Marc Aurel lehrte das Bewusstsein der Endlichkeit der eigenen Existenz / dpa

Philosophie - Lob des Stoizismus

Krisen über Krisen. Auch im kommenden Jahr. Das kann einen bedrücken oder wahlweise aggressiv machen. Beides ist nicht schön. Zeit, sich auf die freiheitlichste und lässigste aller Philosophien zu besinnen: den römischen Stoizismus.

Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Nein, die Welt sieht alles andere als super aus in diesen letzten Tagen des Jahres 2023. Seit fast zwei Jahren tobt in der Ukraine ein mörderischer Krieg. Israel muss sich seit Anfang Oktober des mörderischsten Angriffs seit Jahrzehnten erwehren. In der Straße von Taiwan köchelt ein Konflikt mit erheblichen militärischen und ökonomischen Risiken. Die deutsche Wirtschaft steckt in einer veritablen Krise, die erkennbar nicht nur eine momentane Schwäche darstellt, sondern den Abstieg Deutschlands als Wirtschaftsmacht ankündigt. Derweil wird dieses Land von einer Koalition regiert, die schon damit überfordert ist, ihre Konflikte zu managen.

Und als ob das alles nicht schon deprimierend genug ist, kleben sich radikalisierte Jugendliche in der Selbstfindungsphase auf Straßen fest, die Gesamtgesellschaft lässt sich von freidrehenden Wirrköpfen toxische Debatten über Gendersprache und Diversity-Ideologie aufnötigen, und in den sozialen Netzwerken herrscht ein Ton unverhohlener Aggressivität und Besserwisserei.

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Gerhard Lenz | Sa., 30. Dezember 2023 - 11:52

also von links, oder aus der politischen Mitte.

Scheinbar hat Herr Grau den überall aufblühenden Rechtsextremismus nicht mitbekommen - obwohl die AfD in Umfragen bei zwanzig Prozent steht. Oder Putins russophilen Faschismus. Oder den Trumpismus und seine europäischen Vertreter, wie Herrn Orban.
Verstehe schon: Der Einsatz für die Rechte von Minderheiten, als Wokismus verschrien, ist natürlich viel gefährlicher.

Ein Glück, dass die meisten Philosophen das anders sehen.

Hans Jürgen Wienroth | Sa., 30. Dezember 2023 - 17:10

Antwort auf von Gerhard Lenz

Ist es noch Demokratie, wenn die Rechte und der Schutz der Minderheiten zur Unterdrückung der Mehrheit führt?

Ganz allgemein gesprochen, ohne Wertung.

@Herr Lenz, der Stoizismus hilft, gelegentlich auch, Ihre auf "Rechtsextremismus" verengten Kommentare einzuordnen.
Herrn Grau danke ich bei dieser Gelegenheit für seine regelmäßigen Beiträge, mit denen ich nicht immer übereinstimme, aber die ich stets als anregend empfinde.

jedem Horst, als Folge der mit Worten nicht mehr zu beschreibenden vorsätzlich schädigenden oder eben saudummen Politik der Ampel bewusst, ist also in den Augen von Ihnen, werter Herr Lenz, „aufblühender Rechtsextremismus“.
Ich denke schon, dass Herr Grau, wie viele andere auch, diese steigenden Werte „mitbekommen“ hat, aber eben als das sieht, was es ist – und weshalb wohl auch dieser Artikel entstand – nämlich als Folge von zunehmender Verzweiflung und Wut über das, was uns da regiert.
Wobei ich Ihnen ja dahingehend zustimme (Sie sprechen ja oft von „Wutbürgern“), dass viele aus Wut, etc. die Blauen wählen. Ich selbst und wohl viele andere fallen allerdings nicht hierunter.
Aber dass Sie noch immer diesen Quatsch a lá AfD wählen=rechtsradikal verbreiten, ist ein wenig putzig. Abgesehen davon, dass dieses Gequatsche sich mittlerweile komplett abgeschliffen hat und nur noch verzweifelt und dümmlich daher kommt.
Aber mangels Argumenten haben Sie halt mehr nicht zu bieten.
Frohes Neues!

Hans Jürgen Wienroth | Sa., 30. Dezember 2023 - 12:27

„Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Dieser Spruch sollte über allem Handeln stehen, lieber Herr Grau.

Leider gibt es in diesem Land zu viele, die uns ihre Lebensweise aufzwingen wollen. Das zerstört den sozialen Frieden der Menschen. Hoffen wir, dass Gott uns die Kraft gibt, dieses Verhalten bei der nächsten Gelegenheit abzuwählen, solange es uns die Demokratie noch erlaubt.

Auch ich wünsche Ihnen, Ihren Kollegen und allen Mit-Foristen einen guten Rutsch und ein in obigem Sinne erfolgreiches Jahr.

Markus Michaelis | Sa., 30. Dezember 2023 - 12:42

Ich denke, das menschliche Leben spielt sich mehr zwischen inneren Widersprüchen ab. Ich sehe, dass solch ein Stoizismus innere Freiheit geben kann. Auf der anderen Seite scheint mir das menschliche Leben geradezu auch dadurch definiert, dass wir Dingen einen Sinn geben und für diesen Sinn leben - manchmal auch sterben. Man kann sich von seinen Kindern und ihrem Schicksal unabhängig machen, aber will man das? Wenn ich mich von allem frei mache - was bleibt dann? Man kann auch nur eigenen Dingen einen Wert geben und nichts, was von anderen Menschen abhängt. Für die meisten wird es aber mehr ein dauerndes Austarieren bleiben.

