- Merkels Fiskalpakt ist am Ende
In zwei europäischen Ländern wird am Sonntag gewählt. In Griechenland gibt es Parlamentswahlen und in Frankreich wird ein neuer Präsident gesucht. Die schwäbische Hausfrau Angela Merkel könnte in Europa anschließend ziemlich alleine dastehen.
Es hört sich immer so einfach an, was die schwarz-gelbe Koalition zur Überwindung der Eurokrise zu sagen hat. Mit aller Macht, aber wohlmöglich gegen jede ökonomische Vernunft, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel in den vergangenen zwei Jahren ihren Fiskalpakt in Europa durchgedrückt und allen anderen Eurostaaten ein striktes Spardiktat verordnet.
Das Prinzip meint auf den ersten Blick auch jeder zu verstehen: Wer sich in der Vergangenheit zu hoch verschuldet hat, muss jetzt halt kürzertreten. Stichwort: Schwäbische Hausfrau. Vor allem innenpolitisch ist dieses Vorgehen für Merkel sehr praktisch: Dem eigenen Volk erklärt sie, wir hätten unsere Hausaufgaben schon gemacht, jetzt seien eben die anderen dran. So wird den Deutschen in der Krise wenig abverlangt. Die Anpassungen müssen die anderen vornehmen.
Wozu das führt, lässt sich gerade in ganz Europa beobachten: Griechenland spart sich kaputt, Spaniens Wirtschaft hat auch kaum Chancen sich zu erholen und die Arbeitslosigkeit steigt in besorgniserregende Höhen.
Wahrscheinlich wird sich die von Deutschland propagierte Sparpolitik ohnehin in Kürze erledigt haben. Mehrere europäische Regierungen sind schon wegen der Sparexzesse aus dem Amt gewählt worden, zuletzt scheiterte die niederländische Minderheitsregierung. Und am Sonntag stehen die Parlamentswahlen in Griechenland an sowie die Entscheidung, wer die kommenden fünf Jahre als französischer Staatspräsident im Pariser Elyseepalast residieren wird.
In Athen treten 32 Parteien zur Wahl an. Immerhin 10 davon werden realistische Chancen eingeräumt, die Dreiprozenthürde zu überspringen. Sieben davon haben sich im Wahlkampf gegen die von der EU und dem Internationalen Währungsfonds erzwungenen Strukturreformen ausgesprochen, zwei streben sogar den Austritt aus dem Euro an. Bei unklaren Mehrheitsverhältnissen nach der Wahl sind Diskussionen über einen endgültigen Staatsbankrott daher vorprogrammiert.
In Frankreich verkündet Präsidentschaftskandidat François Hollande, der bei den letzten Umfragen weiter vor Amtsinhaber Sarkozy lag, schon seit Wochen, dass man den Fiskalpakt neu verhandeln oder zumindest um ein Wachstumsprogramm ergänzen müsse.
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Das Problem des Fiskalpaktes, und das seines Vorgängers dem Stabilitäts- und Wachstumspaktes, liegt vor allem darin, dass sich diese Regelungen immer prozyklisch auswirken, also im Moment die Krise weiter verschärfen.
Die sogenannten Maastrichtkriterien, nach denen die jährliche Neuverschuldung unter 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen muss und die Gesamtverschuldung 60 Prozent des BIP nicht übersteigen darf, hat der ehemalige EU-Kommissionspräsident Romano Prodi schon vor 10 Jahren als "dumm" bezeichnet, weil sie die Regierungen in Krisen zwingen, ihre Ausgaben weiter zu kürzen und ihnen in Boomzeiten erlauben, mehr auszugeben. Das führt in einer Rezessionsphase fast zwangsläufig zu einer Abwärtsspirale, weil die nachlassende staatliche Nachfrage dem Wachstum schadet. So werden dem jeweiligen Staat weitere Kürzungen abverlangt, die wiederum dem Wachstum schaden. Aus diesem Teufelskreis kommen Griechenland und Spanien derzeit nicht heraus.
Man muss vielleicht nicht so weit gehen wie das Wall Street Journal, das am Freitag empfahl, Europa möge sich ein Beispiel nehmen an der Reagan- und Thatcher-Ära, als Steuersenkungen und Arbeitsmarktreformen den Grundstein für einen jahrzehntelangen Boom legten. Aber der im Moment eingeschlagene Weg in Euro führt fast zwangsläufig gegen die Wand.
In Berlin haben sie das entweder noch nicht verstanden oder sie fürchten sich vor den eigenen Wählern. Stattdessen führt ein liberaler Wirtschaftsminister eine Meldestelle für Benzinpreiserhöhungen ein, nachdem eine mehrere Jahre dauernde Untersuchung des Kartellamtes gezeigt hat, das es auf diesem Markt keine illegalen Preisabsprachen gegeben hat. Gleichzeitig kritisiert die Bundesregierung ihre britischen Kollegen für deren Absicht, den britischen Banken höhere Eigenkapitalanforderungen aufzuerlegen als es Basel III verlangt - absurdere Wirtschaftspolitik geht nicht.
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