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Krieg gegen Weihnachten - Hitlers letzter Triumph

Kisslers Konter: Weihnachten steht vor der Tür, doch der christliche Ursprung wird mittlerweile verschwiegen. Der Zeitgeist verlangt nach weltanschaulicher Neutralität. Die Vehemenz dieser Doktrin erinnert dabei an die Zeiten des NS-Regimes. Hitler hätte eine wahre Freude daran

Alexander Kissler

Autoreninfo

Alexander Kissler ist Redakteur im Berliner Büro der NZZ. Zuvor war er Ressortleiter Salon beim Magazin Cicero. Er verfasste zahlreiche Sachbücher, u.a. „Dummgeglotzt. Wie das Fernsehen uns verblödet“, „Keine Toleranz den Intoleranten. Warum der Westen seine Werte verteidigen muss“ und „Widerworte. Warum mit Phrasen Schluss sein muss“.

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Es naht mit großen Schritten, das Fest, das jeder kennt und kaum einer zu feiern versteht: Weihnachten. Die Leichtfertigkeit, mit der es zum „Fest der Familie“ oder dem „besinnlichen Jahresschluss“ umgedeutet wurde, war nur die Vorstufe. Mittlerweile soll es an immer mehr Orten und in immer mehr Zusammenhängen gar nicht mehr genannt werden. Das Wort gilt als anstößig. Statt „Frohe Weihnachten“ wünscht man sich auch hierzulande lieber „seasonal greetings“, also „Frohes Fest!“ oder gleich „Einen guten Rutsch!“. Hitler hätte seine Freude dran.

Im thüringischen Residenzstädtchen Gotha ging soeben ein „Wichtelmarkt statt Weihnachtsmarkt“ zu Ende. Es sei ein „traditioneller und besinnlicher Markt“, einschließlich „Familien- und Vergnügungsbereich“. Die „Wichtel-Thematik“ diene „als Symbolfigur für die Vermarktung des Marktes“. Weiter westlich, in Solingen, wollten zuvor örtliche Händler im Rahmen eines neuen „Konzepts Winterlicht“ in der Vorweihnachtszeit auf christlich deutbare Symbole verzichten. Stattdessen sollte es „neutrale Elemente“ geben und auf keinen Fall Lichter in Kerzenform. Mit den Kerzen haben auch österreichische Schulen ihre Schwierigkeiten. Sie sind am Adventskranz und im Religionsunterricht neuerdings verboten, angeblich aus Gründen des Brandschutzes. Weihnachtliche Kinderbilder wollte derweil eine Kita in Bremen präsentieren, „aber bitte nichts Christliches“, man sei schließlich weltanschaulich neutral. Auch der Weihnachtsbaum muss in mancher Schule draußen bleiben, und die Arbeiterwohlfahrt lädt im saarländischen Homburg statt zum „Weihnachtsbasar“ zum „Markt der bunten Vielfalt“. Die Liste ist unvollständig und wächst jedes Jahr.

Weihnachten lässt sich nicht umetikettieren


Bekanntlich bissen sich die Nationalsozialisten an Weihnachten die Zähne aus. Das christliche Fest sperrte sich gegen die Gleichschaltung. Trotzig, doch vergeblich wurde Weihnachten zum „Fest der Kinder“ herabgestuft, an dem der „Lichterbaum“ zu brennen habe und der Kranz mit seinen „vier roten Wünschelichtern“. Statt des heiligen Nikolaus kam der „Sunnwendmann“ mit „gar köstlichen Gaben für Mädchen und Knaben“, darunter das knusprige „Sinngebäck“ in der Form von „Julhirsch“, Schlinge oder Brezel. Die Krippe sollte zugunsten eines „Weihnachtsgärtchens“ entsorgt werden. Statt „Stille Nacht, heilige Nacht“ wurde „Hohe Nacht der klaren Sterne“ angestimmt, „Hohe Nacht der großen Feuern, die auf allen Bergen sind – heut‘ muss sich die Erd‘ erneuern, wie ein junggeboren Kind.“

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Der Propagandakrieg der Nazis richtete sich gegen eine konträre Weltanschauung. Das Christentum stand dem Germanentum im Weg. Menschenwürde und Gotteskindschaft aller Geborenen vertrugen sich schlecht mit dem exklusiven Herrschaftsanspruch der Deutschen. Heute, in ungleich kommoderer Zeit, richtet sich der Abwehrkampf gegen Weihnachten nach innen. Die Weihnacht steht der herrschenden Doktrin im Weg, jede Religion sei gleich und auf jeden Fall Privatsache und ein Fall höchstens für kindische Gemüter. Die Anstrengung der konkreten Erinnerung, die Mühe der Unterscheidung soll vermieden werden. Wahr aber bleibt: Weihnachten ist christlich. Es lässt sich nicht umetikettieren zur Toleranzhüpfburg für jedermann oder zur Jahresendvöllerei. Darum sollen an immer mehr Stellen immer weniger Spuren an den wahren Ursprung erinnern. Sonst entstünde womöglich der unerwünschte Eindruck, hier werde ein ganz besonderes, singuläres Geschehen feiernd nachvollzogen, das Ein-für-alle-Mal von Bethlehem.

Das nämlich ist Weihnachten: „ein echtes Zeugnis für den Anfang des Christentums, und ein Anfang, der nicht endet.“ (Gilbert Keith Chesterton)

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