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Hillary for President?

Hillary Rodham Clinton ist die Lichtgestalt der Demokratischen Partei – gehasst und geliebt zugleich. Ihre Kritiker halten sie für zu polarisierend. Experten glauben, sie sei die einzig mögliche Kandidatin für das US-Präsidentenamt. Worauf lässt sie sich ein, wenn sie tatsächlich antritt? Ein Erklärungsversuch.

Wird sie’s, wird sie’s nicht? Wird sie’s… Ob Hillary Clinton als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten antritt, beschäftigt derzeit Amerikas politische Klasse – trotz der Unkenrufe vieler Republikaner, großer Teile der Medien und auch wichtiger Demokraten, dass Hillary Clinton eigentlich niemals Präsidentin werden kann, weil sie letztendlich zu polarisierend sei. Richtig ist, dass sich Hillary Rodham Clinton als kämpferische Aktivistin mit Leidenschaft vor der Basis ihrer Demokratischen Partei profiliert. In den vergangenen Jahren hat unter den Demokraten nur ihr Ehemann einen noch überzeugenderen Enthusiasmus erzeugen können. Die Parteibasis unterstützt sie – trotz einer Reihe schmutziger Eskapaden ihres Mannes, deren Höhepunkt die Lewinsky-Affäre war. Der demütigende und sehr öffentliche Ausgang dieser Geschichte stellte in Frage, ob die Ehe der Clintons wirklich durch gegenseitige Zuneigung, vielleicht sogar Liebe zusammengehalten wird – oder doch ausschließlich auf politischem Machtstreben basiert. Was immer diese Ehe anfänglich zusammengehalten haben mag – sei es Liebe, gemeinsame Überzeugungen oder große politische Ambitionen –, heute ist klar, dass sich die komplexe Beziehung zwischen Hillary und Bill Clinton im Laufe der Jahre zu einem pragmatischen und erfolgreichen (Zweck-)Bündnis entwickelt hat. Ein Bündnis, bei dem die ehrgeizige, starke und hart arbeitende Hillary als Perfektionistin aus dem Mittleren Westen eine kalkulierte, politische Beziehung eingeht mit einem kontrapunktischen Bill, dem scheinbar leichtfüßigen, umgänglichen, politisch flexiblen und gewitzten Südstaatler, dessen schamlose Schürzenjägerei ein Symbol für seine fehlenden Prinzipien und Selbstdisziplin wurde. Die beiläufige Akzeptanz dieser Realität durch viele demokratische Stammwähler ist ein Phänomen, das Bill Clinton zum populärsten Politiker der USA machte und durch das Hillary Clinton nun von vielen als die unvermeidliche Gewinnerin des Nominierungsverfahrens angesehen wird. Diese Krönung sieht immer wahrscheinlicher aus, da die Ausstrahlung der anderen demokratischen Anwärter für die Präsidentschaft nicht an das Charisma von Hillary Clinton heranreicht. Während also die Nominierungsfrage so gut wie geklärt ist und die meisten Demokraten Hillary Rodham Clinton einen leichten Vorwahlkampf einräumen, bleibt die viel strittigere Frage, ob sie die Hauptwahl gegen einen republikanischen Konkurrenten oder eine Konkurrentin für sich entscheiden kann. Wird Hillary Clinton die Präsidentschaft erringen, egal wen die Republikaner – und sei es Condoleezza Rice – aufstellen oder was für eine Schlammschlacht sie inszenieren? Die Senatorin von New York startet mit ernsten Handikaps. In allen bisherigen Meinungsumfragen schneidet sie schlecht ab. Obwohl in manchen Erhebungen fast 75 Prozent der amerikanischen Wähler angaben, sie seien bereit, im Jahr 2008 eine Frau zur Präsidentin zu wählen, wollten 40 Prozent nicht für Hillary Clinton stimmen. Nur etwa 30 Prozent der Befragten wollten sie auf jeden Fall wählen. Hinzu kommt eine große Gruppe an unentschlossenen Wählern mit geringen Einwänden gegen einen weiblichen Präsidenten. Auf dieses Wählersegment ist Hillary Clinton besonders angewiesen. In Schlüsselstaaten wie Florida, Iowa, New Mexico oder Ohio, einem Staat, in dem sich die Wähler in den Jahren 1992 und 1996 knapp für Bill Clinton entschieden haben, werden die Republikaner natürlich das gleiche Segment mit einer wahrscheinlich eher unschönen Kampagne gegen Hillary Clinton aggressiv umwerben. Aber was kann diese Angriffsmaschinerie wirklich Neues über die ehemalige First Lady herausfinden? Welche Anschuldigungen und Anklagen wurden während der 14 Jahre, in denen sie in Washington war, noch nicht gegen sie erhoben? Das Interessanteste aus ihrer Vergangenheit, wie der Whitewater-Finanzmorast, ihr spektakulärer Fehlschlag bei der Reform des Gesundheitswesens oder die Skandale ihres Ehemanns, wird sie als alte Kamellen abtun. Und es gibt auch wenig Neues und Negatives über eine Senatorin zu sagen, die nach weit verbreiteter Auffassung eine solide Arbeit leistet. Hillary Clinton wird selbst von vielen Republikanern als gute Senatorin angesehen. Erstens hat sie viele