Dieses Bild ist leider nicht mehr verfügbar
picture alliance

Steuerbetrug - Uli Hoeneß muss zurücktreten

Uli Hoeneß hat Steuern hinterzogen. Was strafrechtlich folgt, bleibt abzuwarten. Doch moralisch wurde der mächtige Bayernpräsident und Wurstfabrikant bereits entzaubert. Für Hugo Müller-Vogg steht fest: Auch ein nicht vorbestrafter Steuerhinterzieher kann nicht Präsident des FC Bayern bleiben

Hugo Müller-Vogg

Autoreninfo

Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

So erreichen Sie Hugo Müller-Vogg:

Er sei kein Besserwisser, hat Uli Hoeneß sich öffentlich einmal gelobt, „sondern ein Bessermacher“. Hätte er es doch nur besser gemacht als die unzähligen Besserverdiener, die besserwisserische Reden halten, sich aber gegenüber dem Staat und insbesondere dem Finanzamt als Schlechtermacher entpuppen, als asoziale Reiche, die den Staat betrügen und damit uns alle bestehlen.

Nüchtern betrachtet hat der Fall Hoeneß drei Dimensionen. Einmal geht es um einen klaren Fall von Steuerhinterziehung. Dann geht es um den ebenso klaren Fall eines selbst ernannten Moralapostels, der anders redet als er handelt. Zum dritten gibt es noch jenen Uli Hoeneß, der nach wie vor bei Bayern – mit Geschick und Erfolg – die Strippen zieht und mit dem sich Politiker so gerne schmücken.

Die Fußball-Ikone Hoeneß, der Vater aller Bundesliga-Manager, der Architekt des modernen FC Bayern hat, wie seine Selbstanzeige beweist, Steuern hinterzogen. Wir wissen nicht, in welchem Umfang. Wir wissen ebenso wenig, ob die Selbstanzeige noch früh genug kam, um ihn vor einem Strafverfahren oder gar vor dem Gefängnis zu schützen oder nicht. Wir wissen nur, dass es um Millionenbeträge geht.

[[nid:54227]]

Wie hoch die Strafe wohl ausfallen wird? Schau'n mer mal. Die bayerischen Behörden werden schon tun, was sie zu tun haben. Wobei Hoeneß angesichts der Publizität seines Falles eher mit einem Prominenten-Malus rechnen muss, als auf einen Bonus hoffen darf. Das hat der Anonymus, der die eigentlich vertrauliche Selbstanzeige dem „Focus“ gesteckt hat, wohl kühl einkalkuliert.

Eine harte Strafe steht bereits fest: Uli Hoeneß, der selbstgerechte Oberschiedsrichter, wird künftig all denen, die seinen verbal hohen Maßstäben nicht gerecht werden, nicht mehr die gelbe oder rote Karte zeigen können. Täte er es dennoch, löste er auf den Rängen wütende Pfiffe und höhnisches Gelächter aus. Korrupte Fußball-Funktionäre, koksende Trainer, tatsächlich oder vermeintlich unfähige Bundesliga-Manager sowie mediokre Politiker aller Parteien müssen sich vor Pfiff und Anpfiff von „Hoeneß dem Gerechten“ nicht länger fürchten. Uli Hoeneß ist nicht länger „der Vater Teresa vom Tegernsee, der Nelson Mandela von der Säbener Straße“ (Karl-Heinz Rummenigge), sondern nur noch ein Moralprediger a. D.

Was aber wird aus Hoeneß dem Macher, dem Präsidenten eines glanzvoll Sportvereins und Aufsichtsratsvorsitzenden der hierzulande produktivsten Fußball-AG? Sollte er ins Gefängnis müssen, blieb ihm nur der Doppel-Rücktritt. Falls die Selbstanzeige aber ihr Ziel erreicht, wäre Uli Hoeneß nicht vorbestraft, sondern „nur“ ein Mann, der seine Mitbürger betrogen hat. So jemand kann – rein rechtlich – zweifellos in seinen Ämtern bleiben. Zumal die Öffentlichkeit bereit sein dürfte, dem Steuersünder Hoeneß wegen seiner Verdienste um den Fußball und seiner ausgesprochen karitativen Ader mildernde Umstände zuzubilligen. Aber kann er auch, was er – rein rechtlich – durchaus darf?

Nein, das kann, das darf er nicht. Auch ein nicht vorbestrafter Steuerhinterzieher kann nicht Präsident des gemeinnützigen FC Bayern München e. V. bleiben, also eines Vereins, der wie alle anderen Sportvereine auch vom Staat durch steuerliche Vergünstigungen gefördert wird. Wie will Hoeneß eigentlich mit der Stadt München verhandeln, wenn es beispielsweise um ein Entgegenkommen der Kommune geht? „Aber Herr Oberbürgermeister, die Steuereinnahmen sprudeln doch“,  kann er ja schlecht sagen.

Als Aufsichtsratsvorsitzender der FC Bayern München AG ist Hoeneß ebenfalls untragbar. Sicher, dort geht es ums Geschäft. Doch wollen die anderen Aufsichtsräte – überwiegend Topmanager wie die Vorstandschefs von Telekom, Volkswagen, Audi und Adidas – künftig mit einem Steuerhinterzieher zusammenarbeiten? Dieselben Manager, die gerne von der „Coporate Social Responsibility“, der gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmen sprechen und sich selbst als „good citizens“, als vorbildliche Staatsbürger sehen?

Nicht zu vergessen das Aufsichtsratsmitglied Edmund Stoiber (CSU). Will dieser ausgewiesene „Law and Order“-Politiker, für den Recht und Gesetz aus gutem Grund einen besonderen Stellenwert haben, die Fußball-AG weiterhin unter dem Vorsitz des moralisch entzauberten Hoeneß beaufsichtigen und beraten? Da bekäme man, würde man Stoiber jetzt direkt fragen, sicher unzählige „Ähs“ zu hören.

Für Leute, die alle Annehmlichkeiten dieses Landes in Anspruch nehmen, aber hier keine oder zu niedrige Steuern zahlen, hatte Gerhard Schröder einst ein sehr angemessenes Strafmaß propagiert: Man solle dieses Verhalten „gesellschaftlich ächten“. Der Kanzler Schröder hat sich nicht daran gehalten. Aber richtig war sein Vorschlag schon.

Der Fall Hoeneß böte die Gelegenheit, endlich damit anzufangen, die Steuerhinterzieher und Steuerflüchtlinge gesellschaftlich an den Pranger zu stellen. Edmund Stoiber könnte hier ein Beispiel setzen, in dem er den FCB-Aufsichtsrat verlässt, falls Hoeneß bleibt. Dann hätte der CSU-Mann Stoiber durchgesetzt, was der SPD-Mann Schröder nicht geschafft hat. Für den CSU-Fan Hoeneß wäre das aber wohl kein großer Trost.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.