden. Dass der Mordanschlag misslang, lag lediglich daran, dass sie im letzten Moment das Fahrzeug wechselte.

Nicht weniger dramatisch verlief Joyce Bandas finaler Schritt zur Macht. Erneut war es ein Mann, diesmal Mutharikas Bruder, der ihre Ernennung zur Präsidentin des südafrikanischen Kleinstaats Malawi mit allen Mitteln zu verhindern suchte – denn Peter Mutharika wollte selbst an den Drücker. Als sein 78-jähriger Bruder im April überraschend starb, ließ der Außenminister dessen Tod mehrere Tage lang leugnen und seinen Leichnam sogar nach Südafrika und wieder zurückfliegen, nur um Zeit für ein Komplott zu gewinnen, mit dem die von der Verfassung vorgesehene Amtsübernahme seitens der Stellvertreterin vereitelt werden sollte. Doch die smarte Vizepräsidentin manövrierte den Möchtegern-Putschisten aus und wurde schließlich zur Staatschefin gekürt.

Bandas Triumph war auch ein Glücksfall für ihr Land: „Das Beste, was Malawi im vergangenen halben Jahrhundert zugestoßen ist“, sagt ein Gesandter in der Hauptstadt Lilongwe. Bandas Vorgänger Mutharika hatte sich darangemacht, eine der ärmsten Nationen der Welt vollends zugrunde zu richten: Der einstige Ökonom der Weltbank suchte eine Familiendynastie zu errichten, ließ oppositionelle Studenten niederkartätschen und verdarb es mit den westlichen Gebernationen, die angesichts der Kapriolen des Präsidenten ihre Hilfe einstellten. Als Mutharika im April einen Herzinfarkt erlitt, gab es im Krankenhaus, in das er eingeliefert wurde, keine Medikamente mehr, die ihn hätten retten können – genauso wenig wie es an den Tankstellen noch Benzin oder in den Supermärkten noch volle Regale gab. Das Land stand vor dem Untergang.

Joyce Banda blieb nicht viel Zeit. Sie musste ihre Macht gegenüber dem Mutharika-Clan sichern, die zerrütteten Beziehungen zu den Gebernationen kitten und die Landeswährung vom Wechselkursdiktat zum Dollar befreien: Letzteres war für den maroden Zustand der malawischen Wirtschaft in erster Linie verantwortlich. Wofür andere Staatschefs ganze Legislaturperioden brauchen, schaffte „Mama Malawi“ in weniger als 100 Tagen. „Sie verfügt über den Mut und die Hartnäckigkeit, Dinge auf den Weg zu bringen“, schwärmt Erieka Bennet vom Diasporaforum der Afrikanischen Union. „Sie repräsentiert einen Führungsstil, den Afrika im 21. Jahrhundert braucht.“

Seite 2: Beinhart: Banda drohte dem sudanesischen Präsidenten mit Verhaftung

Mit der Abwertung des „Kwachas“ sorgte die Präsidentin dafür, dass an Malawis Tankstellen wieder Benzin zu haben ist. Sie versöhnte sich mit den Repräsentanten der Gebernationen und gab den Malawiern ihre alte Landesflagge mit der aufgehenden Sonne zurück, die Mutharika mit einer prallen Sonne ersetzen ließ, weil Malawi unter ihm angeblich seinen Zenit erreicht hatte. Schließlich schrieb die Staatschefin den zehn Millionen Euro teuren Präsidentenjet sowie 60 Untertürkheimer Limousinen aus dem Fuhrpark der Regierung zum Verkauf aus: „Ich bin es gewohnt, per Anhalter zu reisen“, scherzte die unprätentiöse Erste Frau im Staat.

Und damit nicht genug. Kurz vor dem Gipfel der Afrikanischen Union, der im Juli dieses Jahres in Malawi hätte stattfinden sollen, drohte die frisch gekürte Staatschefin dem wegen Kriegsverbrechen angeklagten sudanesischen Präsidenten Omar al Baschir mit der Verhaftung: ein Sakrileg im Club der „Big Men“ Afrikas, die ihren blutbesudelten Kollegen vor einem Prozess vor dem Haager Strafgerichtshof stets peinlichst zu beschützen suchen. Der Gipfel wurde daraufhin nach Äthiopien verlegt. Schließlich kündigte Banda sogar an, die heimischen Gesetze zur Bestrafung Homosexueller einer Revision zu unterziehen: Auch das ein Schritt, der unter Durchschnittsafrikanern auf wenig Gegenliebe stieß. Kritiker werfen der Präsidentin denn auch vor, das alles nur zu tun, um die Gebernationen gnädig zu stimmen: Dem „Call Girl“ der westlichen Industrienationen gehe es vor allem um die Wiederaufnahme der Entwicklungshilfe, heißt es.

Wer Joyce Banda, die heute in zweiter Ehe mit dem obersten Richter des Landes verheiratet ist, kennt, weiß, wie falsch diese Unterstellung ist. An ihrer Integrität besteht kein Zweifel. Tatsächlich setzt die einstige Menschenrechtsaktivistin das um, was sie denkt, zumindest seit sie den Mut fand, sich von ihrem ersten Mann zu trennen – einem nach Kenia entsandten alkoholkranken Diplomaten, der die damalige Mutter von drei Kindern regelmäßig verprügelte. Von der kenianischen Frauenbewegung ermutigt, kehrte die 25-Jährige ihrem Peiniger den Rücken: „Das Einzige, was ich bereue, ist, dass ich den Schritt nicht früher gewagt habe“, sagt sie heute. 

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