- „Lachen ist universell“
Heute erscheint das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ erstmals auch auf Deutsch. Das ist ein Wagnis, räumt der Chefredakteur ein. Ein Gespräch über Anpassungen an den deutschen Markt, den besonderen Humor des Blattes und die Mohammed-Karikaturen
Kann man, ja muss man sich Angela Merkel bald in zweideutiger Stellung mit Recep Tayyip Erdogan vorstellen? „Warum nicht?“, schmunzelt Gérard Biard, der Chefredakteur von Charlie Hebdo. Dem Blattcredo treu, will er „nichts ausschließen“. Bei der Vorstellung der deutschsprachigen Ausgabe wird Merkel auf einem Plakat immerhin schon bei der Charlie-Lektüre auf dem stillen Örtchen abgebildet. Das wirft gleich die Kernfrage auf, ob dieselbe Satire durch ein in- oder durch ein ausländisches Medium bei den Lesern auch gleich ankommt.
Die Startauflage beträgt 200.000. Im Wesentlichen handelt es sich um eine Übersetzung der französischen Stammausgabe, die durch die Mohammed-Karikaturen und den Terroranschlag von 2015 in die Weltschlagzeilen geraten war. Die zentrale Karikatur auf der Titelseite werde für die deutsche Ausgabe allerdings speziell hergestellt, sagt Biard. Zwei weitere Seiten werden geändert, weil sie sich zu stark auf die französische Innenpolitik bezogen. „Einige Zeichnungen“ im Blattinnern werden aus dem gleichen Grund ersetzt.
Ein Sprung ins Ungewisse
Der ganze Rest der Ausgabe ist in beiden Sprachen identisch – was unterstreicht, wie groß das Gewicht der Karikaturen in jeder Ausgabe ist. Aus diesem Grund war die Übersetzung auch relativ einfach zu bewerkstelligen. Der deutsche Charlie ist hierzulande auf keine Redaktion angewiesen. Vorerst sind auch keine deutschen Zeichner vorgesehen, doch das kann sich gemäß Biard schon bald ändern. Vorerst gehe es darum, Erfahrungen zu sammeln: „Die Lancierung ist ein Sprung ins Leere, ein Abenteuer. Wir wissen nicht, wie sich das Ganze entwickeln wird, und ob wir verstanden werden.“
Biard erklärt deshalb gerne das Markenzeichen seiner Redaktion: politische Satire, gewürzt mit einem bewusst provokativen bis obszönen Ansatz – weil Obszönität im provokativen oder subversiven Sinne auch politisch sei. Bloß, ist diese sehr gallische Auffassung von Humor exportierbar? „Das ist schon eine Herausforderung“, meint Biard freimütig. „Aber das Lachen ist schließlich universell.“
Antiklerikale Tradition
Es sei nicht anzunehmen, dass sich alle Deutschen sofort auf Charlie stürzen würden, räumt Biard ein. „Aber man darf auch nicht glauben, dass alle Franzosen unseren Humor schätzen.“ Auf seinen eigenen Reisen in Deutschland – etwa zu einer Preisverleihung in Berlin – stellte Biard nach eigenen Worten mehrfach fest, dass sich die Presse und das Publikum sehr für Charlie Hebdo interessiert hätten, viel stärker jedenfalls als in Großbritannien oder in den USA.
Der Charlie-Chef glaubt auch nicht, dass die antiklerikale Tradition des 1970 gegründeten Blattes eine französische Exklusivität sei: Einzelne deutsche Comic-Zeichner wie Ralf König widmeten sich dem Thema mit ähnlicher Verve, meint Biard. Über die Mohammed-Karikaturen spricht er weniger gern. Nach dem Terroranschlag des 7. Januar 2015 mit zwölf Todesopfern hatte die Redaktion eine Titelseite veröffentlicht, auf welcher der mutmaßliche Prophet ein Schild mit der Aufschrift „Je suis Charlie“ hält. Seither hat das Blatt auf Mohammed-Zeichnungen verzichtet. Biard erklärt seit Langem, Charlie habe in zehn Jahren gerade einmal drei solcher Karikaturen gedruckt – um ein Vielfaches weniger als etwa solche von Jesus. Die Redaktion wolle sich nicht auf dieses Thema fokussieren, das nur den – absolut falschen – Eindruck von Islamophobie erwecke.
Kritik und Lob
Geistige Müdigkeit oder gar Kuschen vor den Islamisten ist jedenfalls nicht der Grund, dass Charlie heute andere Themen in den Vordergrund rückt. Das an geheimer Adresse in Paris gemachte Blatt verkauft sich heute mit einer Auflage von 110.000 viermal besser als vor dem Anschlag.
Nach dem Erdbeben in Italien wurde es zwar für eine unflätige Zeichnung über Erdbebenopfer in Spaghetti-Sauce gerüffelt; dafür erhielt es Applaus für die Karikatur von Steuerflüchtlingen mit der Solidaritätstafel „Je suis Panama“.
Was eine allfällige Merkel-Satire anbelangt, will Biard die gleichen Kriterien anlegen wie in Frankreich: „Wir gehen davon aus, dass eine Person, die im öffentlichen Leben eine Rolle sucht, sich selber für die Möglichkeit öffentlicher Satire exponiert. Wer das nicht will, sollte kein öffentliches Amt annehmen.“ Oder nicht Charlie Hebdo lesen.
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Na dann viel Vergnügen. Denn "Charlie" heißt militärisch nicht umsonst "Feind" - besonders in Deutschland. Satiremagazine werden mit Klagen überzogen - hier versteht man keinen Spaß! Rechtsanwälte müssen jede Ausgabe prüfen. So sollen ca. 35 Titanic-Magazin Ausgaben verboten worden sein - Die von Engholm erstrittene Schadensersatzzahlung und die Anwalts- und Gerichtskosten beliefen sich auf rund 190.000 Mark und brachten die Titanic an den Rand der Insolvenz. Helmut Markwort scheiterte dagegen vor Gericht gegen Titanic, ebenso wie achtmal die römisch-katholische Kirche. Diese hatte viermal wegen Verunglimpfung des Papstes und dreimal wegen Religionsbeschimpfung geklagt, einmal fühlte sich der ehemalige Bischof von Fulda, Johannes Dyba, beleidigt.
Antiklerikale Satire finde ich durchaus in Ordnung oder vielfach gut.
Tatsächlich wünsche ich mir Differenzierung: Jesus oder Mohammed zu karikieren trifft nicht den Kern der Sache. Wenn man sich ein bisschen mit dem Entstehen der meisten Religionen beschäftigt, sieht man eine echte ursprüngliche spirituelle Essenz.
Schlimm wird die Sache meistens, wenn diese Religionen politisiert werden und Priester, Bischöfe, Kardinäle, Mullahs, Imane etc. und natürlich Politiker ins Spiel kommen. Dann geht es nur noch um Macht. Es wird hässlich. Wie die Geschichte und Gegenwart zeigen oft sogar sehr, sehr hässlich.
Diverse Religionsgründer zu karikieren ist daher nicht hilfreich. Eher plump.
Politische und religiöse Machtinhaber der Gegenwart wäre sinnvoller.