ihrer politischen Ansichten gemäßigt; zweitens engagiert sie sich stark für New York, ohne der republikanischen Mehrheit im Senat gegenüber aggressiv aufzutreten; drittens vertritt sie wohlfeile Positionen zu den heißen Themen in den USA – vom Irakkrieg bis zur Krise im Gesundheitssystem – und führt viertens logische Argumente ins Feld, um ihre Sicht der Dinge zu unterstreichen, statt Schmähreden zu halten oder zu polemisieren. Ihrem Abstimmungsverhalten nach ist sie im mittleren politischen Feld des Senates einzuordnen, der allerdings ein liberales, ziemlich demokratisches Gremium ist. Während sie in Angelegenheiten wie Steuern, Richterernennung, Waffenbesitz und Fragen der ethnischen Minoritäten liberale Positionen verfolgt, vertritt sie in Fragen der nationalen Sicherheit und der Außenpolitik eher die Auffassung des mittleren politischen Spektrums der USA. Als standhafte Verfechterin des Kriegs gegen den Terrorismus hat sie anfänglich für Präsident Bushs Invasion im Irak gestimmt, anschließend unterstützte sie auch das dazugehörige Finanzpaket. Obwohl sie seitdem die Kriegsführung kritisiert, gehört sie nicht zu denen, die den sofortigen Abzug der amerikanischen Truppen aus dem Irak fordern. Selbst bei einer Reihe heiß umkämpfter Wirtschaftsthemen, wie dem Freihandel, hat sie sich eine Reputation als eine moderate Persönlichkeit erworben. Angesichts dieser gewandten politischen Positionierung Hillary Clintons und ihres wachsenden Ansehens als eine kollegiale und sogar respektierte Senatorin könnte es sein, dass das Geschimpfe der „ultrakonservativen Angriffshunde“ der amerikanischen Politik, die sie als unverbesserliche Liberale ansehen, deren einziger Wunsch es sei, die „Republican revolution“ zunichte zu machen, ins Leere läuft. Bill, der von vielen lange als ihre größte Belastung angesehen wurde, fügt sich sanft und zufrieden in seine Rolle als angesehener, erfahrener elder Statesman im Ruhestand. Für Hillary ist es wiederum zunehmend einfacher geworden, jede Kritik als irreführende Fantastereien eines abgehobenen harten Kerns von engagierten Clinton-Hassern hinzustellen. Aber man sollte nicht vergessen, dass die, die sie hassen, sie wirklich hassen! Die Gefahr eines politisch motivierten Mordes an Hillary Clinton ist durchaus vorstellbar. Als Erbin von John F. Kennedy und seinem Bruder Bobby wird sie sowohl von ihren Unterstützern als auch von vielen ihrer Feinde als jemand angesehen, der die Fähigkeit und den Willen hat, das bestehende politische System von Grund auf aufzurütteln. In einer polarisierten Nation und in einem kulturellen Umfeld, in dem Waffen leicht erhältlich sind, und wo Gewalt immer unter der Oberfläche zu lauern scheint, wird Hillary Clintons Potenzial von vielen als Bedrohung angesehen. In ihrer Anwartschaft auf das Präsidentenamt startet die Juristin und begnadete Fundraiserin nicht nur mit dem entscheidenden Vorteil einer gefüllten Wahlkampfkasse, sondern auch mit der Gewissheit, dass sie sich nicht mehr so sehr um die Loyalität der demokratischen Basis sorgen muss. Alles deutet darauf hin, dass Hillary wegen ihres jahrelangen Einsatzes für die Parteibasis nunmehr mit deren Unterstützung belohnt wird. Ihre Botschaft muss sich daher umso mehr an die wahl-entscheidenden, unentschlossenen Wähler richten, denn die braucht Hillary Clinton dringend, wenn sie ins Weiße Haus einziehen will. Wenn es ihr gelingt, die positiven Aspekte ihrer Kandidatur hervorzuheben und vor allem eine politische Vision für das Amerika von morgen zu zeichnen, die innenpolitisch versöhnen und nicht spalten will und außenpolitisch die USA als die starke globale Macht mit erfolgreichen Allianzen und zuverlässigen Partnern positioniert, wird Hillary Rodham Clinton bis 2008 vielleicht noch genügend Zeit haben, an ihren politischen Schwächen zu arbeiten. Gegenüber einer verunsicherten amerikanischen Öffentlichkeit, die sich über die nationale Sicherheit, den Krieg im Irak, zunehmende illegale Immigration, die Sicherstellung ihrer persönlichen Gesundheitsvorsorge und den künftigen Wachstumspfad der US-Wirtschaft sorgt, wird Hillary Clinton Standhaftigkeit und Mitgefühl zeigen müssen. Dies ist eine Kombination, die zum ersten Mal auch eine Frau in den Westflügel des Weißen Hauses bringen und ihr die Möglichkeiten geben könnte, die Macht auszuüben, nach der sie sich so lange gesehnt hat und für die sie sehr viel geopfert hat. Sollten aber die Republikaner Senator John McCain nominieren, dann hat er nicht nur den Vorteil, ein Mann zu sein, sondern er wird auch einen verdammt guten Job machen.

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