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Soli-Sauerei - Der Anfang vom Ende der Großen Koalition

Die CDU verärgert mit dem Soli die SPD, Horst Seehofer irrlichtert in Bayern und Gregor Gysi schafft Platz für rot-rot-grüne Träume: Nach nur 15 Monaten hat die zweite Große Koalition unter Angela Merkel ausgespielt

Autoreninfo

Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Wie kommentierte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs den Vorgang vergangene Woche? „Kann schon mal passieren“. So, als habe Angela Merkel ihrem Vizekanzler Sigmar Gabriel im Kabinett aus Versehen ein bisschen Kaffee übers Jackett geschüttet.

Kann schon mal passieren?

Der unabgesprochene Vorstoß der Unionsspitze, den Solidaritätszuschlag abzuschmelzen, war ein grobes Foul innerhalb der Koalition, ein Rempler im Strafraum, eine große Sauerei. Felsenfest hatten die Granden der Konservativen bis dato versichert, dass es mit dem Soli auf alle Fälle weitergehe. Dann die Volte ohne jede Vorwarnung. Und die Sozialdemokraten hühnerten tagelang über den politischen Hof und gackerten wirres Zeug zum Soli. Der allgemeine oberflächliche Eindruck, der sich einstellte: Die Merkel will den Soli abschaffen, die SPD ist dagegen. Eine verheerende Rollenverteilung für eine Partei, die wie festgenagelt im 25-Prozent-Keller der Umfragen verharrt.

Die Groko: Regierung und Opposition in einem
 

Nach nur 15 Monaten ist diese Große Koalition am Ende ihrer gemeinsamen Kräfte. Der Koalitionsvertrag ist in den wesentlichen Punkten abgearbeitet. Nun, nach Rente mit 63 und Mindestlohn, verlegt sich die CDU darauf, noch mehr sozialdemokratische Politik unter einer CDU-Kanzlerin zu vermeiden. Die SPD rätselt über ihr Imageproblem, obgleich sie doch geliefert hat, was sie im Wahlkampf versprach.

Und ansonsten macht jetzt jeder seins. Die CSU knüppelt ihre Maut durch, die in Wahrheit weder die CDU noch die SPD will. Die SPD stellt ein Zuwanderungsgesetz zur Diskussion, das die Union nicht will. Die Union will den Soli abschmelzen, wogegen die SPD etwas hat. Und über allem flackert das Irrlicht Horst Seehofer, der die Stromtrassen jener Energiewende nicht möchte, die er selbst mit beschlossen hat. Diese Koalition ist beides in einem: Regierung und Opposition auf einmal. 

Kann alles schon mal passieren?

Es ist den außenpolitischen Krisen geschuldet, die alles überlagern, dass diesem maroden inneren Zustand der Koalition so wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die einzige Frage, die innenpolitisch zu interessieren scheint, ist die dynastische der CDU. Wer folgt wann auf Merkel? Zwei aktuelle Bücher künden von den Ambitionen der Aspirantin Ursula von der Leyen. Im Tagesspiegel wird Merkel als nächste Bundespräsidentin 2017 gehandelt.

Weg frei für Rot-Rot-Grün
 

Dabei ist vergangene Woche neben der Soli-Sauerei noch etwas geschehen von tektonischer Bedeutung. Sahra Wagenknecht hat den Machtkampf in der Linksfraktion gegen Gregor Gysi verloren. Der hat die Abstimmung (und Zustimmung der Linksfraktion) zur weiteren Griechenlandhilfe im Bundestag zu einer Art Generalprobe der Regierungsfähigkeit der Linken gemacht. Und die Verkörperung der lupenreinen Totalopposition Wagenknecht hat das Signal sofort verstanden und ihren Anspruch aufgegeben, neben Gregor Gysi gleichberechtigte Fraktionschefin zu werden.

Es wird interessant sein zu beobachten, ob es Gysi weiterhin gelingt, die Linke auf diesen Kurs zu trimmen. Klar ist, dass ein Sigmar Gabriel mit einer Ramelow-Gysi-Bartsch-Partei sofort einen gemeinsamen Nenner für ein Regierungsbündnis finden würde. Und bei Lichte betrachtet ist Rot-Rot-Grün ohnehin die einzige echte Option eines Kanzlerkandidaten Sigmar Gabriel.

Eine Ampel ist illusorisch, weil erstens die FDP noch nicht wieder drin ist im Bundestag, und zweitens die Grünen dann eher Schwarz-Grün machten als einen Dreier mit den verhassten Liberalen.

Die Soli-Sauerei, Gysis gewonnener Machtkampf und die mürbe innere Verfassung dieser Koalition: Vielleicht wird die Kalenderwoche zehn des Jahres 2015 in der Rückschau einmal den Anfang vom Ende dieser Großen Koalition und der Kanzlerschaft Merkels markieren. 

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