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(picture alliance) Imran Khan, Pakistans Oppositionsführer

Oppositionsführer Imran Khan - Ein Playboy wird zu Pakistans Hoffnung

Einst war er ein Frauenheld und Kricketstar, heute ist die lebenslustige Vergangenheit Imran Khans kein Thema mehr in Pakistan. Er will Premierminister werden und begeistert ein enttäuschtes Volk

 

Er war einer der besten „Allrounder“ in der Geschichte des Kricket. Er führte Pakistan 1992 zum ersten und bisher einzigen Weltcupsieg. Imran Khan ist eine der Figuren, mit denen Veranstalter sich gerne schmücken. Umso pikierter waren die Organisatoren einer Konferenz in der indischen Hauptstadt Delhi, die den einstigen Sportstar zu einer Debatte über den Islam in der Neuzeit eingeladen hatten, als ihnen unerwartet eine Absage ins Haus flatterte. Khans Begründung: Er wolle auf der Bühne nicht mit dem ebenfalls eingeladenen Salman Rushdie gesehen werden, dem Autor der bei Moslems umstrittenen „Satanischen Verse“.

„In London nannten wir ihn ,Dim Im‘“, mokierte sich Rushdie prompt über Imran Khan. Doch der „dumme Imran“, wie Rush­die den 59-Jährigen bezeichnete, verscherzt sich gerne die Sympathien der Intellektuellen Südasiens, solange seine Haltung gut ankommt bei einfachen, religiös gestimmten konservativen Pakistanern. Denn Khan macht sich große Hoffnungen, bei den für Ende 2012 oder Anfang 2013 anstehenden Parlamentswahlen als Sieger abzuschneiden – und, als Alternative zu den etablierten Parteien, neuer Premierminister des 180 Millionen Einwohner zählenden, von Terror und permanenter Wirtschaftskrise gebeutelten Pakistan zu werden.

16 Jahre nach der Gründung seiner Partei „Tehreek e Insaf“ (Bewegung für Gerechtigkeit) kennt die Popularität des 1952 in Lahore geborenen Sohnes einer Paschtunen-Familie kaum noch Grenzen. Seine Partei verspricht ein Ende der Korruption, die Liberalisierung der Wirtschaft und einen Wohlfahrtsstaat. Spötter nennen Imran Khan den „schönen Taliban“, weil er ungehemmt ultrakonservative und nationalistische Parolen von sich gibt, die auch aus dem verbalen Repertoire der radikal­islamischen Milizen stammen könnten. Der britische Guardian beschrieb Khan vor einigen Jahren noch als Mann, „dessen Positionen und Allianzen seit 1996 durch die Landschaft schlitterten wie eine Rikscha im Platzregen“.

In seinem Privatleben sah es nicht viel anders aus. Während seines sportlichen Aufstiegs war Imran Khan als Partykönig bekannt, der in London die Nächte in Diskotheken durchfeierte und mit der deutschen MTV-Moderatorin Kristiane Backer eine (geheim gehaltene) Liebesbeziehung hatte. Während viele seiner Koathleten eifrig dem Alkohol zusprachen, rührte Khan keinen Tropfen an, er beeindruckte vielmehr mit seinem Appetit auf Liebschaften – an einem Abend schleppte er auch schon mal mehrere Frauen in sein Quartier ab.

Aus jener wilden Zeit stammt das uneheliche Kind mit einer Amerikanerin, dessen Erziehung Khan sich heute mit seiner Exfrau, der Milliardärstochter Jemima Goldsmith, teilt. Aus dieser Ehe wiederum stammen zwei Söhne, die ihren Vater mehrmals im Jahr in Pakistan besuchen und sich dann auf dem Kricketplatz austoben, den Khan in seinem luxuriösen Anwesen Bani Gala in den Außenbezirken von Islamabad eingerichtet hat – zwischen den Kühen, die er sich in einem Anflug von Bodenständigkeit dort leistet.

Seite 2: Zukunftshoffnung seines Landes

Die lebenslustige Vergangenheit ist heute kein Thema in Pakistan. In einem Land der Enttäuschungen, in dem sowohl die amtierende „Pakistan Peoples Party“ (PPP) wie auch die religiös-konservative „Pakistan Muslim League“ (PML) des früheren Premierministers Nawaz Sharif alle Hoffnungen in einem schier undurchdringlichen Sumpf von Korruption und Misswirtschaft erstickten, präsentiert Imran Khan sich als „Saubermann“, der noch einen großen Vorteil genießt. Teile des „Establishments“, wie die wolkige Umschreibung der Militärkaste am Indus genannt wird, propagieren den agilen und wendigen Khan als die Zukunftshoffnung des Landes.

„Ich bin niemandes Welpen“, wehrt Imran Khan sich immer wieder gegen die Unterstellung, er sei der Mann des Militärs. Der Satz verklingt in den Weiten des Landes mit seinen riesigen Himalaya-Bergen, der kargen Wüste Belutschistans und an der chaotischen Grenze zu Afghanistan wie der Schrei eines einsamen Wolfes. Denn in Pakistan gilt es als Gewissheit, dass keine Partei gegen den Willen der Militärs gewinnen, der gute Wille der Offiziere aber entscheidend für einen Wahlsieg sein kann. Und die Tsunamis, wie Khan von seiner Partei organisierte Demonstrationen gegen die Nato und die vom US-Geheimdienst gelenkten Angriffe unbemannter Drohnen auf pakistanischem Territorium nennt, wären ohne heimliche Hilfe des Geheimdiensts ISI und der Sicherheitskräfte nicht möglich.

Neu sind die engen Verbindungen Imran Khans zum Militär nicht. Aber er weiß bestens, wie wenig Verlass auf die Generäle ist. Schon im Jahr 2002 wollte der damalige Militärdiktator General Pervez Mu­sharraf die Popularität des Exathleten für seine Zwecke nutzen. Khan lehnte das Angebot ab, Premierminister des Diktators zu werden. Als Musharraf einige Jahre später den Notstand ausrief, um die Proteste gegen seine Herrschaft zu ersticken, landete auch Khan im Hausarrest.

An solche Widersprüche haben sich viele Pakistaner nicht nur gewöhnt. Sie sind überzeugt, dass der Mann, der ein wenig islamischer Fundamentalist, ein bisschen Büttel der Militärs und ein wenig Gegner der Militärs ist, die Figur darstellt, die das Land braucht. Sie sehen in ihm einen politischen Außenseiter ohne Verbindungen in die Klasse der Khans, der Großgrundbesitzer, die neben den Militärs das politische Geschehen am Indus dominieren. Imran Khan ist der Hoffnungsträger in einem geschundenen Land – und doch ist mehr als zweifelhaft, dass er die großen Hoffnungen erfüllen kann, die in ihn gesetzt werden. 

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