Viele der Kulturkämpfe scheinen mir auch zu sein, dass man offen sein will für alle Kulturen, Nationen und Religionen - und damit allen auch ihren Wert nimmt. Man setzt ein höheres Denken darüber, dass alles andere zu austauschbaren Hobbies degradiert - um sich umso mehr an das neue, höhere Denken zu klammern.

Urban Will | Sa., 30. Dezember 2023 - 13:32

hinzugeben, doch – und da liegt die Krux – man muss es sich leisten können.
Und da hört es halt auf in diesen unseren Zeiten. In Zeiten, wo Geld die Welt regiert.
Es war meine freie Entscheidung, welchen Beruf ich ergreife und wieviel ich verdiene. Könnte ich über mein volles Einkommen verfügen und selbst entscheiden, wofür ich es einsetze, wäre mir vieles egal, was so passiert. Und ich hätte große Lust, das, was Sie, Herr Grau, hier beschreiben, aktiv zu leben.
Aber leider wird mir der größte Teil meines Einkommens weggenommen und irgendwelche Gestalten in Berlin und anderswo, für die der Begriff Volltrottel noch ein Lob darstellt (v.a. bei Teilen dieser Regierung) verteilen es für eine Politik, für die der Begriff geisteskrank ebenfalls noch löblich ist.
Und da ist es fast unvermeidlich, dass einem ein wenig die Wut hochkommt.
Aber irgendwann hat alles ein Ende.
Auch dieses Jahr und auch das nächste und auch die Ampel.
In diesem Sinne: Auch Ihnen und allen Lesern ein Frohes Neues

daß Menschen ungerechtfertigte Zumutungen und Gefahren erkennen und sich dagegen zur Wehr setzen
Insofern sind beide dringend notwendig.

Aber auf Dauer sind sie schlechte Ratgeber, weil sie - wenn es keine konkrete Abhilfe gibt, sondern die Zustände immer noch schlimmer werden - den Menschen in die Verzweiflung treiben.
Wohl dem, welchem es dann gelingt, sich in den Stoizismus oder etwa in den christlichen Glauben zu retten. Letzterer ist m e i n Halt im Leben.

Ihnen, lieber Herr Will, und unseren vielen Freunden im Geiste auf diesem Forum wünsche ich von Herzen ein g u t e s neues Jahr!

schön, dass Ihnen Ihr Glaube noch Halt gibt, obwohl ich als Atheist feststellen muss, dass diese Regierung nicht nur von Gott, sondern von allen guten Geistern verlassen ist.
Trotzdem Ihnen und den meisten Mitforisten ein gutes neues Jahr.
Komisch, ich freue mich zwar auf den Frühling, aber nicht in diesem Forum.

Uli | Sa., 30. Dezember 2023 - 15:00

Ein Vulkanausbruch ist wohl das wenigste, was Deutschland bedroht. Es ist Ignoranz, Naivität und Selbstüberschätzung gepaart mit absoluter Inkompetenz. Sich darüber zu empören und dagegen zu wehren, ist geradezu eine logische Konsequenz. Zumindest dann, wenn man sich noch eine Zukunft für und in diesem Land wünscht. Der Niedergang dieses Landes ist schließlich vor allen Dingen dadurch begründet, dass es geradezu deutsch ist schulterzuckend zuzuschauen und sich zu sagen, dass man ohnehin nichts ändern könnte. Ich hoffe, dass der 8. Januar diese Resignation beendet.

Christoph Kuhlmann | Sa., 30. Dezember 2023 - 20:27

Einst versammelte sich die Weisen Chinas am gelben Fluss um herauszufinden ob er in der Realität existierte oder eine Imagination des chinesischen Volkes sei. Wie so oft trat alsbald der Fluss über seine Ufer und riss die Weisen mit sich fort. Nun wissen wir immer noch nicht, ob der gelbe Fluss wirklich existiert.

Ernst-Günther Konrad | So., 31. Dezember 2023 - 10:28

So sehr ich es nachvollziehen kann, das man wütend über etwas wird, auch ich bin nicht frei davon, desto wichtiger ist es, beim Handelnd und anschließend schreiben/sprechen sich wieder beruhigt zu haben. So berechtigt Wut über etwas sein kann, desto unwirksamer kann unser Argument werden, wenn wir "nur" emotional auf die vermeintlichen Ungerechtigkeiten des Lebens reagiert.
Und genau dieser Emotionsschalter, der Angst, Panik, Fanatismus und viele anderen Elemente mit nutzt, die Menschen zu lenken und scheinbar hirnlos agieren zu lassen, hindern uns daran, nüchtern, sachlich und selbstreflektiert mit Problemen umzugehen.
Wir können das sehr gut beobachten, wie die ein oder anderen Foristen mit den Themen umgehen. Wenig Inhalt und viel persönliche Angriffe. Gelöst hat das kein Problem.
Wer den Stoizismus leben will muss das Glück auch wirklich wollen und das Leid als Teil des Glückes begreifen und annehmen. Zu glauben, Glück gäbe es nur ohne Leid ist lebensfremd.