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Flüchtlingssoli - Endlich mal ein guter Vorschlag von Horst Seehofer

Horst Seehofer wurde für seinen Vorschlag eines „Flüchtlingssolis“ von SPD, Linken und Grünen heftig kritisiert – sogar in die rechte Ecke gestellt. Zu Unrecht: Die Idee ist ehrlich und sachorientiert

Autoreninfo

Petra Sorge ist freie Journalistin in Berlin. Von 2011 bis 2016 war sie Redakteurin bei Cicero. Sie studierte Politikwissenschaft und Journalistik in Leipzig und Toulouse.

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Eigentlich hat Horst Seehofer nur das ausgesprochen, was logischer Menschenverstand ist. Eine Million Flüchtlinge aufzunehmen, sie zu versorgen und zu integrieren, das kostet Geld. „Wenn die Zuwanderung im bisherigen Ausmaß anhält, liegt es auf der Hand, dass eine Reduzierung der Einnahmen kaum möglich sein wird“, sagte der CSU-Chef.

Folglich stellte er das geplante Aus des Solidaritätszuschlages wieder in Frage. Noch im Frühjahr hatten sich CDU und CSU darauf verständigt, den Soli von 2019 bis 2029 schrittweise abzuschaffen.

Die Idee, die Integration mit dem Soli zu finanzieren, hat Seehofer übrigens von ganz links kopiert: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte vor genau einem Monat in der FAZ einen solchen „Flüchtlingssoli“ gefordert.

Der Flüchtlingssoli ist eine Idee der Linkspartei


Daran kann sich aber in der Linkspartei offenbar niemand mehr erinnern. Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Dietmar Bartsch, nannte den Vorschlag Seehofers am Montag im Deutschlandfunk nun eine „absurde und populistische Diskussion“. Erstaunlich, wie schnell das politische Kurzzeitgedächtnis versagen kann, wenn es um rhetorische Punktgewinne dient.

Noch garstiger waren die Reaktionen von Grünen und SPD. Grünen-Chefin Simone Peter kritisierte den Vorstoß als „vergiftet“. SPD-Generalsekretärin Katarina Barley warf Seehofer vor, Ressentiments gegen Zuwanderer zu schüren. Diese Vorwürfe aber sind unlauter und zeigen nur, dass auch die linken Parteien versucht sind, aus der Flüchtlingsdebatte politisches Kapital zu schlagen.

Seehofer hatte seinen Vorschlag zwar erneut mit dem Hinweis auf eine „Obergrenze“ für Flüchtlinge verknüpft – das wahrscheinlich ist es auch, was seinen Gegnern nun sauer aufstößt – aber Tatsache bleibt: Ohne zusätzliche Mittel ist der Flüchtlingszuzug nicht zu bewältigen. Und wahr ist auch: Wer jetzt in Sprach- und Bildungskurse investiert, könnte später die Rendite einfahren. Diese Rechnung geht für Ökonom Jürgen Kluge im Cicero (Dezember-Ausgabe) nur dann auf, wenn man 1000 Euro pro Flüchtling in die Hand nimmt.

Integrationskosten von 20 Milliarden Euro


Deutlich mehr setzt das konservative ifo-Institut an: 21 Milliarden. Das schließt Unterbringung, Versorgung, Kitas, Schulen, Deutschkurse, Ausbildung und Verwaltung ein. Wolfgang Schäuble rechnet mit 20 Milliarden.

Diese Zahl entspricht exakt den Einsparungen, die sich die Union mit der Abschaffung des Soli erhofft hatte. Der Soli wäre also der ideale Topf, um die Integrationskosten zu decken.

Umso mehr, als der Finanzminister eisern an seiner „Schwarzen Null“ festhält. Neue Schulden wird es mit ihm in der Großen Koalition nicht geben, aber auch keine neuen Steuern. In diesem Jahr ging die Rechnung zwar noch auf, nicht zuletzt, weil sich Schäuble über ein enormes Steuerplus von mehr als vier Prozent freuen konnte – und die Bundesregierung die zusätzlichen fünf Milliarden für die Flüchtlingsunterbringung im September somit aus der Portokasse finanzieren konnte.

Seehofer zum Teufel erkoren


Wie sich die Wirtschaft und die Flüchtlingszahlen in den nächsten Jahren entwickeln, ist indes ungewiss.

Der „Solidaritätszuschlag“ ist eine Abgabe, mit dem der Aufbau Ost finanziert wurde. Alle – Ost- und Westddeutsche – zahlen ihn, so wie ihn auch Flüchtlinge zahlen werden müssen, die einer steuerpflichtigen Arbeit nachgehen. Angela Merkel erinnerte während ihrer Rede zur Flüchtlingspolitik auf dem CDU-Parteitag in Karlsruhe selbst daran, dass die Deutschen all das geschafft hätten, die Einheit, die „blühenden Landschaften“. Sie schafften es, weil sie sich solidarisch zeigten.

Warum sollte das nicht auch bei der Integrationspolitik funktionieren? Und warum wollen das Grüne, SPD und Linkspartei nicht verstehen?

Wahrscheinlich, weil nicht sein kann, was nicht sein darf: Dass ein Politiker, den sie zum Teufel erkoren haben, einmal etwas Kluges sagt.

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