- Frauenquote? Wer will, der kann
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Ursula von der Leyen und Kristina Schröder haben am Montag die Dax-Unternehmen mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung zur Frauenquote entlassen. Wie damals vor zehn Jahren. Was wird sich dieses Mal ändern?
Jetzt plötzlich wollen sie sich bewegen, die Dax-Unternehmen. Und es wird höchste Zeit. Nachdem die 30 höchstdotierten Firmen vor zehn Jahren bereits unter Gerhard Schröder eine Vereinbarung getroffen hatten, hat sich kaum etwas bewegt. „Viel Schulterklopfen“ habe es damals gegeben, sagt Familienministerin Kristina Schröder heute, das war es dann aber auch. Die Arbeitsministerin zur Linken pflichtet ihr bei: 2,5 Prozent Frauen wurden 2001 in den Vorständen gezählt, heute seien es mit 3,7 Prozent nur unwesentlich mehr – „in diesem Schneckentempo können wir nicht weitermachen“, stellt Ursula von der Leyen in strengem Tonfall fest, das sei „keine Visitenkarte für einen herausragenden Industriestandort wie Deutschland“. Damit hat es sich aber wieder einmal mit den Gemeinsamkeiten der beiden Ministerinnen. Ihnen zur Seite steht an diesem Montag noch Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und ein nicht vorhandener Philipp Rösler, der in einer Präsidiumssitzung festhängt, wie der ihn vertretende Staatssekretär Bernhard Heitzer vernehmen lässt.
Die Politiker verkünden gemeinsam mit den Personalvorständen einiger Dax-Unternehmen die neue Präambel nach der die 30 Dax-Unternehmen sich künftig richten wollen, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Sie wollen von nun an einmal im Jahr Rechenschaft ablegen über die Anzahl der Männer und Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten. Und sie wollen erklären, welche Geschlechteranteile bei der nächsten Gremienbesetzung angestrebt werden. Es geht tatsächlich um Absichtserklärungen. Viel einfacher kann man es den Unternehmen heute eigentlich kaum noch machen, sich aus der Verantwortung zu ziehen.
Und auch wenn die abgeordneten Personaler wie Harald Krüger von BMW treuherzig versichern, dass „alle Kolleginnen und Kollegen davon überzeugt“ seien, den Unternehmen würden Frauen in Führungspositionen „gut tun“, muss man skeptisch bleiben. Ändern wird sich vermutlich nur dann etwas, wenn der Druck aufrechterhalten bleibt, der nun durch die öffentliche Diskussion des Themas entstanden ist. Eine andere Handhabe wird es kaum geben, um die selbstverordneten Frauenquoten der Unternehmen einzuhalten.
In den vergangenen Monaten hat sich etwas getan, was die Unternehmen als „einzigartig in Europa“ benennen und was Kristina Schröder als Revolution feiert. Für Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist es auch noch „mehr als wir erwartet haben“, sie wünscht sich mit dieser selbstständigen Verpflichtung der Unternehmen so viel Erfolg, dass kein Gesetz nötig sei. Ursula von der Leyen zieht den Hut vor den Bemühungen. Immerhin räume die veröffentlichte Liste der Unternehmen endlich einmal mit dem Märchen auf, es gäbe in den Unternehmen nicht genügend Frauen, die überhaupt in die Nähe der Spitzenpositionen kommen könnten. „Die Frauen sind in den Unternehmen“, das belegten die Zahlen der Dax-Unternehmen.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum die Ministerinnen in der falschen Kirche predigen.
Aber hier setzt die Arbeitsministerin bereits mit ihrer Kritik an. Und die ist heftig. Während sich Kristina Schröder noch mit ihrer gewonnenen Wette brüstet, dass alle Unternehmen sich auf eine anvisierte Frauenquote „im zweistelligen Bereich“ geeinigt hätten, zählt von der Leyen die Mängel der Vereinbarung auf: „Wir predigen hier in der falschen Kirche.“ An der Präambel für die 30 Dax-Unternehmen hätten lediglich die Personalvorstände gearbeitet. Das sei harte Knochenarbeit vor allem „nach innen“ gewesen, die Vorstände der Dax-Unternehmen dagegen „hüllen sich leider in Schweigen“. Ob Kristina Schröder hier auch ein Problem sähe? Von der Frauenministerin kommt eine unverbindliche Antwort. Lieber erklärt sie, dass sie mit ihrem philosophischen Konzept der Flexiquote auf dem richtigen Weg sei. „Meine Kombination aus Verpflichtung, Freiheit und Verantwortung funktioniert.“
In Medienberichten vom Wochenende war von einer Strafe von bis zu 25.000 Euro die Rede, die Unternehmen zahlen müssen, wenn sie ihre eigenen Vorgaben verfehlen. Eine andere Möglichkeit wäre, die Besetzung der Gremien als unwirksam zu erklären und die Wahl anzufechten, wurde aus einem unveröffentlichten Arbeitspapier der Ministerin zitiert. Kristina Schröder aber hält sich bedeckt ob der Spekulationen um mögliche Sanktionen für säumige Unternehmen. Das Gesetz sei noch in der Konzeptionsphase, in der Koalition gäbe es noch Diskussionen und keine fertigen Entwürfe.
Und diese Debatte wird mit dem heutigen Tage nicht beendet sein. Ursula von der Leyen wird ihrer Kabinettskollegin in den kommenden Monaten weiterhin mit einer festen Quote in den Ohren liegen, denn die Unternehmen haben sich mit ihrer Vereinbarung einige Hintertürchen offen gelassen. Hier würden „Äpfel, Birnen und Mandarinen“ miteinander verglichen, kritisiert von der Leyen. Welche Positionen zum Beispiel von den Unternehmen als Führungsposition eingestuft würden, das könne jeder Betrieb eigenständig einordnen. Außerdem ginge es auch in der jetzigen Diskussion lediglich um eben diese Führungsplätze. Das seien aber noch lange nicht die Positionen von Vorständen und Aufsichtsräten, die sich jenseits der gläsernen Decke befänden, kreidet von der Leyen an. Hier aber sind die Ungerechtigkeiten besonders gravierend.
Bezeichnend ist es in dieser Debatte, dass sie ganz ohne die Opposition auskommt. Zwar monierte die SPD-Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig , Ministerin Schröder lasse sich von den Unternehmen vorführen, denn „wenn Unternehmen wie VW oder BASF ankündigen, den Frauenanteil in ihren Führungsetagen bis 2020 gerade mal auf 11 beziehungsweise 15 Prozent erhöhen zu wollen“, sei das „ein schlechter Witz.“ Die Kritik an der Frauenquote à la Schröder kommt aus den eigenen Reihen. Und das wiegt schwerer als jeder Unkenruf der Opposition.
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