Gunter Gabriel
Gunter Gabriel: „Ich werde im Paradies sein“ / Matthias Merz

Zum Tod von Gunter Gabriel - „Herr, gib mir noch einmal Tahiti zum Abschluss und Ananas!“

Der Country-Sänger Gunter Gabriel ist gestorben. Anfang 2016 erzählte er dem „Cicero“, wie er seine letzten 24 Stunden verbringen würde. An einem weißen Strand, allein mit seiner Gitarre – und ein paar Schönheiten natürlich

Autoreninfo

Björn Eenboom ist Filmkritiker, Journalist und Autor und lebt im Rhein-Main-Gebiet.

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Meinen letzten Tag werde ich nicht in Deutschland verbringen. Ich habe genug von der Zivilisation. Ich werde im Paradies sein. In Papeete auf Tahiti. Ich habe schon immer in den Bilderwelten Paul Gauguins gelebt. Auch so ein unruhiger Charakter. Immer Ärger gehabt, auch Finanzprobleme. Seine Bilder von der Südsee sind mir am liebsten. Diese Farben, dieser Malstil! Ich bin fasziniert von diesen schönen, fremden Menschen von Tahiti, mit seiner Flora und Fauna. Das ist meine Endstation. Mein Abgang wird ganz intim sein. Nur ich und meine Gitarre, an einem weißen Strand. Das Meer ist ganz ruhig. Blaues, durchsichtiges Wasser. Ich spiele tahitianische Folklore. Hinter mir sind Palmen und Hütten. Frauen dürfen natürlich nicht fehlen. Zwei, drei Inselschönheiten umgeben mich, reichen mir Papayas und Ananas. Tahiti hat die schönsten Frauen der Welt – abgesehen von Pamela Anderson, die hätte ich auch gerne dabei.

Ich bin dem Tod mehrmals begegnet

Mein Leben ist ohne Frauen nicht vorstellbar. Das meine ich nicht machohaft, sondern intuitiv. Ich wuchs ohne Mutter auf. Die fehlende Weiblichkeit löste Defizite in mir aus. Deshalb habe ich die starke Hinwendung zu den Frauen, eine Lebensnotwendigkeit für mich. Ich bin dem Tod mehrmals begegnet. Bisher ist aber nie etwas Ernsthaftes passiert. Einmal bekam ich auf der Lombardsbrücke in Hamburg einen Herzinfarkt. Da dachte ich, jetzt kratze ich ab. Es war Stau, nichts ging mehr. Ich bin über die Dächer der Autos gesprungen bis zur Klinik. Ich habe geschrien und geschrien. Und dann habe ich gebetet, rein instinktiv, weil ich solche Angst hatte vor dem Sterben: Hilfe, bitte hilf mir, lieber Gott! Dabei bin ich Agnostiker. Dennoch sage ich mir, da muss es eine schöpferische Kraft geben, irgendetwas Göttliches, was uns unergründlich ist. Ob mir das Halt gibt, weiß ich nicht. Ich glaube im Grunde nicht daran.

Zehn Gebote als Basis für mein Leben

In die Kirche werde ich bestimmt nicht gehen. Ich brauche diese Institution nicht. Die Kirche kann auch der Palmenwald sein. Bei der Beichte würde ich eh nur den Betrieb aufhalten. Ich bin ein großer Sünder, aber trotzdem immer sauber geblieben. Den einzigen Dreck, den ich mir erlaube, ist der unter meinen Fingernägeln. Die Bibel habe ich immer bei mir. Ein befreundeter Pfarrer schickt mir jeden Tag Bibelstellen, die ich lesen soll. Das mache ich zwar nicht immer, doch die Zehn Gebote sind ganz klar die Basis meines moralischen Lebens – wie Leitplanken auf der Autobahn. Ich brauche die Leitplanken des Lebens eigentlich nicht, aber es ist gut zu wissen, dass sie da sind. Sie begrenzen mich, dass ich nicht kriminell oder haltlos werde. Bis auf das sechste Gebot, aus altbekannten Gründen. Meine Bestattung soll ganz undramatisch über die Bühne gehen.

Mein Denkmal sind meine Songs

Ich brauche keine Zeremonie. Von mir aus kann man mich auf den Scheiterhaufen werfen. Ich brauche auch keinen Grabstein. Mein Denkmal sind meine Songs. So wie bei Elvis. Elvis wird nie untergehen. Und vielleicht wird auch der ein oder andere Song von mir weiterleben. Ich bin ja nie wirklich in die ganz obere Liga gekommen. Das lag an meiner Mittelfingermentalität. Das war aber auch meine Rettung. Denn die Symbolik dahinter besagt ja, nicht alles so hinzunehmen, wie es ist. Ich bin mein ganzes Leben Melancholiker gewesen. Mein letzter Wunsch wäre, mich davon völlig zu befreien. In der letzten Stunde kommt die Erlösung, um im Sterben die Glückseligkeit zu finden. Dann wird mein Mittelfinger schrumpfen und ich werde mit emporgestreckten Armen sagen: So nimm mich, Herr, so nimm mich, Herr, an deine Hand.

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Dorothee Sehrt-Irrek | Do., 22. Juni 2017 - 17:05
Wilhelm Maier | Do., 22. Juni 2017 - 19:45

„Meinen letzten Tag werde ich nicht in Deutschland verbringen.“
Das Schicksal hat anders entschieden. Mein Beileid.

Günter Schaumburg | Do., 22. Juni 2017 - 22:50

Lieber Gunter,
wegen Dir habe ich mich der Gitarre verschrieben.
Deine Lieder waren oft Brotzeit für mich. Und mit
beinahe 75 singe ich noch immer Deine Lieder.
Hab' Dank für alles. Ich glaube, die Engel freuen sich auf Dein erstes Konzert.

martin falter | Fr., 23. Juni 2017 - 09:36

auch wenn ich seine Musik nie mochte.
Wenn mehr so wären, würde die Welt wahrscheinlich chaotischer sein aber auch nicht so verlogen.

Tonicek Schwamberger | Fr., 23. Juni 2017 - 10:08

. . . Abschnitt ist der mit den 10 Geboten, hier sehe ich Schnittstellen mit mir selber. Vor allem, was die Kirche und die Beichten betrifft.
Auch dieser Passus "Ich bin mein ganzes Leben Melancholiker gewesen" berührt mich sehr, auch das kann ich voll auf mich beziehen, es trifft mitten in mein Herz und Gemüt.
R.I.P.

Juliana Keppelen | Fr., 23. Juni 2017 - 13:33

und weit weg von jeglichem Geschwurbel. Ja es ist schade, dass er gegangen ist.

Margrit Sterer | Fr., 23. Juni 2017 - 13:37

Hey Boss ich brauch mhr Geld.
Dieser Song wird wohl in Erinnrung blieben.
Viele andere auch.
Er möge in Frieden Ruhen

Winfried Sautter | Fr., 23. Juni 2017 - 15:43

Agnostiker und Melancholiker - keine schlechte, weil eine sich selbst zurück nehmende Einstellung zum Leben. Und allemal menschenfreundlicher als die Selbstgewissen und Erlösten, die die Menschheit mit ihrer Mission überziehen.

Carola de Vallette | Fr., 30. Juni 2017 - 21:28

Nur nebenbei, der Strand in Tahiti ist nicht weiss; in der Nachbarinsel Moorea schon, aber in Tahiti ist der Sand eher dunkel.