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(picture alliance) Til Knipper sorgt für Ordnung

Ökonomie und Alltag - Knipper räumt auf

Freitagskolumnist Til Knipper beginnt auf Empfehlung seines Chefredakteurs sein Büro aufzuräumen, sinniert dabei über hausgroße Hausschuhe, effiziente Tatorte, gefräßige Altkanzler und gelangt zu der Erkenntnis: Es besteht Hoffnung für die Exportnation Deutschland

Mein Chefredakteur, der gestern seinen 70. Geburtstag gefeiert hat, zu dem ihm mehrere deutsche Qualitätsmedien, zu Recht, einen sehr guten Sinn für Humor bescheinigten, dieser Chefredakteur also sagte kürzlich zu mir, mein Büro erinnere ihn langsam an ein Exponat der Documenta Nr. 5 aus dem Jahre 1972. Für die „Ökonomie und Alltag“-Leser, die in ihrer Freizeit lieber Hans-Werner Sinn als Paul Auster lesen und sonntags Tatort gucken statt irgendetwas Vernünftiges zu machen, sei erklärend hinzugefügt, dass es sich bei der Documenta um die bedeutendste Ausstellung für zeitgenössische Kunst weltweit handelt. Sie findet alle fünf Jahre in Kassel statt.

Auch wenn die Documenta Nr. 5 als die bislang bedeutendste Documenta gilt, sagte mir mein ebenfalls ausgeprägtes Humorverständnis, dass diese subtile Beschreibung meines Büros nicht nur als Kompliment gemeint war. Ich beschloss daher, die Installation aus Altpapier abzubauen. Andere Leute sagen dazu profaner aufräumen.

Der Aufräumvorgang, also das Entsorgen sehr vieler alter Zeitungen, geriet, jahreszeitlich passend, zu einem kleinen Rückblick 2011. Ich möchte Sie jetzt nicht mit den 235 Volten, die die Eurokrise genommen hat, mit Fukushima oder dem Abschied von Thomas Gottschalk langweilen, war aber doch froh, dass mir dabei noch mal meine Lieblingsmeldung 2011 in die Hände fiel. Sie handelt von Tom Boddingham, dem Briten mit den unterschiedlich großen Füßen. Er hatte bei dem Spezialversand „Monsterslippers“ für seinen linken Fuß einen Pantoffel der Größe 14,5 bestellt, das entspricht der europäischen Schuhgröße 49,5. Leider verrutschte beim Hersteller in Hongkong das Komma und Boddingham fand im Oktober einen Hausschuh in Größe 1450 in der Post. Maße: 2,10 Meter lang, 1,30 Meter breit und 65 Zentimeter hoch. Soviel Schuh gab es zum schlanken Preis von 15,50 Pfund. Außerdem entschuldigte sich der Hersteller und lieferte kostenlos einen Schlappen in der richtigen Größe.

Was entnehmen wir dieser Meldung aus ökonomischer Sicht? Preislich werden wir die Chinesen wohl auch 2012 schwer unterbieten können. Auch die Service- und Dienstleistungsmentalität scheint inzwischen sehr stark ausgeprägt zu sein. Andererseits muss man vor der chinesischen Konkurrenz vielleicht doch nicht allzu großen Respekt haben. Auch in Deutschland kann sich mit Sicherheit mal ein Komma verschieben, aber einfach stumpfsinnig einen Hausschuh bauen in der Größe eines Ehebetts? Wäre in vielen deutschen Unternehmen an der bewährten „Wo kommen wir denn da hin? Das haben wir doch noch nie so gemacht!“-Mentalität oder spätestens am Betriebsrat gescheitert. Insofern besteht auch am Ende des Krisenjahres 2011 auch für das kommende Jahr Hoffnung für die Exportnation Deutschland.

Insbesondere dann, wenn Sie aufmerksam folgenden Beitrag auf Youtube anschauen: „Der typische Tatort in 123 Sekunden“. Danach müssen Sie nie mehr einen Tatort gucken und sparen jeden Sonntag 90 Minuten ein. Das sind bei 40 Tatorten im Jahr 60 Stunden im Jahr oder knapp acht Arbeitstage, die Sie 2012 in der Krise der EU, dem Euro oder Angela Merkel zur Verfügung stellen könnten. Dann können sich die Chinesen schon mal warm anziehen.

P.S. Auch im laufenden Jahr sollen Sie aber nicht leer ausgehen. Als Bonus, Geld geht 2011 leider nicht, gibt es den besten Witz aus der Geburtstagberichterstattung über Michael Naumann, der ausgerechnet vom Altkanzler Helmut Kohl stammt, und den Theo Sommer diese Woche in der Zeit dokumentiert hat: „Etwa die Geschichte, wie Bundeskanzler Kohl ihn am Rowohlt-Stand auf der Frankfurter Buchmesse fragte, wer das denn alles lesen solle. Naumanns Antwort: "Herr Bundeskanzler, wenn Sie eine Bäckerei betreten und sehen Hunderte von Brötchen, fragen Sie doch auch nicht: Wer soll das alles essen?" Worauf Kohl recht freundlich antwortete: »Das ist für mich kein Problem.“

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